--><font size="5">Berlin bescheinigt Düsseldorfer Kaplan-Richter"Blindheit"</font>
Von GREGOR MAYNTZ
BERLIN. Nachdrücklich hat das Bundesinnenministerium vor der Annahme gewarnt, die Freilassung des Islamistenführers Metin Kaplan ("Kalif von Köln") sei der Schlusspunkt dieser Angelegenheit. Zwar sei die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf über die Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls unanfechtbar. Die Voraussetzungen für eine Abschiebung seien jedoch gegeben, versicherte das Ministerium in Berlin. Ministeriums-Sprecher Rainer Lingenthal griff das OLG scharf an. Die Richter seien"blind" gewesen für die Forschritte, die es in der Türkei gegeben habe. Sie seien zudem"blind" gewesen für die besondere Bedeutung dieses Falles. Denn angesichts des öffentlichen Interesses daran könne es sich die Türkei nicht erlauben, Kaplan anders zu behandeln als zuvor deutschen Vertretern gegenüber zugesichert.Das OLG hatte seine Entscheidung auf die Einschätzung gestützt, es sei nicht auszuschließen, dass Kaplan in einem Verfahren in der Türkei mit durch Folter gewonnenen Erkenntnissen konfrontiert werde.Für das Bundesinnenministerium ist es nicht akzeptabel, dass jemand, der offen terroristische Bestrebungen unterstütze, im Land bleiben dürfe. Diese Ansicht traf auf breiten Widerhall. Bayerns Innenminister Günter Beckstein empfand den Düsseldorfer Vorgang als"unerträglich". Eine derartige Schwäche im Kampf gegen den islamistischen Extremismus könne sich Deutschland nicht leisten. Das Urteil sei im übrigen ein"völlig falsches Signal an die rund 30 000 anderen islamistischen Extremisten in unserem Land", meinte Beckstein. Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte, das Urteil entwerte die Anti-Terror-Gesetze, die eine erleichterte Abschiebung ausländischer Extremisten vorsähen. Die FDP schloss sich Forderungen nach einer Rechtsänderung an.
<font size="4">Türkei: Deutschland hat versagt</font>
Von RP-Korrespondent THOMAS SEIBERT
ISTANBUL. Als Versagen Deutschlands im Kampf gegen den internationalen Terrorismus prangert das türkische Außenministerium die Freilassung des Islamistenanführers Metin Kaplan ("Kalif von Köln") durch das Düsseldorfer Oberlandesgericht an. Es weist ausdrücklich auf die Anschläge vom 11. September 2001 und deren Folgen hin. Deutschland sei im Fall Kaplan seiner Verantwortung bei der Terrorbekämpfung nicht gerecht geworden, kritisiert Ankara.
Die türkische Regierung ist nicht nur enttäuscht, dass die Auslieferung Kaplans trotz gegenteiliger Andeutungen der Bundesregierung nun geplatzt ist - besonders tief traf der Vorwurf der Düsseldorfer Richter, der Islamist könne in der Türkei nicht mit einem fairen Verfahren rechnen. Das deutsche Gericht hatte unter anderem auf die Möglichkeit hingewiesen, dass in einem Prozess Beweismaterial verwendet werden könnte, das der Polizei bei der Folterung von Verdächtigen in die Hände gefallen ist. Das Außenministerium sprach von"falschen und unangebrachten" Aussagen über die türkische Justiz.
Insbesondere in der Polizeihaft sind Folterungen in der Türkei nach wie vor an der Tagesordnung. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zufolge hat die Türkei aber garantiert, dass Kaplan ein rechtsstaatliches Verfahren erhält. Dem Islamisten, der die Abschaffung der Republik und die Errichtung einer Theokratie in der Türkei anstrebt, wird von Ankara vorgeworfen, er habe 1998 einen Anschlag auf die türkische Staats-, Regierungs- und Militärspitze geplant, die sich zu den Feiern des 75. Gründungsjubiläums der Türkischen Republik am Atatürk-Mausoleum in Ankara versammelt hatte. Nach der Abschaffung der Todesstrafe im vergangenen Jahr müsste Kaplan bei einer Verurteilung in der Türkei mit lebenslanger Haft ohne Möglichkeit einer vorzeitigen Freilassung rechnen.
Ankara hofft nun auf eine Ausweisung Kaplans nach dem Abschluss des noch laufenden ausländerrechtlichen Verfahrens. Wenn Kaplan in ein anderes Land als die Türkei abgeschoben werden sollte, ist zu erwarten, dass Ankara sofort alle Hebel in Bewegung setzen wird, um von diesem Staat die Auslieferung Kaplans zu erreichen.
<ul> ~ klich hier -das original aus der RP</ul>
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