-->Hallo,
War da was die letzten 2 Tage? Mich beschleicht ein merkwürdiges Gefühl.
In den Börsenforen riecht es nach Börsencrash, die Verschuldungsproblematik und die die Bubble-Metastasen der amerikanischen Wirtschaft werden immer absurder - oder bösartiger wie der Onkologe sagen würde...
Die Russen sprechen von Erstschlag. Die EU macht sich genau die »Bedrohungsanalyse« zueigen, welche der Weltmacht USA als Begründung für ihren globalen »Krieg gegen den Terror« dient.
Nordkorea hat jetzt ganz offiziell Atomwaffen und bereitet mal kurzerhand 8000 abgebrannte Kernbrennstäbe zu Plutonium auf.
Was ist aus all den Vorstellungen & Wünschen geworden, die uns das »Informationszeitalter« gebracht hat? Wir sind ja jetzt alle so informiert! Die einen mehr, die anderen weniger...
Einen Dank an das gesamte Forum. Hier werden Zusammenhänge diskutiert.! [img][/img]
Als kleines Schmakerl zum Feiertagsausklang, hier ein Auszug aus Leopold Kohr:
„Das Ende der Großen - Rückkehr zum menschlichen Maß",1957 erstmals unter"THe Breakdown Of Nations" publiziert.
Kapitel VI Der individuelle und der Durchschnittsmensch
Ähnlichkeiten mit heutigen Zuständen sind rein zufällig und waren nicht die Absicht des Autors...
Gruß
Stephan [/i]
"Der Durchschnittsmensch
Die Hauptgefahr für den Geist der Demokratie in einer Großmacht entstammt der technischen Unfähigkeit, sich als Mensch informell zu behaupten. In Massenstaaten können persönliche Einflüsse nur fühlbar gemacht werden, wenn sie durch Formalitäten, Formulare und Organisationen gelenkt werden. Diese letzteren, eher als das Individuum, werden zunehmend die wahren Handelnden und Geltendmacher politischer Souveränität, so dass wir eher von einer Gruppen- oder Parteien-Demokratie sprechen sollten als von einer individualistischen.
Als Folge dessen geht das Individuum unter, und an seinem Platz taucht der hochgelobte Durchschnittsmensch auf, von dem Ortega y Gasset geschrieben hat, „er bedeute der Geschichte so viel wie der Geographie die Meereshöhe“. Ein Individuum kann jetzt seine Willen nur mehr in dem Maße durchsetzen, indem es sich diesem mystischen Durchschnitt annähert, und es liegt im Bereich seiner Stärke, ein Durchschnittlicher zu sein, nicht ein Individuum, das seine Wünsche befriedigen kann. In Liechtenstein gibt es keinen durchschnittlichen Bürger. Was der Bürger Berger erhält, ist nicht das was irgendein durchschnittliche Bürger will, sondern präzise das, was der Bürger Berger will.
In einem großen Staat, selbst in einer Demokratie wie der amerikanischen, nimmt alles die Maske des Durchschnittsbürgers an, und was der Bürger Thomas Murphy bekommen kann, ist nur das, was der „Durchschnittbürger“ will. „Irgendwer, der nicht jeder ist“, um noch einmal Ortega y Gasset zu zitieren, „der nicht das denkt was jeder denkt, läuft Gefahr, eliminiert zu werden“.
Aber wer ist dieser mystische, verherrlichte, geschmeichelte, umworbene, berühmte sich-nicht-entschließen-könnende, gesichtslose „Durchschnittsmensch“? Wenn er weder ein Individuum ist, noch alle Individuen ist, kann er nur ein Ding sein, das Repräsentative oder der Reflex der Gemeinschaft, der Gesellschaft, der Massen. Was wir in der individualistischen Fiktion des Durschnittsmenschen anbeten, ist nichts anderes als der Gott des Kollektivismus. Es ist daher kein Wunder, wenn wir vor Emotionen übergehen, wenn wir von einer Regierung hören, die für und durch das Volk regiert. Damit drücken wir unseren Glauben an die Ideale der Gruppen- oder Massendemokratie aus, während wir als wahre Demokraten nichts anderes im Sinn haben sollten als eine Regierung für und durch das Individuum.
So demokratisch aber eine große Macht auch sein mag, so kann sie unmöglich eine Demokratie in der wahren (jedoch nicht originalen) Bedeutung und Größe des Wortes sein - ein Regierungssystem, das dem Individuum dient. Große Mächte müssen der Gesellschaft dienen, und als Folge dessen werden alle ursprünglichen Ideale der Demokratie umgedreht. Ihr Lebensrythmus kann nicht mehr von der Freiheit und dem Spiel zwischen Individuen abhängen. Statt dessen werden sie von Organisationen abhängig. Gute Organisation setzt aber totalitäre Uniformität voraus und nicht demokratische Vielfalt. Ginge jeder Mensch in einem großen Staate seine eigenen Wege, bräche die Gesellschaft bald zusammen. Individuen müssen daher in einige wenige Gruppierungen gebracht werden - wie ein Magnet die Eisenpfeilspäne orientiert; innerhalb dieser Gruppe müssen sie so steif und eng stehen wie die Benützer der Untergrundbahn während der Stoßzeiten, wenn auch diese durch den Zustand der Enge in ein dirigiertes, aufeinander abgestimmtes und „magnetisiertes“ Verhalten gezwängt werden. Der individuell aktive Mensch wird in Massenstaaten durch den passiven Typus-Menschen ersetzt. (Typisch für diese Veränderung ist der Aufstieg solch neuer Symbole: Mutter des Jahres; Baby des Monats. Anmerkung von mir: Mitarbeiter des Monats z.B. Bei McDonalds etc.)
Nichts veranschaulicht diese Umwandlung bedeutsamer als unsere zunehmende Vorliebe für den passiven Ton unserer Sprache. Wir fliegen nicht mehr nach London. Mit einem Hauch von Stolz sagen wir jetzt, dass wir dorthin von einer Regierung oder von einer Luftfahrtgesellschaft geflogen werden. Wir essen nicht mehr, sondern werden abgespeist oder bedient. Wir werden in vielen wichtigen Aspekten mit einem Haus versorgt, unterhalten, in die Schule geschickt, evakuiert - alles durch Mutter Regierung oder Vater Staat. Früher gestatteten wir uns nur als Babys, Invalide oder als Leichen, passiv behandelt zu werden. Jetzt geht man mit uns unser ganzes Leben lang auf diese Weise um, und, statt diesem Umstand Widerwillen entgegenzusetzen, fördern wir ihn sogar. Unsere Intelligenz scheint in diesem Maße kollektiviert worden zu sein, wie es die notwendige Kollektivisierung der modernen Massenstaaten mit sich brachte, und nistete sich in der Regierung ein, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, unser Leben in einem immer größer werdenden Maße zu dirigieren. So schmerzlich wir dies auch empfinden mögen, der Massenstaat lässt uns in dieser Hinsicht keine Wahl. Das Gesetz des Massenlebens ist Organisation, und andere Worte für Organisation sind: Militarismus, Sozialismus oder Kommunismus, welchen Begriff wir auch immer vorziehen.
Dieser Zustand muß notwendigerweise eine fundamentale Veränderung im Blickfeld des Bürgers eines Massenstaates herbeiführen. Indem er andauernd inmitten riesiger Menschenmengen lebt, (man gehe doch einmal zur besten Zeit in eines der Massenzelte des Münchner Oktoberfestes. Anmerkung von mir) ist es nur natürlich, dass er darin Größe zu sehen beginnt, was für den Einwohner eines kleines Staates ein erstickender Alptraum wäre. Er wird von einem Massenkomplex besessen. Er wird von Zahlen beeindruckt und schreit vor Begeisterung, wann immer eine neue Million der Bevölkerungszahl hinzugerechnet wird. Er fällt in dem Irrtum, vor dem Aristoteles gewarnt hat, und verwechselt einen bevölkerungsreichen Staat mit einem großen. Quantität verwandelt sich vor seinem verblendeten Auge plötzlich in Qualität. Plattheiten verwandeln sich, wenn sie von Massen im Chor gesungen werden, in Hymnen. Eine neue rote, blutbefleckte Sonne erhebt sich aus einem feurigen Morgengrauen - die Gemeinschaft, das Volk, die Nation, die Menschheit oder wie immer wir dieses Monster nennen wollen, dessen einziger Existenzbeweis sein wilder Appetit nach Menschenopfern zu sein scheint. Ekstatisch verkündet es, dass das neue Ding, welches sich aus unserem Fleisch gebildet hat, größer ist als die Summe von uns allen, obwohl dieses größere Ding überhaupt nicht schreiben kann, niemals dazu fähig war, auch nur ein einziges Wort auszudrücken, niemals ein Gedicht erfand oder einen Gedanken ausdrückte und noch niemanden einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter gegeben hat. Es hängt von der Regierung als einen dauernden Interpreten ab, da es während seiner mongoloiden Entwicklung noch nie in der Lage war, sich selber zu artikulieren. Nach Tausenden von Jahren ist es heute endlich Dr. Gallup gelungen, ihm ein Vokabular von zwei Wörtern beizubringen: ja und nein. Till Eulenspiegel, der mittelalterliche Spaßmacher, erreichte ebenso viel mit einem Esel.“
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