-->Labiles Gleichgewicht
Das Risiko von Finanzkrisen scheint geringer geworden / Hankel sieht schwarz
Von Hermannus Pfeiffer
Die globalen Finanzmärkte sind"stabiler als gedacht". Das behauptet jedenfalls das Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Die Bundesbank bleibt dagegen skeptisch, und Euro-Kritiker Wilhelm Hankel vergleicht die aktuelle Situation gar mit der Großen Depression.
Trotz Börsen-Crash und Bilanzskandalen in den USA, trotz des argentinischen Finanzdebakels und der weltweiten Konjunkturflaute"blieb die ganz große Krise aus", freut sich Jürgen Matthes vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Dabei hätte"ein großer Flächenbrand nicht mal überrascht". Aber offenbar zogen die Akteure aus den Erfahrungen der Vergangenheit Konsequenzen. So seien die Banken heute als direkte Kreditgeber in den Hintergrund gerückt, weil immer mehr Darlehen in Form von Wertpapieren über den Kapitalmarkt laufen und dadurch auf mehrere Gläubiger verteilt werden. Ausgefeilte Finanzprodukte, so genannte Derivate, erlaubten es, Risiken zu streuen. Kreditinstitute und Versicherungen hätten ihre internen Kontrollen ausgebaut. Zudem seien die Wechselkursarrangements der Schwellenländer anpassungsfähiger.
Für das IW steht fest, dass die Märkte heute transparenter, die weltweiten Risiken beherrschbarer und das Finanzsystem dadurch stabiler geworden sind. Selbst ein Irak-Krieg würde deshalb keine größeren Verwerfungen auslösen. Konsequenterweise hält Matthes zusätzliche staatliche Reglementierungen für unnötig."Lassen wir den Markt weiterhin seinen Weg gehen", fordert der IW-Mann.
Vorsichtiger klingt Jürgen Stark, Vizepräsident der Deutschen Bundesbank. Zwar sei die Stabilität heute"höher" als während der Asienkrise, aber ob die"globalen Leitplanken" bei einem externen Schock, wie einem Krieg in Nahost, halten werden, weiß auch in der Frankfurter Währungszentrale niemand mit Gewissheit zu sagen. Immerhin hätten die Banken dazugelernt und die Risiken auf mehrere Schultern verteilt. Auch bei der Vorbeugung von Krisen seien erhebliche Fortschritte zu verzeichnen. Beispielsweise erhalte die Bundesbank vom Internationalen Währungsfonds (IWF) inzwischen rechtzeitiger Informationen über Schwellenländer.
"Das schließt nicht aus, dass es zu Krisen kommen kann, aber es verringert die Wahrscheinlichkeit", sagt Stark. Gleichwohl müsse man in der Gesamtbeurteilung vorsichtig bleiben, da nur sehr"lückenhafte Informationen" darüber vorliegen,"was tatsächlich an den Märkten geschieht". Unzufrieden ist die Bundesbank auch mit dem globalen Krisenmanagement. Der"Nachholbedarf" soll möglicherweise durch neue Klauseln für Anleihen - Umschuldungen bedürften dann nicht mehr eines einstimmigen Beschlusses aller Anleihebesitzer - und durch ein Insolvenzrecht für Staaten abgebaut werden."Dazu erwarten wir bis zur Frühjahrstagung im April konkrete Vorschläge des IWF", sagt Stark. Die Bundesbank scheint den weltweit heftig umstrittenen Projekten überraschend aufgeschlossen gegenüber zu stehen.
Wilhelm Hankel vermag dagegen ein Mehr an Stabilität nicht zu erkennen. Im Gegenteil:"Wir befinden uns längst in der Krise", behauptet der Währungsfachmann. Seit drei Jahren litten viele Industriestaaten unter einer Deflation, also sinkenden Preisen, die jetzt die reale Wirtschaft zu beschädigen drohe. Die monetäre Misere übertreffe schon die der Großen Depression in den dreißiger Jahren. Damals war aus der Börsenbaisse ein dramatischer Rückgang der Investitionen und schließlich die Weltwirtschaftskrise erwachsen. Dieser Ablauf könne sich heute wiederholen, ein externer Schock durch einen Krieg die Leitplanken auf der Finanzautobahn zerstören. Viele Beobachter würden die Lage verkennen, meint Hankel, genau wie der Selbstmörder, der vom Hochhaus springt und auf halben Weg nach unten freudig ausruft:"Es ist doch nichts passiert."
Das Hauptproblem sieht Hankel in der"Schwachstelle Euro". In Verbindung mit dem"dummen" Stabilitätspakt verhindere er eine antizyklische Politik und sinkende Zinssätze. Dadurch fliehe das Kapital aus realen Investitionen in Geldmarkttitel. Dies gefährde auf Dauer auch Finanzinstitute. Neben einer Lockerung des Stabilitätspakts fordert Hankel eine stärkere, staatenübergreifende Vorbeugung."Absolut notwendig sind eine Weltzentralbank oder ein Aufsichtsamt für globale Finanzen sowie schärfere Regeln", denn das System könne nicht allein auf die Vernunft der Marktteilnehmer bauen.
>BANKEN/FINANZSYSTEM/STARK
>Stark - Schwaches Wachstum könnte Finanzsystem schwächen=
>Frankfurt, 07. Feb (Reuters) - Das gesamte Finanzsystem könnte nach den Worten von Bundesbank-Vizepräsident Jürgen Stark bei einem Anhalten der weltweiten Wachstumsschwäche geschwächt werden.
>Schwäche macht schwach, soso...
>"Die Reserven der Banken, die Werthaltigkeit der Kredite insgesamt, haben sich bisher als stabil und resistent erwiesen. Aber wenn sich die Stagnation in Deutschland, das schwache Wachstum in Europa und weltweit fortsetzt, besteht die Gefahr, dass auch weiterhin Kredite Not leidend werden. Und dies könnte das Finanzsystem schwächen", sagte Stark in einem Interview mit der"Frankfurter Rundschau" (Freitagausgabe).
>Schwach, schwächer, am schwächsten...
>Angesichts der vielen Schocks in den vergangenen Jahren habe das internationale Finanzsystem höhere Stabilität als zu früheren Zeiten aufgewiesen."Diese Schocks sind insoweit gut vom Finanzsystem verkraftet worden, weil sich das Risikomanagement verbessert hat." Finanzrisiken seien heute durch die Nutzung von Derivaten (sic!) scheinbar (sic!) gleichmäßiger verteilt als etwa Mitte der 90er Jahre. Für ein sicheres Urteil darüber gebe es aber noch nicht genug Daten, wie eine Studie der zehn führenden Notenbanken über Kreditrisikotransfers ergeben habe.
>Siehe vermutlich dazu auch Januar-MB der Buba:"Rolle und Bedeutung von Zinsderivaten". Hatte Tobias bereits reingestellt. Alles"scheinbar" oder meinte er"anscheinend"?
>"Da zeigt sich, dass wirnur sehr lückenhafte Informationen haben, was tatsächlich an den Märkten geschieht."
>Man traut seinen Augen nicht! Wozu ist den eine ZB da? Um sich von der Tatsächlichkeit der Märkte überraschen zu lassen?
>Vor allem die deutschen Banken kämpfen angesichts der schwachen Wirtschaftslage und der großen Zahl von Unternehmensinsolvenzen mit hohen Kreditausfällen. Die Risikovorsorge für Kreditausfälle der Finanzinstitute ist dadurch massiv in die Höhe geschnellt, auch wenn jüngste Zahlen eine leichte Umkehr dieses Trends widerspiegeln. Analysten werten dies als Zeichen, dass die Häuser bei der Bereinigung ihrer Kreditportfolios erste Fortschritte machen.
>"Erste Fortschritte"... naja. Besser als erste Rückschritte.
>iws/mit
>REUTERS
>070924 Feb 03
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