-->der aufsatz wird für viele an diesem board nicht zu dem gepflegten anti-usa-mainstream ( zum teil ja durchaus berechtigt) der letzten wochen passen.
gerade deswegen finde ich den beitrag aber ausgesprochen wertvoll, weil, wie auch ich meine, wieder mal wir, eben deutschland die arschkarte gezogen hat, wie man so treffend sagt.
trotzdem - schönes restwochenende.
kneric
Hauptsache, die Gartenzwerge stehen ordentlich. Der Glaube an die Fähigkeit offener Gesellschaften, Probleme zu lösen, ist verloren gegangen.
<font size="5">Deutschland allein zuhaus'</font>
<font size="§">Ein neues, trotziges Selbstbewusstsein soll die Zukunftsangst einer erstarrten Gesellschaft kompensieren</font>
von Dirk Maxeiner und Michael Miersch
Als unser Kanzler in Goslar den totalen Frieden ausrief, brauste der Applaus aus der Harzer Fachwerkidylle über das ganze Land. Die Regierung der Dichter- und Denkernation setzte ein lang ersehntes Zeichen gegen die Hinterwäldler in Washington. Andere Europäer waren nicht ganz so begeistert, schließlich hatte Schröder gerade die Möglichkeit einer gemeinsamen Außenpolitik zertrümmert.
Aber die Deutschen hatten ja eine schwierige Kindheit. Unsere Nachbarn und Freunde in der Welt beobachten die Regression deshalb mit Milde. Sie haben beschlossen, uns nicht allzu ernst zu nehmen. Nicht mal richtig aufregen will sich irgendjemand. Jacques Chirac zog sich den Groll der enttäuschten Briten und Amerikaner zu. Das deutsche Engagement für den Weltfrieden wurde hingegen ziemlich ungerührt zur Kenntnis genommen. Keine ernsthafte Boykottdrohung, nirgends. Die Amis kaufen weiter Mercedes und Porsche, als sei nichts geschehen.
Doch das wird ihnen nichts helfen. Nur noch elf Prozent der Bevölkerung betrachten Amerika als besten Freund (Allensbach). Zwei Drittel assoziieren den Begriff"Amerikaner" mit"hochmütig", jeweils 54 Prozent mit"rücksichtslos" und"gewalttätig". Eigentlich schade, dass Erich Honecker das nicht mehr erleben darf. Sein Ostfernsehen hat die Amis schon immer richtig dargestellt, jetzt zieht der Westen nach. Die Insel der Seligen und das Tal der Ahnungslosen wachsen zusammen. Eine unschlagbare Kombination. In einem Brief an ein irakisches Kind, den er für eine Boulevardzeitung verfasste, schrieb der Liedermacher Konstantin Wecker:"Bald schon kannst Du lernen, was der Westen unter Freiheit versteht. Du kannst schon bald die neuesten Schwarzenegger-Filme sehen, Hamburger kaufen, Videokriegsspiele spielen und CNN und MTV empfangen." Er vertritt damit keine Außenseiterposition. Dass westliche Werte außer mit Hamburgern auch etwas mit individueller Freiheit, Demokratie und"rule of law" zu tun haben könnten, dass sie womöglich verteidigenswert sind und worin der Unterschied zum Totalitarismus besteht - dies klingt zur Zeit weitaus weniger populär als Weckers Weltsicht.
Die Literaten Günter Grass (76) und Martin Walser (76) sind genauso stolz auf Deutschland und seine Regierung wie jugendliche"Pace"-Fahnenschwenker. Sogar in bayrischen Schulen wurden vom Lehrkörper Friedensketten verordnet. Das vorbestellte Regionalfernsehen übertrug die spontanen Demonstrationen dann abends in die Wohnzimmer der ergriffenen Eltern. Vergesst Pisa. Wissenslücken werden durch Gesinnung ersetzt. Auf dem Felde der Moral sind wir Weltspitze. Und endlich darf man das Nationalgefühl auch als linker Bildungsbürger so richtig raushängen lassen. Wer in Schwabing, Bockenheim oder am Prenzlauer Berg in den letzten Wochen die Ohren aufmachte, hörte immer wieder den gleichen Satz:"Zum ersten Mal im Leben bin ich stolz, ein Deutscher zu sein." An der Spitze aller Sachbuch-Bestsellerlisten rangieren ein halbes Dutzend Werke, die davon überzeugt sind, dass Amerika von gewaltsüchtigen Volltrotteln regiert wird. Darüber sind sich Todenhöfer, Scholl-Latour und Möllemann völlig einig.
Deutschland allein zuhaus': Das neue Nationalgefühl schwankt zwischen moralischer Überheblichkeit und kindlichem Trotz. Wirte strichen Coca Cola von der Karte, und ein Darmstädter Fahrradhersteller boykottierte seine amerikanischen Zulieferer. Kauft nicht beim Amerikaner, meinte auch Berlins Erzbischof Sterzinsky. Und der Leiter der Oberhausener Kurzfilmtage wollte die amerikanischen, britischen, spanischen und italienischen Vertreter, also jene der"Krieg führenden Staaten", aus seiner Anfang Mai stattfindenden Veranstaltung hinauswerfen. Was den Publizisten Burkhard Müller-Ulrich zu der Einschätzung veranlasste:"Jetzt macht man die Türen zu und zeigt der Welt, worin die deutsche Strategie auf dem Weg zum Frieden besteht: Nichts hören, nichts sehen, aber viel sagen." Und zwar in Klartext und auf Deutsch. Vorbei die Zeit, als Businesspeople und Teens Inhaltslosigkeit mit nervigen Anglizismen aufblähten. Nun heißt es wieder:"Stoppt die Amerikanisierung unsere Sprache und Kultur." In Weimar klebt diese Parole an vielen Laternenmasten.
<font size="4">die forstsetzung dieses aufsatzes gibt es im original - siehe unten - - - vorÃcht, sind aber ein paar zeilen.
( siehe unten)</font>
viel spass/kneric
zwei zeitgeister, denen man „mainstream“ nur gewiß sehr selten unterstellen kann:
Michael Miersch geb. 1956, war Redakteur des Umweltmagazins „Chancen und Natur“. Dirk Maxeiner, geb. 1953, war Redakteur des „stern“ und Chefredakteur von „Natur“. Zusammenn schrieben sie die Bücher „Ã-kooptimismus“, „Das Mephisto-Prinzip“ und „Die Zukunft und ihre Feinde“
mehr über das duo auf deren eigenen seiten
http://www.maxeiner-miersch.de/index.htm
<ul> ~ hier ist der rest des aufsatzes im original: click here</ul>
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