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Anlageberater geraten immer häufiger auf die Anklagebank
Berlin - Bei der Heidelberger Anwaltskanzlei laufen die Telefondrähte heiß. Seit das Landgericht Mannheim am vergangenen Dienstag die Deutsche Bank verdonnerte, einer Mandantin der Kanzlei wegen fehlerhafter Anlageberatung 150 000 Euro Schadensersatz zu zahlen, wollen jeden Tag neue Bankkunden wissen: Wie bekomme auch ich mein verlorenes Geld zurück? „So etwas haben wir noch nicht erlebt“, sagt Rechtsanwalt Hans Witt. Auf die Deutschen Bank und andere Kreditinstitute rolle womöglich eine Klagewelle zu.
Das Landgericht Mannheim hatte einer älteren Bankkundin Recht gegeben, die ihr Vermögen sowie den Erlös einer Lebensversicherung auf Drängen der Deutschen Bank aus einer mit acht Prozent verzinslichen Bundesanleihe abgezogen hatte. Obwohl die Kundin ausdrücklich Wert auf ein möglichst geringes Risiko gelegt hatte, weil sie ihren Lebensunterhalt aus regelmäßigen Ausschüttungen bestreiten musste, schwatzte ihr der Anlageberater Aktienfonds und Indexzertifikate der Deutschen Bank auf. Die Papiere waren am Ende nahezu wertlos.
Dass ihr auf dem Höhepunkt des Börsenbooms in Aktien und Fonds investiertes Kapital dahinschmolz, erlebten in den vergangenen drei Jahren Tausende Bundesbürger. Und dass sich viele vom Berater ihrer Hausbank verraten und verkauft fühlen, registrieren Verbraucherschützer schon seit langem. Allein die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) meldet pro Jahr rund 12 000 Fälle von fehlerhafter Anlageberatung. Und dies passiere, so DSW-Anwalt Marc Tüngler, bei allen Kreditinstituten - ob öffentlich-rechtlich oder privat.
Doch eine „Zauberformel“ für den Sieg vor Gericht gebe es nicht, betont Witt. Der Erfolg einer Klage hänge zunächst davon ab, welchem Anleger welche Art der Anlage empfohlen wurde. Habe ein Berater etwa einem Kunden, der eine sichere Altersvorsorge anstrebe, Risiko-Papiere von Neuen Markt verkauft, stünden die Chancen nicht schlecht. Anders sehe es aber aus, wenn der Kunde selbst ein Papier kaufen wollte. „Die Bank ist nicht verpflichtet, jemandem eine riskante Anlage auszureden“, erläutert Tüngler.
In der Praxis liegt der Knackpunkt jedoch meist woanders. „Der Geschädigte muss die Fehlberatung nachweisen“, betont Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). Und da wird es schwierig, weil es in der Regel keine Zeugen gibt. „Im Fall der alten Dame hatten wir auch Glück, weil sich der Bankberater vor Gericht in Widersprüche verwickelt hat“, resümiert Anwalt Witt.
Aktionärsschützer raten von Prozessen eher ab und empfehlen zunächst ein Gespräch mit der Bank. Sollte dies nichts fruchten, verspricht der Gang zum Ombudsmann den meisten Erfolg. Beim Bundesverband deutscher Banken (BdB) oder beim Sparkassen- und Giroverband können solche unabhängigen Schiedsleute angerufen werden. Ihre Entscheidung ist bis zu einem Streitwert von 5000 Euro für die Geldhäuser verbindlich; dem Kunden bleibt jedoch der Gang vor das Gericht offen.
Das Ombudsmann-Verfahren hat zwei Vorteile: Erstens ist es kostenlos, während ein verlorener Prozess immense Kosten bedeuten kann, für die meist keine Rechtschutzversicherung aufkommt. Zweitens ruht während eines solchen Verfahrens auch die Verjährungsfrist. Schadensersatz-Ansprüche verfallen drei Jahre nach dem Kauf der Papiere - „und oft versuchen die Banken, ihre Kunden so lange zu vertrösten, bis die Frist verstrichen ist“, weiß Tüngler. Und die Statistik der Ombudsman-Verfahren bei den privaten Banken macht enttäuschten Kunden wenigstens ein bisschen Hoffnung: Von insgesamt 1300 abgeschlossenen Beschwerdefällen im vergangenen Jahr wurden 830 angenommen und immerhin 498 Verfahren gingen zu Gunsten der Kunden aus. AFP
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