-->SPD plant neue Belastungen für Besserverdienende
Die Reformagenda 2010 der SPD soll nun doch aufgeweicht werden. Eine Kommission unter Leitung von Generalsekretär Olaf Scholz denkt über die Wiedereinführung der Vermögensteuer nach. Zudem sollen Kapitalerträge und Erbschaften stärker belastet werden.
von Christoph Schwennicke
(SZ vom 17.05.2003) - Im Streit um die Reformagenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder ist die SPD-Spitze nun offenbar doch zu größeren Zugeständnissen an die Parteilinke bereit. Unter der Federführung von SPD-Generalsekretär Olaf Scholz werden derzeit Vorschläge erarbeitet, die weitere steuerliche Belastungen für Unternehmer und Besserverdienende vorsehen.
In einem 14-Punkte-Katalog wird die Wiedereinführung der Vermögensteuer in Betracht gezogen, Kapitalerträge sollen höher besteuert werden. Bundeskanzler Schröder (SPD) hatte bisher gefordert, die Agenda ohne Änderungen umzusetzen. Über den Antrag soll am Montag im Parteivorstand abgestimmt werden.
Aus dem Entwurf des Antrags „Iwan“ (Innovation, Wachstum, Arbeit und Nachhaltigkeit) für den Sonderparteitag am 1. Juni, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wird erkennbar, dass die Agenda 2010 nur ein erster Schritt auf dem Weg zu weiteren Reformen sein soll: Das Land brauche über die finanzielle Sicherung der sozialen Systeme hinaus „weitere Maßnahmen, um Wachstum und Beschäftigung nachhaltig zu beleben“. Die Vorschläge könnten Schröder, der stets eine 1:1-Umsetzung seiner Agenda 2010 verlangt hatte, in Schwierigkeiten bringen.
Einführung der Vermögenssteuer erwogen
„Wir streben eine zutreffende Bewertung von Vermögen zu steuerlichen Zwecken an“, heißt es in Iwan. Erbschaften von großen Privatvermögen sollen „stärker zur Finanzierung für Aufgaben im Sinne des Gemeinwohls“ herangezogen werden. Kapitalerträge sollen stärker besteuert werden.
Keine Angaben zu Rente und Gesundheit
In dem Antrag ist auch die Rede davon, dass „private Veräußerungsgewinne bei Wertpapieren“ jenseits einer Freigrenze „grundsätzlich wie auch private Veräußerungsgewinne bei Immobilienverkäufen besteuert werden sollten“. Geringverdiener sollen dagegen weniger Steuern zahlen. Zu den Themen Rente und Gesundheit werden keine nennenswerten Angaben gemacht.
Auf Widerstand gegen ihre Pläne stößt die SPD-Spitze nun aber auch am rechten Parteiflügel. Der so genannte Seeheimer Kreis warnte in einem deutlichen Brief an Generalsekretär Scholz davor, der Parteilinken zu viele Zugeständnisse zu machen. Insbesondere wird kritisiert, dass der Leitantrag des Parteivorstands „in wesentlichen Punkten modifiziert“ werde und es einen zusätzlichen Perspektivantrag für den Sonderparteitag geben solle.
Druck aus dem Seeheimer Kreis
Man habe den Bundeskanzler bei der Durchsetzung der Agenda unterstützt und sich dem Leitantrag angeschlossen, schreiben die Sprecher des Kreises an den „lieben Olaf“: „Wir möchten Dich aber darauf aufmerksam machen, dass die Seeheimer hinsichtlich der Modifizierung des Leitantrags keine faulen Kompromisse, besonders angesichts der desaströsen Finanzlage, hinnehmen werden.“ Man gehe davon aus, dass sich die Punkte „wie besprochen im Leitantrag wiederfinden“ werden, für die die Seeheimer eintreten.
Bei diesen Punkten findet sich unter anderem die Forderung, das Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung auszugliedern. Dagegen hatten sich sowohl Fraktionschef Franz Müntefering als auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt schon öffentlich ausgesprochen. Ulla Schmidt gehört auch formal dem Seeheimer Kreis an.
Darüber hinaus fordern die Seeheimer, „alle Sonderversorgungssysteme langfristig aufzulösen und das System sozialer Sicherheit auf die drei Zweige Gesundheitsvorsorge, Alterssicherung und Arbeitslosenversicherung zu reduzieren“. Das gelte für alle Berufsgruppen. Ziel sei „eine allgemeine Bürgerversicherung.“
Quelle: SZ
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