-->Der Streit um Saddams Erbe
Das amerikanische Abbruchkommando darf nicht allein über den Wiederaufbau des Irak bestimmen
Von Stefan Ulrich
Im Umgang mit der internationalen Gemeinschaft und dem Völkerrecht folgt die US-Regierung der Trocken-TraubenStrategie. Sie pickt sich ihr genehme Stückchen heraus wie Rosinen aus einem Kuchen und lässt die restliche Masse verächtlich auf dem Teller liegen. Von den Vereinten Nationen möchte Washington Hilfsgüter und Helfer, von der Nato Hilfstruppen und von der Europäischen Union Geld. Doch wirklich mitreden sollen alle diese Organisationen nicht bei der Neuordnung des Irak. Schlimmer noch: Indem die Vereinigten Staaten die Nato mit einer militärischen Nebenrolle locken und gleichzeitig die UN aufs Humanitäre beschränken, versuchen sie, die Bündnisse gegeneinander auszuspielen. Divide et impera.
Die Europäer, die in der Nato ja immer noch ein Wörtchen mitzureden haben, müssen dieser Strategie ein ebenso klares Konzept entgegenstellen: Geld - ja, Aufbauhilfe - ja, selbst Truppen - ja, aber alles nur unter einer Bedingung: Die Vereinten Nationen müssen wieder die Oberhoheit bekommen über den Irak-Prozess. US-Außenminister Colin Powell versuchte dies bei seinem Brüssel-Besuch zu verweigern, indem er auf die großen Opfer der angelsächsischen Kriegskoalition verwies. Wer so viel gebe, der müsse danach auch das Sagen haben, argumentierte Powell. Doch dieser Schluss kann nicht überzeugen. Nur weil die USA auf dem Irrweg eines völkerrechtswidrigen Krieges voranmarschierten, brauchen sie danach nicht auch noch den Weg zum Frieden zu diktieren.
Die Forderung nach einer Führungsrolle der UN bedeutet dabei weder Prinzipienreiterei noch Rechthaberei. Sie entspringt schlichter Notwendigkeit. Ein US-Besatzungsregime oder eine Marionettenregierung in Bagdad, bei der das Pentagon in Washington die Fäden zieht, könnten sehr schnell zum Hassobjekt werden, innerhalb wie außerhalb des Irak. Darauf hat gerade der amerikanische Verbündete und saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal hingewiesen. Er warnte zu Recht davor, das Gespenst des Imperialismus wieder auftauchen zu lassen und in Arabien den Eindruck zu erwecken, Amerika raube dem Irak seinen Wohlstand, anstatt Frieden und Stabilität zu bringen.
Hinzu kommt: Die USA haben sich in den vergangenen Jahren eher beim Abbruch verrotteter Regime als beim Wiederaufbau hervorgetan. Daher darf bezweifelt werden, dass sie über die Fachleute, Mittel, Erfahrungen und vor allem die Geduld verfügen, die ein nation building erfordert. Die UN dagegen haben im vergangenen Jahrzehnt viel für diese Aufgabe gelernt - nicht zuletzt aus eigenen Fehlern. Sie wären zudem der richtige Rahmen, um arabische Staaten bei der Neuordnung des Irak einzubeziehen.
Voraussetzung für ein solches UN-Engagement ist ein klares Mandat des Sicherheitsrats. Er muss den Vereinten Nationen die Aufsicht über Regierungsbildung, Demokratisierung und Aufbau übertragen und einer multinationalen Truppe den Auftrag erteilen, für Sicherheit zu sorgen. Dann - und nur dann - schlägt die Stunde der Nato.
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