-->>dottore:"Finden Waren keinen Absatz oder Arbeiter keine Arbeit, dann kann dies nur bedeuten, dass die geforderten Preise und Löhne zu hoch sind." (Ludwig von Mises)
><font color=red>Leider enthält diese Behauptung einen doppelten Denkfehler: Natürlich beschäftigen Kapitalisten nur Lohnarbeiter, wenn sie an deren Arbeit verdienen, wenn sie Gewinne machen. Lohn und Gewinn stehen da in einem konträren Verhältnis: Niedrigere Löhne bedeuten höhere Gewinne. Niedrigere Gewinne sollen niedrigere Löhne zur Folge haben.
>Allerdings gibt es zwei Methoden die Lohnkosten zu senken. Die Lohnkosten können um 20% gesenkt werden, wenn ein Unternehmen 20% der Lohnarbeiter kündigt. Und die Lohnkosten können um 20% gesenkt werden, wenn die beschäftigten Lohnarbeiter im Durchschnitt 20% weniger Lohn bekommen. Die Lohnarbeiter arbeiten aber um Lohn. Lohnsenkungen sind für sie keine „Kostensenkung“ wie für den Kapitalisten, sondern eine Konsumbeschränkung, eine Existenzbeschränkung.
>Bisher wurde in Deutschland vor allem die erste Methode der Lohnsenkung verfolgt. Inzwischen haben wir über 4 Millionen Arbeitslose und es werden noch in diesem Jahr über 5 Millionen sein. Aber die Löhne der Beschäftigten waren noch erträglich. Jetzt soll auch an dieser Seite der Schraube gedreht werden: Senkung der Löhne plus Massenarbeitslosigkeit. Die Herrschenden testen so unsere Schmerzgrenzen aus. Ich wünsche viel Spaß, wenn die Schmerzgrenze erreicht ist!
Aber, lieber Wal, das ist doch kein Denkfehler, sondern die Realität.
>Zweiter Denkfehler: Im eigenen Unternehmen möchte jeder Kapitalist möglichst niedrige Löhne zahlen. Sobald er seine Ware auf den Markt bringt, hofft er aber, dass alle anderen Lohnarbeiter möglichst hohe Löhne haben und ihm so seine Ware abnehmen können. Das Kapital als Ganzes kann aber nicht in beidem erfolgreich sein. </font>
Doch das kann es: Die Käufer auf dem Markt müssen sich nur tüchtig genug verschulden. Auch mit Kredit kann"bequem" gekauft werden. Du vertrittst immer noch das Say'sche Theorem (Auszahlungen der Kapitalisten = Einzahlungen an diese). Das ist leider genau so überholt wie Marx.
>dottore: Werden keine Löhne mehr geboten, wird niemand bei einem Kapitalisten arbeiten. Jeder muss dann schauen, wie er mit seiner Arbeitskraft als Arbeiter für sich selbst über die Runden kommt. Dann hat sich der Kapitalismus von selbst erledigt. In dieser Richtung marschieren wir ohnehin schon tüchtig und ich freue mich auf den Tag, da wir Marx endgültig ad acta legen können, weil es keine Kapitalisten mehr gibt, weil es niemand mehr gibt, der es sich leisten kann, sein Kapital aufs Spiel zu setzen, indem er Arbeiter beschäftigt (ausbeutet), deren Löhne ihn in den Ruin (= Verlust seines Kapitals plus Überschuldung) zwingen.
><font color=red>An mir solls nicht liegen. Ich lege den Marx dann gerne ad acta. Im übrigen: Arbeiter (Produzenten) sind in jeder Produktionsweise nötig. Kapitaleigner nicht. Wo in unseren großen Unternehmen spielen denn Kapitaleigner noch eine Rolle. Manager sind auch nur Lohnarbeiter. Die Manager können und müssen bleiben. Nur, dass sie dann nicht mehr den Kapitaleignern (Aktionären) verantwortlich sind, sondern ihrer Belegschaft.</font>
Nun kommen mir doch die Tränen! Manager, die ihrer Belegschaft verantwortlich sind? Die haben nur eins im Sinn: Kasse machen und wech! Falls Du enen Kapitalisten mit großem Verantwortungsbewusstein suchen solltest: Nimm August Thyssen. Der hat seine Leute durch dick und dünn gehalten.
>dottore: Dann wirst auch Du von Deinen interessanten Marx-Studien ablassen und Dich dem Studium von Büchern zum Thema"Selbstversorgung" widmen. Da jeder für sich arbeiten zu mühsam und ineffektiv ist, tippe ich auf ein Revival von genossenschaftlichen Gemeinschaften (Kibuzzim) und auf Klöster. Klöster und ihre Geschichte kenne ich sehr gut und kann versichern, dass darin noch nie jemand verhungert ist. Jeder Novize (siehe Benedikts-Regeln) liefert beim Eintritt sein Kapital ab (Eigentum) und die Selbstversorgung wird immer besser.
><font color=red>Ich finde auch, dass wir stärker über Alternativen nachdenken sollten. Selbstversorgung (Subsistenzwirtschaft) halte ich aber in unserer industrialisierten Welt mit hoher gesellschaftlicher Arbeitsteilung nicht mehr für machbar.
Wer redet denn von machbar? Es kommt so, ob wir es wollen oder nicht. Der römische Kapitalismus war auch vom Feinsten. Und im 6. Jh. weideten auf dem Forum Romanum die Schafe...
Der Fugger'sche 'Frühkapitalismus' war nicht minder fein. Doch auf dem Marktplatz von Brügge, wo sich die Herren gegenseitig ihre Wechsel vorritten, spross 1580 das Gras...
Der US-Kapitalismus von 1920 ff. war auch nicht fromm. Und 15 Jahre später war ein Viertel der Bevölkerung von den Städten wieder aufs Land gezogen! Dann kam auch noch der Dust in die Bowl...
>Weil jeder von uns nur ein „Teilarbeiter“ ist, haben wir erstens gar nicht mehr die nötigen Qualifikationen für Selbstversorgung,
Die lernen wir wieder ruckizucki, geh' mal in einen Baumarkt, usw.
>und zweitens: Woher kommt der Strom?
Dynamo, falls Du stramme Wadeln hast.
>Woher der Treibstoff?
Holzvergaser. Funktionierten bestens. Fahrrad geht auch.
>Wer sorgt für reines Wasser?
Der Regen, Tonne kaufen. Und wenn er sauer wird, umziehen.
>Wer hält die Eisenbahnen und Verkehrssystem in Schuss?
Was ist da in Schuss? Die DB hat fertig, die Straßen in der BRD schauen aus wie in der Schlussphase der DDR. Die Staus auf den Autobahnen (ab 20 km Länge...) kannst Du zu jeder vollen Stunde im DLF hören.
>Nicht einmal in der Landwirtschaft ist Subsistenzwirtschaft heute noch möglich, bzw. nur in Zwergenmaßstab.
Tja, die neue Bescheidenheit ist angesagt. Geiz ist geil, Bescheidenheit noch viel geiler.
>Damit lassen sich nicht 80 Millionen Menschen ernähren.</font>
Das müssen die 80 Millionen schon selber lösen, das Problem. Oder denkst Du, der Staat würde es lösen?
Herzensgruß, weil Du ein so feiner und ungemein tüchtiger Kerl bist! Hoffentlich werden es auch jene merken, die Dir eines Tages ans Fell wollen. Lege Dir bitte rechtzeitig ein Penner-Outlook zu (nichts gegen diese armen Menschen, by the way).
Nachsatz: Die Kirchen werden immer voller (klassischer Indikator für schlechte Zeiten).
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