-->hola Emerald,
ich habe für dich einen sehr informativen Bericht über Marokko gefunden, der dir angesichts deiner schon mal geäußerten"Auswanderungs-Gelüste" auf dieses schöne, aber doch immer noch arabische Land, ein paar Kratzer auf das schöne Bild machen werden.
Ich hatte dir meine Bedenken nach vielen Aufenthalten dort schon angemeldet.
Fazit: Urlaub ja sehr empfehlenswert - dann aber schnell wieder nach Europa...... und wenn es nur vor die marokkanische Küste ist......
adios y
buenas noches
Dieter Koenig
Majestätsbeleidigung steht über dem Bericht, der in der WELT zu finden war
Die Pressefreiheit hat auch in Marokko enge Grenzen - wenn es um König, Religion und Land geht
von Nikolaus Nowak
Sechs Wochen lang hatte Ali Lmrabet die Nahrungsaufnahme verweigert, sich fast zu Tode gehungert in seiner Gefängniszelle, später in einem bewachten Krankenzimmer in Marokkos Hauptstadt Rabat. Nun hat der Journalist seine Aktion abgebrochen, überredet von Prinz Mouley Hisham. Der Cousin von Marokkos König Mohammed VI. gilt im Lande als missliebiger Mahner für mehr Reformen und hat somit dem widerspenstigen Journalisten die Gelegenheit gegeben, sein Gesicht zu wahren. Ein Sieg ist das nicht, wohl aber hat Lmrabets Protest weltweit für Aufsehen gesorgt und den Blick gerichtet auf den Konflikt zwischen Staatsmacht und Presse in einem arabischen Land.
Lmrabet, Ex-Chefredakteur zweier aufmüpfiger Wochenblätter, war aus Protest gegen die indirekte Schließung seiner Publikationen in den Hungerstreik getreten. Nach jahrelangen Scherereien mit den Behörden und einer - ausgesetzten - mehrmonatigen Haftstrafe Ende 2001 fand Lmrabet keinen Verleger mehr, offenbar nach erheblichen Pressionen der marokkanischen Regierung."Ich mache weiter, notfalls vom Gefängnis aus", sagte er der WELT. Jetzt wurde Lmrabet in zweiter Instanz zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe von umgerechnet 2000 Euro verurteilt, unter anderem wegen Beleidigung des Königs. Er hatte ein Interview eines marokkanischen Republikaners nachgedruckt, der sich gegen die alawitische Krone und die Zugehörigkeit der ehemals spanischen Kolonie Westsahara zu Marokko aussprach.
Nicht nur damit hatte Lmrabet Tabus gebrochen, er publizierte auch Details über das offiziell bekannte, aber verschwiegene Budget des Hofes, dazu Karikaturen seiner Majestät. Interventionen von Journalistenverbänden, Amnesty International und sogar der spanischen Regierung hatten keinen Freispruch zur Folge. Nur eine Begnadigung durch den König kann die Strafe aussetzen.
Dabei ist Lmrabet nicht der Einzige, der die"Ligne jaune", die"gelbe Linie" des Tabubruchs konsequent überschritt.
Auch Abubakr Jamai, Chef von"Le Journal" und"Assahifa", musste vor drei Jahren schließen und hinter Gitter, als er Verstrickungen von Mitgliedern der damaligen sozialistischen Regierung in den Staatsstreich von 1972 veröffentlichte. Jetzt belangt die Staatsanwaltschaft den Chefredakteur Mustafa Alaoui des Blattes"Al Usbue", weil er ein Bekennerschreiben im Zusammenhang mit den Attentaten vom 16. Mai in Casablanca veröffentlichte.
Die neue Rigidität war erwartet worden, nachdem die zwölf Selbstmordattentäter in Casablanca 31 Menschen, darunter acht Europäer, mit in den Tod gerissen hatten. Keine zwei Wochen später kündigte König Mohammed im Fernsehen das"Ende der Laxheit" an:"Jetzt ist Schluss mit der Nachsicht gegenüber allen, die die Demokratie nutzen, um Hass, Fanatismus und Zwietracht zu säen, und die allgemeine Sicherheit bedrohen."
Damit waren zunächst die organisierten Islamisten gemeint, die sich von jeder Gewalt zwar distanzieren, bei den Attentätern und ihren Hintermännern aber als"Einstiegsdroge" fungierten. Doch auch die Presse muss sich von der königlichen Drohung betroffen fühlen: Ã-ffentliche Debatten - auch wenn sie bei der hohen Analphabetenrate nur innerhalb einer Elite geführt werden - und Fragen nach der Machtarchitektur rüttelten an den Fundamenten des Königreiches: Marokko ist ähnlich wie die meisten islamischen Staaten auf den drei Säulen Herrschaftsanspruch, religiöse Führung und Territorialfrage aufgebaut.
Damit ist die Person des Königs tabu, ebenso wie ihr Monopol auf die Moscheen, denn die Monarchie führt sich in direkter Linie auf den Propheten zurück. Die Territorialfrage fokussiert die De-facto-Annexion der Westsahara, die bereits der 1999 verstorbene König Hassan II. als integralen Bestandteil seines Reiches definierte.
Die zaghaften demokratischen Reformen, die Hassan 1998 mit seinem"Alternance"-Projekt ("Wandel") anstieß und die zunächst einen großen Erwartungsschub auslösten, gelten damit nur für Bereiche außerhalb der drei Glaubenssätze König, Islam und Westsahara. Auch die Meinungsfreiheit der Presse gilt nur innerhalb klar gezogener Grenzen, und man mag sich fragen, ob die offene Debatte nach europäischen Kriterien mehr Sicherheit und Freiheit bringen würde. In Marokko hat sich ebenso wie in der gesamten arabischen Welt ein demokratisches Selbstverständnis - wenn überhaupt - nur bei dem schmalen städtischen Bürgertum vollzogen.
Die soziale Ungerechtigkeit, die Bildungsmisere und die Unterentwicklung auf dem Land treiben auch hier die Jugendlichen scharenweise in die Arme der islamistischen Vereinigungen. Gleichzeitig ist die Angst vor"algerischen Zuständen" und der Erinnerung an die abgebrochenen Wahlen Anfang der neunziger Jahre, aus denen die Islamistische Heilsfront (FIS) als Sieger hervorzugehen drohte, so präsent, dass auch weite Teile des Bürgertums lieber die Einschränkung der Freiheiten als den freien Fall in Bürgerkriegszustände hinnehmen würden. Diesen stillschweigenden Konsens bekommen nun"Enfants terribles" wie Lmrabet am eigenen Leibe zu spüren.
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