Meine Antwort auf die vielen interessanten Fragen, die hier gestellt wurden:
1. In den USA gibt es keinen"Konkurs". Selbst in D wird das so gehandhabt, dass erst ein Konkursantrag gestellt wird, dann wird entschieden, ob ein Vergleich möglich ist, bei dem die Gläubiger wenigstens noch 35 % ihrer Forderungen erhalten. Wenn nicht, wird ein Konkursverfahren eingeleitet (lat. = concurrere = Zusammenlaufen, in diesem Fall der Gläubiger), der Sequester (siehe Bremer Vulkan) übernimmt die Geschäfte endgültig. Er ist wen der Konkurs masselos ausgeht, wird nichts mehr bezahlt, dafür kommt dann aber der Staatsanwalt. Die Aktien sind von alledem zunächst unberührt. Sie fallen nach Angebot und Nachfrage, meist sind es noch"Hoffungswerte", die weiterhin gehandelt werden. Es ist auch hochinteressant, die AG dann zu übernehmen, sogar mit Schulden, weil dies einen riesigen Wertberichtigungsbedarf mit sich bringt (= kann gg. Gewinn verrechnet werden und spart so Steuern). Ansonsten kann eine Firma, die noch keine AG ist, den"Mantel" in Absprache mit dem Sequester übernehmen, umfirmieren (neuer Name für die AG ist schnell gefunden) und sich dann gleich wieder an der Börse mit ihren Aktien bewegen.
2. In den USA wird eine Fa., die insolvent ist (Schulden > als Aktiva), immer chapter 11 in Anspruch nehmen. Das ist eine gesetzliche Regelung, wonach der Schuldner vor der Vollstreckung durch den Gläubiger geschützt ist. Die AG kann also ihre Geschäft normal weiter betreiben und verschwindet nicht etwa von der Bildfläche. Der Akienkurs geht natürlich tief in den Keller. Aber die Aktie wird noch gehandelt, u.U. sogar an der gleichen Börse wie bisher.
Ein Beispiel dafür war der Asbest-Hersteller Manville, der sogar ein Dow-Wert war. Als sich die Prozessrisiken häuften, begab sich Manville, obwohl noch völlig liquide, unter den Schutz von chapter 11 und verschwand wenig später aus dem Dow. Dir Firma gibt's heute noch.
3. Die Puts auf die Aktien einer Firma erscheinen nicht out of the blue, sondern sie werden"geschrieben", d.h. ein Broker setzt sie in die Welt, der Put ist dann sein Risiko. Er bietet über den Put eine Wette auf einen Kurs bis zu einem bestimmten"Verfallstag" an. Wenn der Broker keine Lust hat, Puts zu schreiben, setzt er den Kurs halt immer höher, im Extremfall so hoch wie die Differenz zwischen aktuellem Kurs und Null - dann kauft ihm keiner die Puts ab, weil er ja nicht mehr als die Differenz verdienen könnte. Puts haben in Crash-Zeiten natürlich ein Mega-Aufgeld, siehe 1987. Sie sind dann in keinem Fall ein"Investment", weil sie so teuer sind, da sie massive weitere Kurseinbrüche vorweg nehmen, und wenn dann die"Erholung", alias Korrektur kommt, verbilligt sich der Put-Preis subito, und der Putter schaut dumm. (Alles schon erlebt).
4. Die Puts werden selbstverständlich bedient, sie sind eine Eventualverpflichtung des Schreibers. Er nimmt sie auch in die Bilanz (ziemlich schwieriges Verbuchen mit viel Spielraum, überhaupt ist die ganze Abteilung"Verbuchen von Derivaten" eine höchste delikate Sache; vgl. dazu: C.H. Alsheimer: Die Rechtsnatur derivativer Finanzinstrumente und ihre Darstellung im Jahresabschluss, Frankfurt 2000, DM 69).
Bedient der Schreiber seine Puts nicht, geht er über die Wupper, d.h. in den USA ebenfalls unter chapter 11. Dann allerdings werden die Puts nicht bezahlt, allerdings können die Puts ja weiter gehandelt werden und ein Käufer findet sich immer. Außerdem sind Puts ja das Recht, Aktien zum Basispreis ("strike price") zu verkaufen (und zwar zum vereinbarten Termin) und den Verkauf dieser Aktien muss ihm der Broker ermöglichen, sonst ebenfalls chapter 11.
5. Im Einzelfall (!) gehen Puts immer auf - und der Broker streicht sich die Differenz als Verlust ans Bein. Kommt es aber zur Massierung der Ausübung der in den Puts verbrieften Rechte, dann kann die gesamte Broker-Industrie in Schieflage kommen, und dann wirds richtig kritisch. Dann schreitet die Börse ein (wenn, denn). Und sie ändert die Regeln dahingehend, dass z.B. die Puts zu ursprünglichen Kurs abgewickelt werden müssen.
So etwas geschah 1980 mit den Calls der Gebrüder Hunt. Sie hatten mehr Anrechte darauf Silber zu einem bestimmten Termin angedient zu bekommen als zu diesem Termin überhaupt physisches Silber verfügbar war. Daraufhin wäre ein Großteil der Brokerindustrie pleite gegangen, da sie nicht hätten liefern können. Also wurden die Regeln dahingehend geändert, dass die Hunts die ihren Calls bzw. Future-Kontrakts, was im Grunde das selbe ist, zu Grunde liegenden physischen Menge voll bezahlen mussten. Das Geld hatten sie wiederum nicht, da ihnen die Broker keine entsprechenden Kredite mehr einräumten. Die Hunts mussten also die Optionen, alias Terminkontrakte wieder verkaufen und die Silber-Hausse brach zusammen.
Würden in den USA die Puts irgendwie"weg gemacht", wäre das natürlich der Start zu einer Mega-Hausse, weil bereits entstandene, aber noch nicht realisierte Verluste schlagartig verschwänden.
Bei deutschen Optionen gilt grosso modo das selbe (da kenn ich mich aber nicht so genau aus). Jeder, der ein Papier oder ein Recht in die Welt setzt, erklärt in seinen AGBs (falls es nicht überhaupt gesetzlich geregelt ist) die Details, was und wie und wann.
Es ist halt wie überall im Leben: CAVEAT EMPTOR (lat. = der Käufer hüte sich!). Daher Lullabys Prinzip: Immer erst verkaufen, dann kaufen (shorts straight).
Es gibt Grauzonen zu Hauf. Und wenn es wirklich kritisch wird, ist nichts schneller geändert als Börsenregeln,"Usancen", AGBs usw.
Falls gewünscht, buddele ich gern noch tiefer.
Besten Gruß
d.
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