Hi Bernd -
man sieht, es lichtet sich. Vielen Dank für Deine Mühe.
Jetzt aber weiter (ich weiß, es ist quälend):
>Wir verfügen doch über einen Vermögensbestand, der zu Konsumzwecken eingesetzt werden kann. Und genau dadurch entsteht dann das Einkommen, welches bei dir fehlt.
Woher kommt aber der"Vermögensbestand"? Es kann sich ja wohl nur um produziertes Vermögen handeln (selbst Ernten müssen eingefahren werden; wir leben ja nicht auf freiem Feld).
Und bei jeder Produktion gilt eben das von mir bereits aufgetischte Problem: Sie muss vorfinanziert werden. Vermögen entsteht nicht aus sich selbst heraus. Das ist doch nicht wieder der alte Paradies- oder Schlaraffenlandgedanke, wo einem die gebratenen Tauben ins Maul fliegen? (Ich weiß, Ã-konomen wollen immer die Welt verbessern, auch dort, wo sie nun Mal nicht zu verbessern ist).
Also: Wer hat die Tauben gefangen? Wer sie gebraten? Wer hat die Leute bezahlt und womit, die das erledigt haben?
Es gibt kein Vermögen das zu Einkommen werden könnte. Wenn Du eins hast, nenne es mir bitte und erkläre wie. (Wir reden jetzt nicht vom gefüllten Keller, in den wir gehen können, wenn wir Hunger haben; das ist Vorratshaltung bzw. Horten - das natürlich auch wieder die berühmte Produktion plus Vorfinanzierung voraussetzt).
>Und die verstreichende Zeit? In Periode 1 ist der Output 100, die Ersparnis 0 und der Konsum 100. Und in Periode 2 der Output 110, die Ersparnis 0 und der Konsum 110.
Wie komme ich wohl zum Mehr-Output in Höhe von 10 (110-100)? Der entsteht doch nicht aus heiterem Himmel. Er muss zusätzlich (!) erarbeitet werden. Denn wäre er schon in Periode 1 vorhanden, wäre er ja schon in Periode 1 = 110. Dieses Mehrprodukt setzt aber entweder voraus, dass alle mehr arbeiten (warum sollten sie es tun, wenn sie doch bisher mit 100 ausgekommen sind?). Oder eine Investition, die das Mehrprodukt schafft (Fabrik, Rationalisierung). Dann bist Du wieder beim Problem: Wer und was hat diese Investition finanziert?
>Und hierzu hat die Zentralbank im Zuge von Offenmarktkäufen die Geldmenge um 10 Einheiten erhöht.
Was kann die Zentralbank ankaufen, wenn nichts investiert wurde (wie in Deinem Beispiel), es also keine Schuldtitel gibt, die diese Investition finanziert haben? In einer Gesellschaft mit Ersparnis 0 gibt es keine Guthaben und ergo auch keine Schulden (oder vice versa). Und wenn es keine Schulden gibt, gibt es auch keine Schuldtitel. Und wenn es die nicht gibt - was kauft die Zentralbank dann an mit ihren OM-Geschäften?
Die Zentralbnak kann niemals die Geldmenge als solche erhöhen. Sondern sie kann nur dann die Geldmenge erhöhen, wenn sie zusätzliche Schuldtitel reinnimmt. Das aber ist bei Ersparnis 0 in Periode 1 und 2 schlechterdings unmöglich.
>Das ist natürlich nur ein rudimentäres Modell, doch wo ist das Problem der Stagnation?
Das ist kein Modell, weil es sich logisch nicht erschließt. Und was das mit Stagnation zu tun hat, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Solange es Schulden (Ersparnisse) gibt, gibt es Zinsen und solange in Höhe dieser Zinsen zusätzliche Schulden gemacht werden, die ihrerseits den Schuldner unter Zwang setzen, mehr produzieren zu müssen, kann es keine Stagnation geben.
>
>>4. Um dieses Gap zu schließen (= in diesem Zeitablauf anfallende Zinsen aufgrund der Vorfinanzierung bzw. der gewünschte Gewinn), muss also zusätzliche Nachfrage auftauchen. Die wird durch zusätzliche Verschuldung in die Welt gesetzt, die jeder in die Welt setzen kann (vorausgesetzt er hat Sicherheiten zu bieten; Sicherheiten können Einkommenströme aus Sachen sein, z.B. Felder oder auch künftige Einkommen aufgrund von Arbeitsverträgen usw., siehe die berühmte"Kontenüberziehung").
>Muss das mit Verschuldung zu tun haben? Denn in gleicher Höhe entsteht Einkommen.
Ja. Aber erst (!) kommt die zusätzliche Verschuldung, dann erst kann sie zu zusätzlichem Einkommen werden. Ich überziehe zuerst mein Konto, dann erst kann ich das Geld beim Griechen ausgeben und ihm damit zu Einkommen verhelfen.
>>6. Dies funktioniert ohne und mit Zentralbank, selbstverständlich auch ohne Geld in Form von Münzen, vgl. den vormünzlichen Kapitalismus im Vorderen Orient.
>Es funktioniert in einer Geldwirtschaft mit Zentralbank aber anders.
Wieso"anders"? Abgesehen davon, dass es auch Geldwirtschaften ohne Zentralbank gibt. Die ist völlig nebensächlich und wird erst dann virulent, wenn sie Unfug treibt.
>>7. Zentralbanken gewähren nie Kredit, sondern sie machen nur bereits vorhandene Schulden (= Kredite) umlauffähig.
>Auch das akzeptiere ich, obwohl sie dann, wenn sie Gold ankaufen, doch einen Kredit gewähren. Und bei Devisen zumindest binnenwirtschaftlich das auch tun.
Fall A: Zentralbank kauft mir im Inland 10 Kilo Gold zu 200.000 DM ab. Womit? Mit frisch gedrucktem Geld. Aktivseite der ZB: Goldposition steigt um 200.000, Passivseite steigt um 200.000 (nämlich um die neu gedruckten Banknoten, die die ZB passieren muss.
Fall B: Zentralbank kauft im Ausland für 1 Mio Gold an. Womit: Mit Devisen (Dollarforderungen). Aktivseite bleibt gleich. Statt Dollar steht jetzt Gold in gleicher Höhe. Passivseite bleibt auch gleich, da kein neues Bargeld der ZB in Umlauf kommt.
Wo, um Himmels Willen, ist da der"Kredit"?
Fall C: ZB kauft Devisen an. Aktivseite verlängert sich, Passivseite genauso. Ende.
>>9. Es gibt keine Liquiditätspräferenz in dem Sinne, dass jemand Liquidität als solche begehrt. Braucht er Liquidität, dann stets zur Abdeckung bereits vorhandener Kontraktschulden bzw. für die Erledigung der von ihm als sicher oder möglich auf ihn zu kommenden Kontraktschulden (ich stecke mir Liquidität ein, weil ich einkaufen gehe, weiß aber noch nicht, was ich kaufen werde).
>Das hier ist der Knackpunkt. Für dich sind wir alle verschuldet (Urschuld). Das ist auch eine gute Metapher, doch dominiert dieses Prinzip das Wirtschaften??? Hier sage ich ja, verlässt du den Konsens - und es fällt mir schwer zu folgen. Siehe nächster Punkt.
Das erklärt, warum wir wirtschaften, jawohl. Entweder per Stammes- oder Einzelhofwirtschaft (= Urschuld arbeiten wir laufend selbst ab). Oder per den sich aus der Urschuld (siehe oben und von Dir konzediert) ergebenden Kontraktschulden, die ich nur eingehe, wenn ich mit der Urschuld, dem Abtragen des Ur-Solls nicht mehr klar komme. Welcher Konsens wird da verlassen?
>
>>10. Geld gibt es nicht netto. Es ist immer zwei Mal verbucht.
>Das ist der noch entscheidendere Punkt. Natürlich gibt es dann Netto-Geld, wenn ich die Zentralbank herausrechne.
Nein. Nimm als Geld einen Wechsel. Mit dem kann ich bezahlen, also muss es Geld sein. Der Wechsel kennt Gläubiger und Schuldner, ist also niemals netto in der Welt.
>Und das ist ja aus meiner Sicht gerade der Schlüssel zum Verständnis. Denn der private Sektor muss sich diesen Geldveränderungen anpassen.
Ja, wer verschuldet ist, muss diese Schuld verzinsen und tilgen. So passt sich der private Sektor an.
>Natürlich gestaltet er diesen Prozeß auf dem Geldmarkt auch mit.
Ja, klar.
>Und natürlich begehren viele Liquidität als solche. Weil sie ist der Wertmaßstab, der keinem Kursrisiko unterliegt.
Auch das Girokonto kennt kein Kursrisiko. Das Girokonto - ist das Deine"Liquidität"? Wenn ja, dann muss ich sagen, es gibt sie logischerweise nicht netto, da in Höhe meines Habens die Bank mir gegebenüber im Soll steht.
Was wäre also"Liquidität als solche"? (Banknoten können es aus dem noch und noch beschriebenen Gründen nicht sein, da sie eine Schuld der Zentralbank sind - dort auf der Passivseite verbucht).
>>13. Erlischt das Wirtschaften (= keiner stellt mehr Wechsel aus), verschwindet auch alles Zentralbankgeld. Dies gilt auch für jene Notenbanken, die statt Wechsel Staatspapiere zur Unterlegung ihrer Geldemission akzeptieren: Dann verschwindet deren Geld, sobald alle Staatsschulden getilgt sind.
>Ja, aber wenn die Zentralbank dieses nicht will, dann passiert das auch nicht. Denn sie kann stets auf das existierende Vermögen zurückgreifen.
Wie sollte Vermögen bewertet sein, wenn es kein Geld gibt, da alle Wechsel und alle Staatsschulden verschwunden sind und ergo keine Banknoten mehr umlaufen können (die besagten Mini-Mengen - Kopfgeld und gegen Gold ausgegebenes - ausgenommen)?
Und wenn ich Vermögen (das kein Preisschildchen mehr hat) nicht bewerten kann, in welcher Höhe sollte ich es wohl beleihen?
>Selbst wenn Siemens nicht mehr wirtschaftet, haben Siemens-Anleihen (aufgrund der Vermögenswerte der Firma) noch einen Wert.
Wenn Siemens nicht mehr wirtschaftet, können seine Anleihen auch keinen Wert mehr haben. Denn womit sollten denn die Zinsen auf die Anleihen verdient werden?
>Dein Fall ist der Extremfall, doch weder allgemeingültig noch zwangsläufig. Für mich stellt das eine tolle partielle Einsicht beziehungsweise Gedankenübung dar. Doch ich kann darauf keine Gesamttheorie des Wirtschaftens gründen.
Das ist nicht der Extremfall, sondern bloß die Grundlage. Allgemein gültig, Ausnahmen gibt es nicht. Die angewandte doppelte Buchführung auf das sog. VWL-Modell.
Wenn dies keine Wirtschaftstheorie ist, obwohl sie alles Wirtschaften hinreichend erklärt, dann weiß ich auch nicht. Wie erklärt denn Deine"Gesamttheorie des Wirtschaftens", warum gewirtschaftet wird und nicht vielmehr nicht? Jetzt bitte nicht mit Bedarf oder Bedürfnissen kommen, denn dies setzt wiederum etwas bereits Produziertes voraus, für das ich Bedarf habe.
>
>>14. Zahlungen sind immer Schuldnerwechsel. Die Summe der Schulden verschwindet erst mit der Summe der Kredite. Diese erlöschen, sobald sie endgültig bedient sind.
>Aber die Zentralbank ist im ökonomischen Sinne kein Schuldner!!! Wer also eine Zentralbanknote weiterreicht, ist seine Schulden endgültig (!) los.
Er ja. Aber die Gesamtsumme der Schulden ist damit um keinen Pfennig kleiner geworden. Und dass die Zentralbank ein Schuldner ist, ergibt sich mit zwingender Logik aus deren Bilanz: Alle Banknoten, alles ZB-Geld, werden dort passiviert und auf der Passivseite (= Soll) stehen nun Mal die Schulden. Selbst der Gewinn wird dort bekanntlich verbucht, weil er eine Schuld gegenüber den Eigentümern der Unternehmung (oder auch der ZB) ist.
>>15. Womit wir wieder bei der Urschuld wären: Letztlich verschwinden alle Schulden also per Konsum (= Nahrung, Wohnung, oder andere als definitiv zur Abtragung der Urschulden aller Beteiligten akzeptierte Leistungen).
>Jetzt begreife ich: Natürlich, wenn nur noch unsere Urschuld, uns zu ernähren bleibt, weil alles andere bereits saldiert ist, dann kann diese Schuld nur durch Konsum (Happi, happi) untergehen. Doch das bestimmt doch nicht unser ökonomisches Prinzip?
Doch deshalb - nur deshalb - wirtschaften wir: Um am Leben zu bleiben. Egal ob es ein Leben mit Wasser und zu Fuß oder eins mit Champagner und im Ferrari ist.
>>War es wirklich so schwer, dem zu folgen?
>Nein, es ist jetzt viel klarer. Aber es ist und bleibt eine völlig andere Welt. Und ich frage mich, wie wir uns verständigen wollen, wenn der eine zu dem Ding auf dem Tisch"Zuckerdose" und der andere"Mysotenopse" sagt?
Wieso können wir uns nicht verständigen? Wir arbeiten doch mit ganz genau den selben Versatzstücken: Menschen, Leben, Zeit, Sparen, Guthaben, Schulden, Zinsen, Geld, Banknoten, Zentralbank, wirtschaftliche Dynamik, usw. Komisch, dass bei mir alles paßt.
Dein Witz war übrigens gut.
Besten Gruß
d.
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