Mein lieber Bernd,
so schnelles, grelles Zucker der Blitze...
Also:
>Lieber dottore,
>du schreibst:
>"Mein Haupteinwand ist das"Gleichgewicht". Diese Theorie besagt, dass die Güter immer mit dem Geld gekauft werden, die sie gekostet haben. Die Theorie ist deshalb falsch, weil zwischen der marktreifen Produktion von Gütern und der Realisierung der vom Anbieter gewünschten Preise ZEIT verstreicht. Der Gegenwert dieser Zeit ist als nachfragendes"Geld" aber nicht vorhanden. Sondern es kann nur dargestellt werden, indem die zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
>Dies ist natürlich ein Angriff, der außerhalb des traditionellen Schlachtfeldes stattfindet. Wenn ich jetzt einmal behaupte, dass alle aufklärerischen Theorien letztlich Gleichgewichtstheorien sind, weil wir Zustände überhaupt nur in Form von Gleichgewichten denken und beschreiben können, dann bekommen wir schon Probleme.
>Doch ich denke, auch der Debitismus lässt sich in Form von vielen sehr kurzfristigen Gleichgewichtszuständen beschreiben.
Natürlich ist das eine Infinitesimalbetrachtung. Aber die Ã-konomie ist doch gerade so stolz auf ihre Errungenschaft von wg."Grenznutzen","Grenzertrag","Grenrentabilität des Kapitals". Da muss sie eben auch hier durch.
Also: Selbst wenn jetzt (auf die Uhr geguckt) ein Gleichgewicht herrschte, weil alle bis zu diesem (Jetzt!) Zeitpunkt notwendigen Nachschulden gemacht wurden, ist doch schon wieder Zeit verstrichen, während ich dies schreibe. Und schwupps fehlt schon wieder der nächste Nachschuldner.
Bernd, Du weißt doch, was die Banken unter"banküblicher" Verzinsung verstehen: Bei einem Zinssatz von 10 % p.a. werden nicht nach einem Jahr 10 Prozent aufs Kapital geschlagen. Sondern JEDEN TAG (und das geteilt durch 365 oder 360). Ein kleiner Rechner hilft dabei, auszurechnen, um wie viel der Schuldner am Jahresende eben schuldig ist. MEHR als 10 Prozent. Wie kömmt's?
>"Beim Gewinn gilt das Gleiche: Firma stellt Waren für 1000 her, will aber 1100 vom Markt zurück haben. Wo kommen die 100 her? Die hat die Firma ja nicht als potentielle Nachfrage (= Faktorkosten) in den Kresilauf gebracht. Auch die 100 sind nur durch zusätzliche Verschuldung darstellbar. Marx hat übrigens als erster das Problem erkannt (Bd. III: Wie wird der Mehrwert realisiert)."
>Ich bin mir nicht sicher, ob das zwangsläufig ist. Denn die Zentralbank kann diesen Prozeß auch simulieren, indem sie aus dem Altbestand der nicht beliehenen Assets so viele ankauft - und dadurch Geld in Umlauf bringt - wie"Mehrwert" erforderlich ist.
Das ist richtig. Die Notenbank kann natürlich (siehe mein Beispiel vom Hotel, das der Schweizerischen Nationalbank gehörte) alles kaufen, was sie will. Aber dann landet über kurz oder lang das ganze BIP auf ihrer Aktivseite. Und dann? Dann haben wir die klassische Hyperinflation.
Aber am Ende jeder Hyperinflation sind die Schulden auf ATH. Wieso wohl?
>"Die Vorstellung vom wirtschaftlichen Gleichgewicht stammt aus einer Welt, in der keine Zeit abläuft. Dies aber ist leider nicht die Realität, wie wir wissen. Je länger ein Unternehmer auf die Realisierung seiner Marktvorstellungen warten muss (= Verkauf per Waren mal Preis), desto mehr verschuldet er sich, weil die Produktion bekanntlich vorfinanziert wurde. Und selbst wenn der Unternehmer mit einer Cash-Position gestartet ist, macht er auch Verluste, er verliert nämlich (solange er warten muss) just das Geld, das er bei einer alternativen Anlage seines Cashs erwirtschaften würde."
>S.o. Ich sehe nicht, dass man das nicht in Form temporärer Gleichgewichts beschreiben kann.
Was ist temporär? Eine Sekunde? Eine Stunde? Ein Tag. Denk an das Beispiel mit der banküblichen Verzinsung. Die Banken könnten die Zinsen nach jeder Sekunde bereits draufschlagen. Bisher tun sie's"nur" für jeden Tag.
>"Das System des von mir kreierten"Debitismus" ist absolut geschlossen, leider: Gleichgewicht herrscht dann, wenn in Höhe der nicht an der Kreislauf in Form von Faktorkostenentlohnung abgegebenen (und damit nicht existenten) Nachfrage just in der Höhe dieses"Minus" zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
>Oder die Zentralbank diesen Prozess simuliert.
Die muss dazu nichts simulieren. Die kauft einfach alle Märkte so lange leer, bis alle Vorschuldner zufrieden nach Hause gehen. Dann - siehe oben - haben wir die Komplett-Perversion des"gesetzlichen Zahlungsmittels". Und - wie gesagt - die Hyperinflation. Und jeder würde produzieren wie und was er will. Er muss ja nicht mehr auf Märkte Rücksicht nehmen. Aber eben - Hyperinflation. Und zum Schluss - siehe 1923 - wird jeder, der mit einer Banknote daher kommt, ausgelacht. Das Papier kann er selbst bedrucken (sprat ebenfalls zeit).
>"Die zusätzliche Verschuldung ist es auch, die das System vorwärts treibt. Denn jetzt müssen die Nachschuldner ihrerseits wieder entsprechende Nachschuldner finden. Und so immer weiter...
>Damit ist der Kapitalismus enträtselt, seine Aporie und seine Dynamik zugleich."
>100 % Zustimmung.
Vielen Dank. Wir kommen voran.
>
>>3.) Heinsohn und Steiger sehen Geld als Anspruch auf Eigentum. Auch wenn das historisch sicherlich richtig ist, so fragt sich dennoch, ob sich damit erstens eine Eigentümerwirtschaft, wie wir sie heute vorfinden, erklären lässt und zweitens, ob man der Neoklassik damit Paroli bieten kann. Denn das Argument der Vertreter einer Theorie der Geldwirtschaft gegenüber der Neoklassik ist, dass dort jedes mögliche Gut Geld sein kann (Beispiel: Gold oder Muschelgeld). <
>"Nein. Muschelgeld schon Mal gar nicht. Das ist reines Rechengeld. So was wie ein Abacus. Auch das kapiert die traditionelle Ã-konomie nicht. Ein wissenschaftlicher Skandal übrigens. Und ich kenne mich in der Geldgeschichte allerbestens aus."
>Aber das ist doch gerade mein Punkt beziehungsweise der entscheidende Punkt der Berliner. In der Neoklassik kann jedes Gut Wertmaßstab sein. Deshalb beschreibt sie auch keine Geldwirtschaft, sondern eine Gütertauschwirtschaft. Doch wie dem etwas entgegensetzen??? Ich behaupte, das geht nur dann, wenn man das Geld von den Güter gedanklich abkoppelt. Doch das schaffen Heinsohn und Steiger aus meiner Sicht nicht.
Mag sein. Es ist eh kompliziert genug. Aber es gibt keine Gütertauschwirtschaft (ich betone: WIRTSCHAFT!) und es hat sie historisch auch nie gegeben (wir reden jetzt nicht vom"Stechen", siehe Grimms Wörterbuch). Wie sollten auch Güter, die dann getauscht werden sollen, hergestellt werden, wenn nicht über Vorfinanzierung (ich hatte Mal das Beispiel"Obolos" gebracht, nicht gelesen? Obolos = Münze und Obolos = Lanze; wer hat sie wohl hergestellt die Lanzen und womit hat er die Arbeiter bezahlt, denke an Sokrates, der an einer Schwertfabrik beteiligt war).
>
>"Geld ist Schuldendeckungsmittel, sonst nichts. Güter eigne ich mir nicht mit Geld an (das tun Räuber mit der Pistole), sondern ich erwerbe Eigentum an ihnen, nachdem ein schuldrechtlicher Kontrakt so abgewickelt wurde (muss ja nicht gegen Geld sein!), dass der bisherige Eigentümer via Einigung und Übergabe sein Eigentum überträgt."
>Alles Geld entsteht aus dem Kredit, ist jedoch selbst kein Kredit. Kannst du diese Sichtweise akzeptieren?
Alles Geld...: Richtig. Kann aber auch Kredit sein, zum Beispiel kann ich Dir einen Hunni leihen und Dich bitten, mir genau diesen (!) zurückzugeben. Dann wäre auch das mit der Liquiditätspräferenz aus der Welt.
>>Um eine Dominanz der Geld- über die Gütersphäre abzuleiten, muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Gütereben lösen. Doch genau das schaffen Heinsohn und Steiger nicht, da hier stets das Eigentum über die Entstehung und Nichtentstehung des Geldes entscheidet.
>Es geht immer nur um die Fragen: Werden Kontrakte eingegangen und werden sie erfüllt? Wie und was und womit ist völlig wurscht. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, w a s prouziert wird. Es muss nur dazu dienen, auf dem Markt (= Ort wo ich Schuldendeckungsmittel einsammle) die benötigte Nettoneuverschuldung in Gang zu bringen.
>Am Abend eines jeden Markttages sind daher zwangsläufig mehr Schulden in der Welt als am Morgen (vorausgesetzt, der Markt wird geräumt).
>Das ist sicherlich ein gutes Bild. Doch ist das wirklich zwangsläufig? Denn der Bestand an existierten Vermögenstiteln ist immer größer als die notwendige Neuverschuldung. Die Zentralbank hat damit also die Möglichkeit, diesen Prozess ohne Geldverschlechterung vorzufinanzieren.
Nicht die Zentralbank finanziert vor. Niemals! Sie diskontiert nur bereits vorfinanzierende Papiere. Es sei denn die Zentralbank kauft unter Missbrauch ihres Notenmonopols alles auf (siehe oben).
Die Vermögenstitel gehören da überhaupt nicht hin. Vermögenstitel sind ja nur dann welche, wenn es bereits Geld gibt, denn sonst wären sie ja nicht zu"bewerten" (in was auch?). Und damit sind wir wieder beim Geld. Und damit bei den Schulden und damit bei der Finanzierung, usw.
>>4.) Diesem Konzept wird nun das der Liquiditätspräferenz gegenübergestellt, das ich jedoch auch nicht unproblematisch sehe.
>"Liquiditätspräferenz ist, wie richtig vermutet, nicht nur problematisch. Und zwar so sehr, dass ich erst Mal jemand sehen möchte, der eine solche Präferenz auch leibhaftig hat (die Phase der Defla Mal ausgenommen, wo ich Cash halte, weil die Preise fallen und ich alsbald billiger kaufen kann und Cash, weil ich nicht weiß, wie lange meine Bank noch auf ist). Aber vielleicht können die Herren Professoren Mal einen solchen Marktteilnehmer vorführen?
>Ich betone noch Mal: Kein Mensch hält Liquidität (z.B. Bargeld oder Girokontenauszug), um sie sich anzuschauen (die Scheine und die Kontenauszüge)."
>Hier bin ich allerdings völlig anderer Meinung - und verstehe gar nicht, warum du gegen diesen Punkt so angehst? Ich behaupte, jeder Marktteilnehmer steht täglich vor dieser Entscheidung: Soll ich mein Vermögen in Geld halten oder Wepas kaufen (Kusrisiko) oder reale Investitionen tätigen (an even higher risk). Dadurch bestimmt sich der Zinssatz. Warum kannst du dem nicht zustimmen? Das berührt doch dein System ansonsten gar nicht.
Jeder Marktteilnehmer steht täglich...? Ja, sicher. Aber wo hat er denn sein Geld? Doch nicht gehortet unter der Matratze oder in Rahmen gehängt in seinem Zimmer. Er hat es doch angelegt (und sei's zum Miniminiminizins bei der Bank). Wenn er sein Geld"abhebt", ist das ja nicht weg, sondern wird einem anderen zugebucht. So geht's immer. Aber was Du meinst, ist die unterschiedliche Frist (plus Risiko) von Anlagen. Da kann ich rummachen wie ich will. Aber ich halte doch niemals Liquidität als solche. Netto.
Und die Liquipräferenz-Theorie kommt erst Recht ins Schwitzen, wenn wir eine inverse Zinskurve haben. Dann kostet Tagesgeld 20 % und am langen Ende gibt 10 %. Was ist denn dann mit der Liquipräferenz?
>In Erwartung der Antwort die besten Grüße
>BN
Antwort da (krieg jetzt doch 'nen Schreibkrampf ;-)
Besten Gruß
d.
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