-->Viel Futter für den Amtsschimmel
von Bernd Niquet
Die Börse spekuliert auch in dieser Woche auf eine Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft. Eine große Rolle wird in diesem Zusammenhang dem Vorziehen der Steuerreform zugeschrieben.
Oje, wie verzweifelt müssen die Bullen an der Börse sein, um auf solch ein hölzernes Pferd zu setzen? Ich glaube, die wirklichen Probleme sitzen ganz woanders. Sie sitzen viel tiefer. Mit solchen Reförmchen wird man die Wirtschaft genauso wenig ankurbeln wie man das Gesundheitssystem mit zehn Euro Praxisgebühr rettet.
Unsere Probleme sind struktureller Natur. Es ist der Amtsschimmel, der uns alle in den Keller befördert.
Meine These zu unserer wirtschaftlichen Malaise lautet: Jeder, der noch einigermaßen bei Verstand ist und über etwas Geld verfügt, investiert dieses Geld lieber an den Finanzmärkten als in der Realwirtschaft, weil Finanzmärkte klar und übersichtlich sind. Hier weiß jeder, woran er ist.
Während er sich bei jeder realen Investition in die unberechenbaren Fänge der Bürokraten und damit in die Hände der Totengräber der deutschen Wirtschaft begibt: Finanzamt, Gewerbeamt, IHK und ihre hundertfachen Gesinnungsgenossen. Wer einem hier alles Knüppel zwischen die Beine werfen wird, weiß im Vorhinein niemand. Für den rationalen Investor sind das unkalkulierbare Risiken.
Wer schon einmal eigenständig die diversen Steuererklärungen abgegeben hat, die für eine lächerliche GmbH in jedem Jahr angefertigt werden müssen, oder wer als Freiberufler schon einmal ein Statusfeststellungsverfahren mitgemacht hat, wird wissen, wovon ich rede. Und wird folglich sein Geld so weit weggeschafft haben, wie es irgend geht.
Das Resultat können wir derzeit in unserer Wirtschaftswirklichkeit beobachten. Das Volumen der Finanzmärkte schwillt immer weiter an. Der Staat und die großen Unternehmen emittieren Anleihen wie wild - und die Besitzer von Geldvermögen kaufen sie mit Kusshand. Denn besser ein solides Zinseinkommen als dem Amtsschimmels zu überlassen, was die Zukunft bringen wird.
Die Realwirtschaft kommt dabei natürlich nicht vom Fleck, und es ergibt sich das, was ich die"Orientalisierung der deutschen Wirtschaft" nenne. Auf der einen Seite der Staat und die Großunternehmen, die Herrscher von Gottes Gnaden, und auf der anderen lauter Habenichtse, die weder über Geld noch über einen Job verfügen und sich derart auf den Basaren des Landes verdingen müssen.
Den Börsen und Finanzmärkten wird daher nicht nur trotz der Wirtschaftskrisen, sondern gerade wegen der Wirtschaftskrisen eine glänzende Zukunft bevorstehen.
Und schaut man einmal über den Atlantik, dann sind der Phantasie überhaupt keine Grenzen mehr gesetzt. Denn Unternehmen wie Fannie Mae, so etwas fehlt hier zu Lande noch - ein paar staatsnahe Unternehmen, die gleich den ganzen Basar aufkaufen, um ihn anschließend zu verbriefen und den Anlagesuchenden als Anleihe aufs Auge zu drücken. Das wäre echte Problemlösungskapazität.
<ul> ~ original hier</ul>
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