-->>Die wurde von Reemtsma gesponsert und tatsÀchlich wurde eine ganze Reihe von Bildern in der Ausstellung als gefÀlscht entlarvt.
>GruĂ EUKLID
Posted Thursday, October 28, 1999
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Frankfurter Allgemeine Zeitung
Frankfurt, October 22, 1999 page 2
Wehrmachtsausstellung: âZehn Prozent der Bilder zeigen eindeutig Taten der
Wehrmacht"
Historiker: Unwissenschaftlicher Umgang mit
Bildquellen
g-n. FREIBURG, 21. Oktober. Auch die Zeitschrift Geschichte in Wissenschaft und
Unterricht (GWU) beschĂ€ftigt sich in ihrer neuesten Ausgabe, wie die Vierteljahrshefte fĂŒr
Zeitgeschichte (VfZ), mit der Wanderausstellung âVernichtungskrieg, Verbrechen der
Wehrmacht 1941 bis 1944", die demnÀchst auch in amerikanischen StÀdten gezeigt werden soll.
In den VfZ schrieb der polnische Historiker Bogdan Musial, in GWU Ă€uĂert sich der ungarische Historiker
KrisztiĂĄn UngvĂĄry, darĂŒber hinaus hat dort Dieter Schmidt-Neuhaus exemplarisch den Fall Tarnopol in der
Wehrmachtsausstellung untersucht. Aus all dem ergibt sich ein betrĂ€chtlicher Umfang an IrrtĂŒmern und
Fehldeutungen.
UngvĂĄry kommt zu dem Schluss, dass von 801 Bildern im Ausstellungskatalog des
,,Hamburger Instituts fĂŒr Sozialforschung" ĂŒber die HĂ€lfte weder Verbrechen noch
Kriegshandlungen zeigen, weitere 63 lediglich Kriegshandlungen. 333 Bilder zeigen
Leichen oder Verbrechen. Unter diesen Bildern seien 185, bei denen man die TĂ€ter
nicht kenne. 62 Bilder seien mit fehlerhaften Bildunterschriften versehen; bei 71
Bildern seien die TÀter nachweislich nicht Angehörige der Wehrmacht.
Von den 801 Bildern dokumentierten zehn Prozent eindeutig Taten der Wehrmacht: Hinrichtungen oder
Erniedrigungen des Feindes. Unter den Bildern mit Todesopfern seien viele, bei denen die TĂ€ter zwar Deutsche
gewesen seien, aber nicht Angehörige der Wehrmacht, sondern deutscher Polizeieinheiten, der SS und des SD
sowie litauischer, lettischer, ukrainischer oder russischer Hilfswilligen-VerbÀnde, wieder andere waren sowjetische
TĂ€ter oder finnische, ungarische und kroatische Soldaten.
Bei ĂŒber siebzig Bildern enthielten die Unterschriften sachliche Fehler oder stellten Aufnahmen desselben Ereignisses
mit einander widersprechenden Orts-, Zeit- und TĂ€terangaben dar. UngvĂĄry beschreibt die methodischen Fehler
anhand einiger Beispiele. Zu den Exekutionen in Stari Becej, ungarisch Obecse (Vojvodina), schreibt er, das Gebiet
habe zum Königreich Ungarn gehört, zwischen 1941 und 1944 seien dort keine deutschen Truppen gewesen.
Also hĂ€tten dort auch keine deutschen Soldaten an den in der Bildunterschrift behaupteten GeiselerschieĂungen von
elf Jugendlichen,,zur SĂŒhne" beteiligt sein können.
,,Keine der Behauptungen ist wahr. Es waren nicht elf, sondern zwölf. Es waren bis auf drei
keine Jugendlichen. Sie wurden nicht zur,SĂŒhne' exekutiert, sondern durch ein ungarisches
Kriegsgericht wegen Landesverrats, Mordes, unerlaubten Waffenbesitzes, Sabotage unter
anderem zum Tode durch den Strang verurteilt und mangels geĂŒbtem Henker erschossen.
Alle Angeklagten waren ungarische StaatsbĂŒrger und Mitglieder der kommunistischen Partei,
ihr AnfĂŒhrer hatte einen ungarischen Gendarmen erschossen. UrsprĂŒnglich waren 22
Personen angeklagt, davon 16 zum Tode verurteilt, vier aber vom ungarischen
Generalstabschef begnadigt."
Ebenso falsch seien die Angaben zum Vorfall in Senta (Zenta), wo deutsche Wehrmachtsangehörige Juden zur
Zwangsarbeit eingeteilt haben sollen. Zenta war ebenfalls ungarisch. Ungarn hĂ€tten jĂŒdische Landsleute zum
Arbeitseinsatz zusammengetrieben, ohne Hilfe oder Instruktionen der Wehrmacht. Entsprechende Fehler weist der
ungarische Historiker auch den Bildern aus Zombor (Sombor) in der Vojvodina nach, auch fĂŒr die Ermordung von
Polen und Ungarn in ZloczĂłw bei Lemberg, die der NKDW, die sowjetische Geheimpolizei, vor dem Einmarsch
der Wehrmacht begangen habe.
Um die Verbrechen der 6. Armee, die in Stalingrad unterging, zu beweisen, zeige die Ausstellung, wie Dieter
Schmidt-Neuhaus darlegt, vier Bilder von Kriegsverbrechen in Tarnopol, von denen drei dem NKWD
zuzuschreiben sind, keines aber der 6. Armee, die nie nÀher als 100 Kilometer an Tarnopol herankam. Das gleiche
gelte fĂŒr Bilder aus Minsk, mit denen die Aussteller die 6. Armee verbinden. Das Bild eines ErhĂ€ngten (Nr. 76 im
Katalog) trÀgt die Unterschrift,,Unbekannter Ort, UdSSR oder Polen". Ungvåry weist nach, dass dasselbe Bild das
erste Mal im Jahre 1964 veröffentlicht wurde.
Auf diesem Foto trÀgt der ErhÀngte ein Schild mit der Aufschrift,,Ich bin ein
Feigling". Es zeigt demnach einen deutschen Deserteur. Auf dem Foto der
Ausstellung ist der Text auf dem Schild wegretuschiert.
In elf FÀllen weist Ungvåry den Autoren des Katalogs nach, dass sie verschiedene Bilder von denselben VorgÀngen
auf verschiedenen Seiten so prÀsentierten, als dokumentierten sie unterschiedliche Ereignisse. Er bemerkt zahlreiche
Ungenauigkeiten, falsche Zuordnungen, unzulÀngliche Erforschung der Herkunft der Bilder, mangelnde Vorsicht
gegenĂŒber FĂ€lschungen durch örtliche Behörden bei der Vorbereitung von Schauprozessen, verzerrte oder
unzureichende und darum irrefĂŒhrende Begleittexte.
Er stieĂ auf 37 FĂ€lle, in denen der Katalog Berichte, Befehle und Verbrechen der SS, des SD und auch der
Waffen-SS zitiert und als Wehrmachtsverbrechen behandelt, da die Wehrmacht in einem indirekten Zusammenhang
damit stand. Die spÀtere Behauptung der Aussteller, sie hÀtten damit nur den,,Kontext" der Verbrechen darstellen
wollen, könne nicht akzeptiert werden, schreibt Ungvåry, weil mit solchen unsystematischen Kontexten die Relation
zwischen Verbrechen der Wehrmacht und Verbrechen der SS, des SD, von VerbĂŒndeten und Gegnern gerade
nicht dargestellt werde.
AM 24. Juni [1941], zwei Tage nach dem deutschen Angriff, erteilte der NKWD-Minister
[Lawrenti] Berija den Geheimbefehl, alle âkonterrevolutionĂ€ren Elemente" unter den HĂ€ftlingen
zu erschieĂen. In den meisten GefĂ€ngnissen kam es danach, wie Musial schreibt, zu
grauenvollen Massakern. In GrenznĂ€he blieb den TĂ€tern kaum Zeit, die Tat auszufĂŒhren oder
um die Leichen noch zu verscharren, doch in den weiter östlich liegenden GefÀngnissen kam es
zu umfassenden systematischen Vernichtungsaktionen.
Die vorrĂŒckenden deutschen Soldaten und die Einheimischen fanden nun in den GefĂ€ngnissen, teils noch in den
Zellen, Leichenberge vor. Die Zahl der Opfer habe zwischen mehreren hundert und mehreren tausend gelegen. In
WeiĂrussland seien Tausende von HĂ€ftlingen auf so genannten TodesmĂ€rschen ermordet worden. Auch hier wurden
die Leichen entweder verscharrt oder einfach liegen gelassen. Waren die GefÀngnisse weit genug von der Grenze
entfernt, wurden die Vernichtungsaktionen abgeschlossen und die Leichen in MassengrÀbern verscharrt.
Musial bezeichnet in seiner Darstellung stets die entsprechenden Orte. Die Gesamtzahl der NKWD-Opfer lasse sich
noch nicht genau bestimmen, Musials Darstellung nach muss sie aber in die Zehntausende gehen. Zu den
Verbrechen an GefĂ€ngnisinsassen kamen noch Mordtaten an Zivilisten, worĂŒber es bisher jedoch keine
wissenschaftlichen Untersuchungen gibt. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wurden MassengrÀber
geöffnet und die Leichen öffentlich niedergelegt, zur Dokumentation der Verbrechen, zur Identifizierung der Opfer,
zu Propagandazwecken.
Zu den Ausgrabungsarbeiten wurden in der Regel, so Musial, einheimische Juden
gezwungen. âDie Morde des NKWD dienten oft als Vorwand fĂŒr die sich
anschlieĂenden deutschen (und ukrainischen) Vernichtungsaktionen."
Die Nachricht von den Massenmorden der Sowjets habe sich in der deutschen Truppe schnell verbreitet, schreibt
Musial. Tausende von deutschen Soldaten hÀtten sich zu den MordstÀtten begeben, um die Verbrechen mit eigenen
Augen zu sehen.
Nicht wenige hÀtten die Leichenberge auch fotografiert, wie Augenzeugen noch heute berichteten. Die Fotos seien
zum Teil nach Hause gesandt worden, zum Teil, wenn deutsche Soldaten auf dem RĂŒckzug fielen oder in
Gefangenschaft gerieten, in sowjetische HĂ€nde gelangt und ĂŒber kurz oder lang bei der âAuĂerordentlichen
Staatskommission fĂŒr die Feststellung und Untersuchungs der Verbrechen der deutschen faschistischen
Eindringlinge" (ASK) gelangt, deren deutsches GegenstĂŒck die Wehrmacht-Untersuchungsstelle war. Die ASK
wurde vom NKWD beherrscht.
Sie war auch eine BrutstĂ€tte fĂŒr Desinformationskampagnen (so etwa, als sie die systematische Ermordung
polnischer Kriegsgefangener den Deutschen anlasten wollte). Nach Auflösung der Kommission gelangten die Fotos
in sowjetische Archive. Der Umgang mit solchem Material, insbesondere mit den Quellenvermerken, erheischt
besondere GrĂŒndlichkeit. Musial wirft nun den Hamburger Sozialforschern vor, sie wĂ€ren bei der Suche nach
Bilddokumenten fĂŒr die Verbrechen der Wehrmacht einfach nach folgenden Prinzipien verfahren:
âAufnahmen, die auf ein mögliches Verbrechen hindeuten (Leichenmassen, ErhĂ€ngte,
brennende HĂ€user usw.), wurden ohne nĂ€here PrĂŒfung der Wehrmacht als TĂ€terorganisation
zugeordnet. Insbesondere dann, wenn auf diesen Fotos Soldaten zu sehen waren oder wenn
diese Fotos von gefallenen oder gefangen genommenen Soldaten stammten. Dass deutsche
Soldaten auch sowjetische Verbrechen oder Verbrechen anderer Organisationen, auf der
eigenen wie auf der gegnerischen Seite, fotografiert haben könnten, wurde dabei
offenkundig nicht in Betracht gezogen."
Da viele Fotos aus den nachsowjetischen Archiven keine oder falsche Angaben enthielten, hÀtten die Aussteller
geglaubt, dass man ihren tatsÀchlichen Inhalt nicht mehr ermitteln könne. Doch sei das durchaus möglich. Heer
erwiderte in seiner Stellungnahme, die Ausstellung werde seit 1995 gezeigt, sie gebe âim Wesentlichen den
Forschungsstand und das Archivwissen von damals" wieder.
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