-->>Auf dem Bolzplatz
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>Diplomatie / Gerhard Schröder wird neuerdings mit Wilhelm Zwo verglichen - wegen beider außenpolitischer Tollpatschigkeit.
>Es gibt noch weitere verblüffende Parallelen zwischen Kanzler und Kaiser.
>Bismarck über Wilhelm II.:"Das Gefährliche im Charakter des Kaisers ist, dass er dauernd keinem, momentan jedem Einfluss zugänglich ist und alles sofort zur Tat werden lässt, somit jede Stetigkeit aufhört."
>Historische Vergleiche sind heikel, manche sagen, sie seien stets schief und somit untauglich. Bismarck war ein Titan der Diplomatie, Wilhelm Zwo ein politischer Mischling aus Gefallsucht, Imponiergehabe, außenpolitischer Tollpatschigkeit. In ihren Extremen waren beide Männer von anderem Format als die Bundeskanzler Kohl und Schröder.
Diese Einleitung finde ich schon mal sehr wichtig. Um es noch mal deutlicher zu sagen: sowohl die außen- wie innenpolitischen Strukturen sind mit den heutigen nicht zu vergleichen.
Dennoch: Ersetzt man die Namen Bismarck und Wilhelm durch diejenigen Schröders und seines direkten Vorgängers und betrachtet sodann aller vier Staatsleute Außenpolitik, drängen sich verblüffende Parallelen auf. 1890: Kanzler Bismarck musste von Bord. Der alte Lotse ging, und es kam der neue, junge Steuermann Wilhelm II., dessen außenpolitischer Kompass launenhaft ausschlug, den man einen"ambitionierten Amateur" nennen könnte, so wie die"Süddeutsche Zeitung" über den Kanzler Schröder urteilt.
Meiner Meinung nach ist ein Bestreben von Schröder seit Amtsantritt beständig, und zwar das Außbauen des Einflusses in internationalen Gremien. Einem Einfluß welcher der Größe Deutschlandes (Bevölkerung, wirtschaftlich) entspricht.
>Nachdem Wilhelm II. Bismarck los geworden war, fielen ihm prompt die sprichwörtlichen"fünf Kugeln", mit denen der alte Meister außenpolitisch zu jonglieren verstanden hatte, zu Boden. Da war Ungeschick, An maßung gegenüber anderen Mächten, aber auch politischer Mutwille im Spiel, etwa die Nicht-Verlängerung des Bismarck`schen Rückversicherungsvertrages mit Russland. Dem tadelnden Befund des Historikers Michael Stürmer, Schröders Politik beschädige leichtfertig und zynisch ein halbes Jahrhundert verantwortungsvoller deutscher Außenpolitik ab 1949, ließe sich hinzufügen: Bismarcks Gleichgewichtspolitik nach außen folgten Jahrzehnte des Wilhelminismus, der Überschätzung.
Durch das vorantreiben der EU büßt Deutschland und die BundesregÃerung einiges an Souveränität ein. Als bevölkerungstärkstes und im Vergleich zu den Meisten reicheren Land ist es keine Überschätzung, wenn Deutschland einen hervorgehobenen Einfluß in der Richtungsführung der EU beansprucht.
>Schaut man auf Schröders Bolzplatz-Außenpolitik, auf seinen Hang zu politischer Windbeutelei und auf seine Unzuverlässigkeit als Staatenlenker, fällt die Erinnerung an Kohls Eichenschrank-Stetigkeit umso leichter. Der Pfälzer Koloss war außen politisch klug, maßvoll, zupackend auch, als es 1989/90 den Zipfel vom Mantel der Geschichte zu packen galt. Der Kanzler Kohl, mittlerweile Ehrenbürger Europas, pflegte und hegte das Verhältnis Deutschlands zu seinen großen und kleinen Nachbarn, ohne sich gegen Amerika in Stellung zu bringen.
Meinst du das jetzt ernst? Kohls geschickte Außenpolitik bestand darin, Alle, die es verlangten, finanziell zu"unterstützen" und kaum Mitsprache an Weltpolitischen Problembehandlungen zu fordern. Wie die heutige CDU folgte er ohne zu hinterfragen allem, was die USA ihm vorsetzte oder von ihm verlangte.
>Schröders Vorgänger blieb für alle Verbündeten die Fleisch gewordene Entwarnung, die ruhige Kraft in der Mitte Europas, die verlässliche Stimme der Mittelmacht Deutschland.
Fleisch gewordene Entwarnung finde ich gut. Sie wußten, daß man mit ihm alles machen konnte, ohne das man größeren Widerstand zu befürchten hatte.
>Schröder mangelt es wie Wilhelm Zwo an Augenmaß und Stetigkeit in der Außenpolitik. Mit wem hat er sich nicht schon zu paaren versucht seit 1998? Erst balzte er um Blair, dann um Putin, nun um Chirac und Putin, wobei das Interesse der Beflirteten mit jeder Irritation über den dilettantischen Werber nachlassen wird.
Sie waren natürlich erst einmal irritiert, daß da einer aus Deutschland auch mal Forderungen stellt. Und die nicht einseitige Ausrichtung auf USA, sondern der Kontakt zu Putin und China wird sich noch auszahlen(€€€).
>Schröders alt-wilhelminische und neu-berlinische Deutschland-Zuerst-Attitüde entspricht der so klotzigen wie modernistisch-kitschigen Gestalt des Berliner Kanzleramts, für dessen Architektur Schröder nichts kann, die aber zu dem Politikertypus passt, der jetzt dort regiert. Es fehlt nicht viel, und man wird im Ausland wieder über die"incertitude allemande", die deutsche Unbeständigkeit, begründet klagen. So wie Wilhelms kraftmeierisch-unsichere Rhetorik den nervösen Stil der Außenpolitik des Deutschen Reiches verriet, so ist der diplomatische Dorfplatz-Bolzer Schröder (man denke nur an seine Weltpolitik aus Goslar) Symbol mäßiger außenpolitischer Begabung.
>REINHOLD MICHELS/RP >
Ich möchte noch mal sagen, daß ich von Schröders Rhetorik auch nicht gerade begeistert bin. Aber eine sich eine eigene Meinung bilden zu wollen und die auch gegen eine scheinbare anderdenkende Mehrheit zu vertreten, kann ich nur begrüßen. Und dies ist ja deutlich von der CDU nicht zu erwarten.
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