--> In diesem Punkt muß ich Euklid vollstens Recht geben. Nicht nur weil er mein Vater ist sondern auch wegen der von mir angesprochenen Punkte in meinem Posting"Zehn Gründe warum es in Deutschland bergab geht" unter
http://www.saschajakobi.de/20030507bergab.htm
Dort schrieb ich:
Nebenbei etwas zur Leistungsgerechtigkeit in Deutschland. Die ist nämlich auch nicht mehr gegeben. [...]:
In vielen Akademikerberufen (als Angestellter) wird nur noch auf dem Papier mehr verdient. Rechnet man genauer so fällt auf, daß dies häufig in Wirklichkeit nicht so ist.
a) Man muß immer sehen wie viel länger die Ausbildung eines Akademikers gegenüber gewöhnlichen Ausbildungsberufen dauert. Man steigt erst später ins Berufsleben ein. Andere sind schon weiter. Man muß die Opportunitätskosten sehen die einem enstehen durch jahrelangen Ausfall an Ausbildungsgehalt/Lohn oder - nach der Ausbildung - normalem Gehalt und Lohn.
b) Man muß die Studienkosten sehen (Kopien, Fahrtkosten, Bücher,...)
c) Man muß das Risiko sehen das man eingeht. Wer sagt denn, daß man später überhaupt mehr verdient oder die Karriere macht die man sich erwünscht. Zu welchem Preis?
d) Man muß Progression bei der Steuer beachten da man ja tendenziell doch mehr verdient später (aber auch mehr dafür getan hat und tut)
e) Man muß beachten, daß häufig (wenn auch nicht immer aber relativ oft) klassische Akademiker-Berufe (Ingenieure, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Architekten,...) längere Arbeitszeiten mit sich bringen. Bei vielen normale Ausbildungsberufen herrscht beispielsweise eine 35-Stunden-Woche. In Großbetrieben gibt es Schichtwechsel oder Zeitlohn. D.h. es wird oft das abgerechnet was auch wirklich (im Zeiteinsatz gesehen) geleistet wird. Ich kenne leider viele Akademiker die in Unternehmen arbeiten und ein Pauschalgehalt erhalten. Im Arbeitvertrag steht zwar was von einem offiziellen Feierabend von 16 Uhr aber vor halb sechs, sechs sind viele dieser Leute gar nicht zuhause. Das wird auch oft vergessen. Im Arbeitsrecht gibt es keine gesetzlichen Vorschriften für die Entlohnung der Mehrarbeit, sprich: Überstunden.
f) Man erhält durch sein"hohes" Einkommen viele staatlichen Leistungen nicht (Wohngeld, Bafög wenn es Kinder gibt die studieren, usw.). Auch das muß man beachten und auch dies wird häufig jedoch nicht(!) beachtet in diesen Rechnungen.
g) Man muß flexibler sein und muß sich tendenziell in diesen Berufen auch in seiner privaten Zeit (Freizeit) stärker weiterbilden. Es wird einfach von einem"heimlich" verlangt.
h) Häufig legen sich Akademiker Eigentum in Form von Immobilien o.ä. zu. Im Gegensatz zu denen die von der"Hand in den Mund" leben müssen sie bei Zahnersatz oder was weiß ich allem immer an ihr Gespartes gehen. Einmal ist es der Ausflug der Kinder von der Schule, dann eine teure Zahnbehandlung die nicht von der Kasse übernommen wird und sonst alles mögliche. Wenn man nix hat muß häufig der Staat einspringen.
i) Der Streßfaktor bei Akademikern ist oft höher. Da sich diese Personengruppe häufig Vermögen anspart und dafür auf Urlaub und anderweitigen Konsum ähnlicher Art sogar teilweise verzichtet muß immer das Vermögen"verteidigt" werden. Jemand der mal locker und lässig arbeitet und schön sein Geld verlebt und in Urlaub fliegt und dann mal arbeitslos wird kann sich i.d.R. wesentlich gemütlicher einen Job suchen wenn er keine Hypotheken zu zahlen hat und auch stärkere staatliche Förderung bekommt (weil er ja nix hat an Vermögen). Jemand der Vermögen hat bekommt weniger staatliche Förderung. Das Vermögen wird überall angerechnet. Selbst wenn der Sohn von Sozialhilfe lebt wird man als Eltern angeschrieben Angaben zum Vermögen zu machen. Hat man nix kann man nix geben. Dann zahlt die Gemeinschaft. Hat man was wird man auch hier mal wieder (wie immer) zur Kasse gebeten.
Das habe ich damals geschrieben. Nebenbei habe ich Rechenbeispiele durchgeführt und viele ganz gewöhnliche Ausbildungsberufe wie Sekretärin, Industrieelektroniker, Bürokauffrau, Apothekenangestellte, Lagerist und was es da alles gibt VERGLICHEN. Und meine Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache.
Das Ergebnis das sich für mich herausstellte war, daß sich Studium nur noch selten lohnt. O.g. Punkte vermiesen einem Akademiker (und das sind eben häufig Rechtsanwälte, Notare, Ingenieure, Steuerberater, Architeken,....) das Honorar.
Sicher bin ich prinzipiell gegen staatliche Eingriffe (Subventionen, Reglementierungen, Bürokratie,...) aber hier MUSS der Staat was tun. Denn tut er nichts dann passiert folgendes: Die Leute merken es irgendwann, daß es sich nicht mehr lohnt Akademiker zu werden und werdens einfach nicht mehr. Und dann?
Auch muß ich mal selbst erwähnen, daß ich mal Bauingenieurwesen studieren wollte. Aber als ich die Löhne sah die in dieser Branche gezahlt wurden und die Überstunden gesehen habe und dann das doch relativ schwierige Studium sah dann war das für mich einfach nur noch ein schlechter Witz. Bauingenieure bekommen wegen der seit bald einem Jahrzehnt andauernden Baukrise (seit ungefähr 1995) immer schwerer eine Stelle, die HOAI (Honorarordnung) wird so und so schon locker um 60% und mehr unterboten und dann wundert man sich in diesem Land warum es an Bauingenieuren vielleicht bald mangeln könnte.
Viele Leute machen heute einfach den Fehler ihre Überstunden und Arbeitsbedinungen nicht mit einzubeziehen. Wenn ein IG-Metaller eine 35-Stunden Woche hat und rund 2000 Euro brutto verdient und man selbst verdient als Akademiker 2500 Euro brutto (netto gesehen sind es nur noch etwa 250 Euro mehr) und arbeiter dafür pro Wochen gut seine 55 Stunden dann muß man sich die Frage stellen was denn besser ist? Es stellt sich schnell heraus, daß derjenige der nen 0815-Job macht mehr Stundenlohn hat wie der andere. Das kann NICHT(!) sein. Viele merken das ja aber nicht mal! Die lassen sich gnadenlos verarschen und an der Nase herumführen.
Neben den o.g. Punkten a bis i kommt noch das von Euklid erwähnte Haftungsrisiko hinzu. Immerhin haftet man im Normalfall mit seinem gesamten Privatvermögen wenn man mal einen Bock schießt. Das ist in einem Angestelltenverhältnis eben fast nie der Fall. In der Regel nur bei grober(!) Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Außerdem kommt die Altersabsicherung hinzu. Viele Akademiker die ich kenne sind schon heute nicht mehr in der Lage für ihr Alter vozusorgen. Die Leute haben oft netto mehr aber viele verkennen, daß sie dadurch, daß sie häufig nicht die Pflicht haben in die Rentenkasse einzubezahlen auch von diesem"Mehr-Netto" für ihr Alter vorsorgen müssen sonst sind die Akademiker die Sozialhilfeempfänger wenn sie Rente bekommen.
Viele Grüße
Sascha
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