-->>Auch in Vietnam hat es viele Jahre gedauert, bis der Abzug nach Hause
>der letzte Ausweg wurde. Man kann vermutlich mit einer Wiederholung rechnen!
Denn wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde mehr. Victor Ostrovsky in"Der Mossad":
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In der Empörung über das Gemetzel und die israelische
Rolle dabei nahmen die Auseinandersetzungen zwischen
Reagan und Begin an Schärfe zu. Ende Oktober schickte
Reagan 1200 US-Marineinfanteristen nach Beirut zurück, das
sie erst 19 Tage zuvor verlassen hatten. Sie verstärkten nun
die 1560 französischen Fallschirmjäger und 1200 Italiener der
zweiten Friedenstruppe.
Die ganze Zeit über arbeitete die Mossad-Station in Beirut auf
Hochtouren. Einer ihrer Informanten war ein »Stinker« - das
ist ein jiddischer Ausdruck, mit dem in Israel ein Informant
bezeichnet wird (im Sinne des englischen Begriffs »stool
pigeon« = Lockvogel). Der »Stinker« hatte Zugang zu einer
Beiruter Autowerkstatt, die sich auf das Präparieren von Autos
für Schmuggelunternehmungen spezialisiert hatte. Viele
israelische Militärangehörige schmuggelten zum Beispiel
zollfreie Videogeräte und Zigaretten aus dem Libanon nach
Israel und machten dort riesige Profite, weil in Israel solche
Dinge mit 100 oder 200 Prozent Zoll belegt werden. Der
Mossad wiederum gab der israelischen Militärpolizei
zweckdienliche Hinweise, so daß viele Schmuggel-Versuche
aufflogen.
Im Sommer 1983 berichtete der erwähnte Informant dem
Mossad von einem großen Mercedes-Lastwagen, der von den
Schiiten mit Hohlräumen ausgestattet wurde, in denen Bomben
untergebracht werden könnten. Er sagte, diese Fächer seien
sogar größer als normalerweise in einem solchen Fall. Das
könne nur bedeuten, daß man ein größeres Zielobjekt im Auge
habe. Der Mossad wußte, daß sich für ein mögliches Attentat
nur wenige große Ziele anboten - eines davon das
Hauptquartier der US-Marines. Nun war die Frage, ob man die
Amerikaner vor einem Lastwagen bestimmter Bauart warnen
sollte oder nicht.
Die Entscheidung war zu wichtig, um in der Beiruter
Station getroffen zu werden. Sie wurde deshalb an Tel Aviv
weitergereicht, wo Admony, der damalige Mossad-Chef,
entschied, daß man den Amerikanern nur die normale,
allgemein gehaltene Warnung zukommen lassen sollte, einen
vagen Hinweis, daß man Grund hätte zu glauben, gegen sie sei
möglicherweise eine Operation geplant. Aber das klang
wirklich so allgemein und nichtssagend wie eine
Wettervorhersage. Es war unwahrscheinlich, daß daraufhin ein
besonderer Alarm ausgelöst oder die Sicherheitsvorkehrungen
erhöht werden würden. Beispielsweise gab es in den sechs
Monaten, die dieser »Nachricht« folgten, mehr als 100
Warnungen vor Angriffen mit Autobomben. Also würde eine
mehr oder weniger dieser Art die amerikanische Sicherheitsbereitschaft
nicht erhöhen.
Admony erklärte seine Weigerung, den Amerikanern genauere
Informationen zukommen zu lassen, mit den Worten:
»Wir sind nicht dazu da, die Amerikaner zu schützen. Die sind
ein großes Land. Schickt einfach die normale Information.«
Gleichzei t ig ging jedoch an alle israelischen Stellen in
Beirut die exakte Beschreibung des Mercedes-Lkw, verbunden
mit einer entsprechenden Warnung.
Am 23. Oktober 1983 näherte sich morgens früh um 6.15
Uhr ein großer Mercedes-Lastwagen dem Beiruter Flughafen,
passierte in Sichtweite die israelischen Wachen der nahe
gelegenen Basis, durchfuhr einen Kontrollpunkt der
libanesischen Armee und bog nach links auf einen Parkplatz
ein. Ein Wachtposten der Marines schrie noch, daß der
Lastwagen Gas gab, aber trotz der Beschießung durch einige
Wachen raste der Lkw schon auf den Eingang der
vierstöckigen, aus armiertem Beton erbauten Abfertigungshalle
zu, in der das Hauptquartier des 8.
Marineinfanterie-Batai l lons untergebracht war. Er durchbrach
das schmiedeeiserne Tor, überfuhr einen Wachtposten hinter
Sandsäcken, durchschlug eine weitere Barriere und krachte
durch eine Mauer aus Sandsäcken in die ebenerdige Halle.
Dort explodierte der Lkw mit furchtbarer Gewalt und legte das
ganze Gebäude in Schut t und Asche.
Wenige Minuten später raste ein anderer Lastwagen in das
Hauptquartier der französischen Fallschirmjäger in Bir Hason,
ein Gebäude, das am Meer inmitten eines Wohngebiets liegt,
keine drei Kilometer von dem US-Gelände entfernt. Die
Gewalt der Explosion war so groß, daß das ganze Gebäude um
zehn Meter zur Seite rutschte. 58 Soldaten starben.
Der Tod von 241 US-Marines, von denen die meisten zum
Zeitpunkt der Explosion noch in ihren Betten schliefen, bedeutete
für die Amerikaner den höchsten Verlust an einem
einzigen Tag seit den 246 Toten in Vietnam zu Beginn der Tet-Offensive
am 13. Januar 1968.
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