-->Möllemann schrieb in seinem Buch"Klartext - Für Deutschland":
-------------------------------------------------------------------------------
Ein Mann ohne Namen hatte ihm (Anm. Westerwelle) beim langen Warten auf die
Audienz bei Ariel Sharon in unmissverständlichen Worten
knallhart gesagt, dass die israelische Regierung meinen
politischen Kopf verlange. »Wer war das?«, fragte Dr.
Westerwelle später dann einen seiner kundigen Begleiter. »Der
Mossad!«, erhielt er zur Antwort.
Ob Dr. Westerwelle mir meinen längst ausgesprochenen
Verzicht auf den Posten des Außenministers glaubte oder nicht,
spielte da keine Rolle mehr. Sharons Leute hatten
sicherzustellen, dass es unter keinen Umständen dazu kommen
würde. Vielleicht wollte Dr. Westerwelle dieser Erpressung am
Anfang wirklich widerstehen. Aber wer weiß, wie oft sie nach
seiner Israel- Reise in Deutschland wiederholt und verschärft
worden ist?
-------------------------------------------------------------------------------
Und hier noch die Geschichte mit Barschel, wie sie der ehemalige Mossad-Offizier Victor Ostrovsky in"Geheimakte Mossad" erzählt:
--------------------------------------------------------------------------------
Der BND-Kontaktmann sagte dem Mossad-Verbindungsoffi-zier,
daß innerhalb weniger Tage einige Anhörungen vor einem
Untersuchungssausschuß stattfinden würden, und würde Barschel
vorher nicht Genüge getan, würde er auspacken. Der Zeitrahmen
war zu knapp für den Mossad, um die Operation auf den beiden
Flugfeldern abzubrechen und die israelischen Mannschaften mit-samt
ihrem Material rechtzeitig herauszuholen. Barschel mußte
gestoppt werden, bevor er als Zeuge aussagen konnte.
Der BND gab dem Mossad-Verbindungsmann den Ort bekannt,
an dem Barschel auf den Kanarischen Inseln Urlaub machte, sowie
seine Telefonnummer. Er wohnte in einem Haus, das ihm von
einem Freund zur Verfügung gestellt worden war.
Ran rief Barschel an. Beim ersten Anruf meldete sich niemand.
Eine Stunde später versuchte er es wieder, und jemand antwortete,
daß Barschel im Moment nicht erreichbar sei. Beim dritten Versuch
hatte er Barschel am Apparat und sagte ihm, daß er Informationen
besitze, die helfen könnten, seinen Namen reinzuwaschen. Er stellte
sich als Robert Oleff vor.
Er bestand darauf, daß Barschel nach Genf kommen solle. Er,
Oleff, werde ihm am Flughafen abholen. Barschel verlangte mehr
Informationen, bevor er sich festlegte, und Ran sagte, daß vielleicht
einige interessante Iraner anwesend sein würden, die in das Ge-schäft
verwickelt seien. Das machte Barschel glauben, daß die
Angelegenheit seriös war. Der Mann am Telefon zeigte sich gut
informiert, Barschel war einverstanden, und sie legten die Details
der Reise fest.
Das Kidon-Team, das direkt von Brüssel geschickt worden war,
wartete bereits in Genf. Nachdem es die Lage in Genf genau
untersucht hatte, kam es zu dem Ergebnis, daß das Hotel Beau-Rivage
am besten seinen Zwecken dienen würde. Ein Stück weiter
gab es eine riesige Baustelle. So etwas war immer gut, um das, was
man in der Eile loswerden wollte, verschwinden zu lassen. Zwei
Einsatz-Paare quartierten sich im Hotel ein: das eine im vierten
Stock, nahe beim Ausgang zum Dach, und das andere, das am
selben Tag wie Barschel ankam, im dritten Stock neben dem
Zimmer, das Ran für Barschel reserviert hatte.
Die übrigen Leute des Teams deckten das Umfeld ab und hielten
sich in der Nähe auf, um nötigenfalls eingreifen zu können. Ran traf
Barschel in dessen Zimmer am Nachmittag des 10. Oktober. Nach-dem
er eine Flasche Wein für den von ihm mitgebrachten Käse
bestellt hatte, machte er Barschel zuerst ein Angebot. Barschel sollte
überredet werden, seinen Sturz zu akzeptieren. Ran versprach ihm,
daß man ihn großzügig entschädigen werde. Er versuchte ihm zu
suggerieren, daß das, was er angeblich getan habe, im Bereich der
Politik keine so große Sache darstelle und daß es besser für ihn sei,
die Dinge laufen zu lassen und das Geld zu nehmen. Ran benutzte
den üblichen Satz, den der Mossad so liebte, daß Geld keine Rolle
spiele.
Barschel war sehr ungehalten. Er bestand darauf, daß Ran ihm
die Beweise liefere, die seinen Namen reinwaschen könnten, oder
zu verschwinden. Er war nicht daran interessiert, einen Profit aus
der Sache zu schlagen, sondern er wollte es allen zeigen, die ihn
verleumdet hatten.
Da wurde Ran klar, daß es keine Möglichkeit gab, den Mann
umzustimmen. Die Operation mußte in ihre zweite Phase treten,
was die Beseitigung dieses Mannes bedeutete. Er war jetzt zu einer
Gefahr für die Sicherheit der beteiligten Mossad-Leute geworden.
Es gab aus diesem Grund keine Notwendigkeit, die Zustimmung zu
seiner Eliminierung außerhalb des Mossad einzuholen. Das wäre
bei einer Exekution aus politischen Gründen der Fall gewesen; hier
hätte der Premierminister seine Zustimmung geben müssen. Ran
wollte jedoch das Einverständnis des Mossad-Chefs haben, den
man ständig auf dem laufenden hielt und der am selben Tag wie
Barschel nach Genf gekommen war. Er wohnte im Hotel Des
Bergues am Ende derselben Straße, in der Barschel untergebracht
war. Er hatte sich unter den Namen P. Marshon eingetragen.
Bis der Wein in Barscheis Zimmer ankam, war er schon von
einem Kidon-Mitglied präpariert worden, entweder in der Küche
oder auf dem Weg nach oben. Andere Team-Mitglieder schafften in
Vorbereitung auf den letzten Akt Eisbeutel auf ihre Zimmer. Ran
erzählte Barschel, daß es nur seine Absicht gewesen sei, seine
Standfestigkeit zu prüfen. Da er es offenbar mit einem ehrenwerten
Mann zu tun habe, wolle er ihm helfen. Barschel war immer noch
aufgebracht und weigerte sich weiterzureden, wenn Ran ihm nicht
sofort einen Beweis liefern würde, daß er wirklich seinen Namen
reinwaschen könnte.
Ran rief den Mossad-Verbindungsmann an, der in einem siche-ren
Haus wartete. Er bat ihn, seinen BND-Kontaktmann anzuru-fen,
der Barschel in seinem Hotelzimmer zurückrufen solle, um ihm
zu sagen, daß alles gutgehen würde. Der Verbindungsmann war
darauf vorbereitet, er hatte mit Ran im Vorfeld alle Optionen
abgesprochen. Der BND-Mann stand in Wartestellung bereit; er
war schon im voraus angerufen worden — unter dem Vorwand,
etwas Wichtiges würde sich tun.
Einige Minuten später rief der BND-Mann Barschel an und sagte
ihm, daß man die Dinge zurechtrücken werde. Barschel entspannte
sich und trank von dem Wein. Ran täuschte Magenbeschwerden
vor und lehnte ab; er nahm nur etwas von seinem Käse zu sich.
Ran wußte, daß Barschel in etwa einer Stunde ohnmächtig
werden würde, und wollte die direkte Zustimmung des Mossad-Chefs,
um den Job zu beenden. Er sagte Barschel, daß er einige
Papiere holen wolle, die ihn entlasten würden, und daß er in einer
Stunde wieder da sei.
Ran traf den Mossad-Chef in dessen Hotelzimmer. Er gab ihm
eine kurze Zusammenfassung des Vorgefallenen und sagte, daß
Barschel innerhalb weniger Tage vor einem Untersuchungsaus-schuß
aussagen werde, der Behauptungen über Unregelmäßigkei-ten
im Vorfeld der Wahlen prüfen solle. Es gebe keine Möglichkeit,
Barschel davon abzubringen, vor diesem Gremium alles auszusa-gen,
was er wußte. Ran konnte nicht garantieren, daß alle Beweis-stücke,
die Israel belasteten, in der kurzen verbliebenen Zeit von
den Flugfeldern beseitigt wären. Das Risiko einer Entlarvung war
für den Mossad hier viel zu groß, und deswegen gab der Mossad-Chef
sein Einverständnis, den Mann zu eliminieren.
Ran rief die zwei Männer im vierten Stock von Barschels Hotel
an und gab ihnen grünes Licht für die Operation. Sie warteten die
Zeit ab, bis Barschel von dem Mittel im Wein eingeschlafen war. Sie
riefen außerdem noch bei ihm an, um sicherzugehen, daß er nicht
wach war. Dann drangen sie in sein Zimmer ein.
Barschel lag auf dem Boden rechts neben dem Bett. Er war
offenbar ohnmächtig geworden und aus dem Bett gefallen. Das
Team zog ein Plastiktuch über das Bett und legte den Bewußtlosen
darauf, mit den Beinen zum Kopfende, damit die nächsten Schritte
einfacher wären. Ein zusammengerolltes Handtuch wurde ihm
unter den Nacken gelegt, als ob er eine Mund-zu-Mund-Beatmung
bekommen sollte. Fünf Leute befanden sich zu dem Zeitpunkt im
Raum. Vier kümmerten sich um das Opfer, und einer füllte die
Badewanne mit Wasser und Eis; das Geräusch würde jedes andere
übertönen. Ein langer, gut geölter Gummischlauch wurde dem
schlafenden Mann in den Hals geschoben, langsam und vorsichtig,
um ihn nicht zu ersticken. Einer schob den Schlauch, während ihn
die anderen Männer für den Fall einer plötzlichen Konvulsion
festhielten. Sie alle hatten so etwas schon vorher gemacht.
Sobald der Schlauch den Magen erreicht hatte, brachten sie am
oberen Schlauchende einen kleinen Trichter an, durch den sie nun
verschiedene Pillen einführten, dazu ab und zu etwas Wasser, damit
sie auch tatsächlich den Magen erreichten.
Danach wurden dem Mann die Hosen heruntergezogen. Zwei
Männer hielten seine Beine hoch, und ein Dritter führte ihm rektal
Zäpfchen mit einem starken Sedativ und einem fiebererzeugenden
Mittel ein. Die Hosen wurden ihm wieder hochgezogen, und
die Leute warteten auf die Wirkung der Medikamente; sie legten
ihm ein Thermometer auf die Stirn, um seine Temperatur zu be-obachten.
Nach einer Stunde hatte er hohes Fieber bekommen. Er wurde
dann in das Eisbad gelegt. Der Schock rief starke Körperzuckungen
hervor. Der plötzliche Temperaturwechsel im Verein mit der Wir-kung
der Medikamente erzeugte so etwas, was wie eine Herz-attacke
aussah. Nach ein paar Minuten stellte das Team fest, daß er
wirklich tot war, und begann das Zimmer aufzuräumen, um keine
Spuren zu hinterlassen. Sie merkten, daß sie den Fehler gemacht
hatten, dem Mann nicht die Kleider auszuziehen, bevor sie ihn in
die Wanne legten. Aber es war zu spät, das noch zu ändern. Sie
merkten auch, daß die Ersatzweinflasche, die sie mitgebracht hat-ten,
zwar ein Beaujolais war, aber nicht die richtige Marke, so daß
sie keine Flasche hatten, um sie dazulassen.
Die Lage war gespannt. Sie hatten mehrere Stunden in dem Raum
zugebracht, und einige von ihnen waren mehrmals hinausgegangen
und wiedergekommen. Daß sie neben einer toten oder sterbenden
Person Wache hielten, wäre wohl kaum zu erklären gewesen.
Nachdem sie das Zimmer verlassen und das Schild »Bitte nicht
stören« angebracht hatten, ging jeder seiner Wege. Zwei Leute
verließen das Hotel noch am selben Abend, das zweite Paar erst am
folgenden Morgen. Die übrigen Mitglieder des Teams hatten die
Stadt schon in derselben Nacht mit dem Wagen verlassen und
fuhren zurück nach Belgien in die Sicherheit des Mossad-Haupt-quartiers
in Europa. Ran wurde informiert, daß die Mission erfüllt
war, ebenso der Mossad-Chef, dem ein Team-Mitglied ein Pola-roidfoto
von dem Toten brachte.
|