-->Wasser predigen Wein saufen ist hier zwar nur im sehr übertragenen Sinne angebracht, aber artgewandt müsste die Überschrif irgendwie lauten:
<font size="5">Vom Schein und Sein des DGB</font>
IG Metall und Verdi tun sich durch markige Sprüche gegen den Sozialabbau und Turbo-Kapitalismus hervor. Die Gewerkschaften selbst gehen mit ihrenBeschäftigten nicht so zimperlich um.
Von THOMAS WELS(Rheinische Post)
DÜSSELDORF. Der Kapitalismus ist zuweilen verlockend, so verlockend, dass sich selbst die Gralshüter der Arbeitnehmerrechte seinen Prinzipien unterwerfen: Freiwillig und jenseits aller Fensterreden verstoßen Gewerkschaften bisweilen bei ihren eigenen Beschäftigten gegen jene Rechte, die dieselben Gewerkschaften sonst einklagen. Die Gewerkschaften seien die"schlechtesten Arbeitgeber überhaupt", sagt Volker Rieble, Arbeitsrechtler an der Uni Mannheim:"Schlechte Bezahlung, die niedrigsten Lohnerhöhungen und ein besonders ruppiger Umgang mit den Mitarbeitern" schreibt Rieble den Gewerkschaften als Arbeitgeber ins Stammbuch. In der Tat: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi denkt daran, seinen Mitarbeitern das 13. Monatsgehalt zu kappen und eine Vier-Tage-Woche einzuführen - selbstverständlich ohne Lohnausgleich.
Vom Schein und Sein der Gewerkschaften - ein Blick auf das Gebaren der Arbeitnehmerorganisationen entlarvt die Funktionäre der"Doppelmoral", wie Stefan Sell, Arbeitsmarktexperte an der Fachhochschule Remagen, kritisiert. Verdi verhalte sich etwa als Besitzer und Kontrolleur der Weiterbildungseinrichtung Deutsche Angestellten-Akademie (DAA)"wie aus dem Lehrbuch zur Profitmaximierung". Die DAA gründe in Ostdeutschland Tochtergesellschaften, in denen die Mitarbeiter deutlich schlechter bezahlt würden als bei der Mutter. Sell:"Man kann nicht einerseits Arbeitnehmerrechte, Tarifverträge und Mitbestimmung fordern, sich selbst aber nicht daran halten."
Einen Tarifvertrag kennt die DAA nicht. Dort hieß es, Verdi dürfe nicht zugleich Gesellschafter und Vertretung der Arbeitnehmer sein."Kein Argument, die Mitarbeiter könnten sich schließlich bei der GEW organisieren", sagt Sell.
"Die Gewerkschaften wollen keine Tarifverträge, vielmehr machen sie intern das, was sie draußen bekämpfen: Betriebsvereinbarungen", so Horst Hochgreve, Sprecher des Verbandes der Gewerkschaftsbeschäftigten (VGB). Hochgreve hat mit Gewerkschaften als Arbeitgeber langjährige Erfahrungen - meist keine guten. Als Interessenvertretung wird der VGB mit seinen 600 Mitgliedern nicht anerkannt: Der DGB"hat einen Alleinvertretungsanspruch - aus ideologischen Gründen".
Zuweilen wird der Verband auch regelrecht bekämpft. Die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands etwa habe ihre Mitarbeiter mit Kündigung bedroht, falls diese sich bei dem Verband engagieren sollten, sagt Arbeitsmarktexperte Rieble."Hätte das ein gewöhnlicher Arbeitgeber getan, wäre die Gewerkschaft mit den Menschenrechten gekommen." 1998 verlor die Gewerkschaft den Prozess vor dem Bundesarbeitsgericht.
Die Fälle von Doppelmoral häufen sich."Besonders krass" sei es, so Rieble, wenn die Gewerkschaften von Unternehmen eine Ausbildungsplatz-Garantie forderten -"selbst aber haben die keinen einzigen Lehrling", dies bei rund 10 000 Beschäftigten. Und von den Lohnforderungen, die die DGB-Gewerkschaften durchfechten, können deren Mitarbeiter nur träumen: Seit 1990 hat sich der Gehaltsabstand zur Privatwirtschaft auf 15 Prozent erhöht, sagt Hochgreve.
Dass Gewerkschaftsfunktionäre entgegen ihren Reden mit dem Großkapital auf Du und Du sind, wurde zuletzt im Fall Mannesmann deutlich. IG-Metall-Boss Zwickel hatte als Aufsichtsratsmitglied die Zahlung einer Prämie an Mannesmann-Chef Esser in Höhe von rund 31 Millionen Mark per Enthaltung hingenommen. Statt sein Veto zu Protokoll zu geben, gab sich der Metaller öffentlich entrüstet -"unanständig hoch" sei die Abfindung. Mitwisser durch Mitbestimmung - der Fall ist gewiss nicht einmalig. Denn in den Gremien der großen Aktiengesellschaften sitzen in der Regel immer Arbeitnehmervertreter. Und wenn Abfindungszahlungen und Prämien Usus sind, wie Wirtschaftsvertreter behaupten, dann ist auch die stillschweigende Zustimmung der Gewerkschafter zu den Millionen-Segen Usus.
Tun und Sagen - das war auch bei der jüngsten Verdi-Demo gegen die Lockerung des Ladenschluss-Gesetzes nicht unbedingt eins: Einige Verdi-Mitglieder nutzten die Reise zur Berliner Kundgebung zum Shopping. Die Geschäfte hatten dank der Internationalen Tourismus-Börse geöffnet.
ja, wirklich zum Kotzen (pardon), diese Scheinheiligkeit
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