-->"Die Ausweichstrukturen standen"
Dresden. Von der Pleite der Dresdner BFI-Bank AG, die im Mai wegen Überschuldung geschlossen wurde, sind bundesweit etwa 60000 Kunden betroffen. Viele glauben, dass die Führungsetage der Bank durch ihre undurchsichtigen Geschäfte maßgeblich zur Schieflage des Kreditinstituts beigetragen hat. DNN-Redakteurin Barbara Stock und der Sprecher der BFI-Aktionsgemeinschaft, Medard Fuchsgruber, zugleich Vorstand des Bundes der Kapitalanleger, befragten dazu Klaus-Peter Kirschbaum, BFI-Vorstand von April 2001 bis Januar 2003.
DNN: Wo sehen sie die Hauptursachen der Pleite?
Kirschbaum: Ganz klar im Kreditgeschäft. Da waren zum Beispiel Bauträgerkredite in den Büchern drin, die von anderenBanken abgelehnt worden wären.
Fuchsgruber: Was haben sie dagegen getan?
Kirschbaum: Wir haben begonnen, das Kreditportfolio systematisch abzubauen, sind allerdings schon beim Anheuern geschulten Personals in Schwierigkeiten gekommen.
Fuchsgruber: Aus Sicht der Verbraucherschützer ist immer wieder sauer aufgestoßen, dass Wertpapiersparverträge z.B. auf Basis vermögenswirksamer Leistungen nur Aktien der Bank beinhalteten.
Kirschbaum: Auf die fehlende Risikostreuung habe ich bereits im Herbst 2001 das BaFin (staatliche Bankenaufsicht - Anm. d. Red.) hingewiesen. Doch die hatte damals noch keine Bedenken. Erst imApril 2002 wurden wir aufgefordert, dieses Geschäft einzustellen.
DNN: Woher kamen denn die Aktien, die da gezeichnet wurden?
Kirschbaum: Damals dachte ich noch, die kommen über die"Euwesa", unsere in Luxemburg gegründete Handelsplattform für vorbörsliche Werte, die angeblich regelmäßig am Markt einkaufte. Heute weiß ich. Die kamen direkt aus dem Bestand der Altaktionäre.
Fuchsgruber: Was sagten ihre Wirtschaftsprüfer dazu?
Kirschbaum: Nichts.
DNN: Was haben die denn geprüft?
Kirschbaum: Frage ich mich auch.
Fuchsgruber: Wenn ein Großaktionär so ganz problemlos seine Aktien unters Volk bringen kann - was haarsträubend ist - stellt das den Kontrollsystemen - sowohl den Prüfern als auch dem BaFin - nicht ein Armutszeugnis aus?
Kirschbaum: Als Antwort nur ein Beispiel. Zu der vom BaFin 2001 inAuftrag gegebenen Kreditprüfung habe ich nach der Lektüre desBerichts zum Aufsichtsratschef Karl-HeinzWehner gesagt:"Das war's dann wohl." Darauf er:"Warten sie unsere Stellungnahme ab." Die war 72 Seiten lang, und vom BaFin kam gar nichts.
DNN: Das heißt, die BFI-Bilanzen gingen immer sauber durch?
Kirschbaum: Auf die Bilanzgestaltung hat HerrWehner meinesWissens nach stets direkt Einfluss genommen, er war bei allen Gesprächen zwischen Vorständen und Wirtschaftsprüfern dabei.
DNN: Wer hat die BFI-Bilanzen geprüft?
Kirschbaum: Bis zum Abschluss 2001 war das KPMG. Doch als die Frankfurter Zentrale im September 2002 das Prüfungsergebnis des Berliner Büros von plus 2 Millionen auf einen Verlust von 10 Millionen DM korrigieren musste, ging das Mandat an Roelffs und Partner. Wohin übrigens ein früherer KPMG-Mitarbeiter abgewandert war.
Durch diese zwei Checks schien mir die Bank nun übrigens konservativ voll ausgeprüft, ich musste als Vorstand davon ausgehen, dass alles in Ordnung ist.
DNN: Wie erklären sie sich dann die Insolvenz?
Kirschbaum: Das kann ich nicht. Mir ist auch unerklärlich, wie Akten verschwinden konnten.
DNN: Kann man davon sprechen, dass das Firmengeflecht aus BFI-Bank, Immobilien- und Beratungsfirmen sowie Vertriebsunternehmen einen wirtschaftlichenKreislauf darstellt?
Kirschbaum: Sicher hat für die Gründung derBank eine Rolle gespielt, dass Wehner die dort zu verdienenden Gelder selber abschöpfen wollte. Er hat mir mal gesagt: Die Bank muss verdienen und der Repräsentant muss verdienen, weil er die Gelder besorgt. Wenn der Kunde auch was verdient, freuen wir uns..."
DNN: Was steckte hinter der Idee, Anfang 2001 die Mehrheit an der DiBa Lux (Allgemeine Deutsche Direktbank International S.A., Luxemburg) zu erwerben?
Kirschbaum: Mir selber kam der Plan damals, als ichWehner im Oktober 2000 kennenlernte, sinnlos vor, denn die DiBa hatte nur einige Tausend Privatkunden und wenige Millionen an Einlagen. Doch mit dem Verweis, Geschäftsfelder im Ausland, zumBeispiel Frankreich, leichter zu erschließen, bekam es wieder Sinn. Ein leiser Verdacht schlich sich jedoch auch ein: Vielleicht bestand damals schon die Angst, die Lizenz zu verlieren...
Fuchsgruber: Die Ausweichstrukturen waren also bereits Anfang 2001 geschaffen.
Kirschbaum: So stellt es sich dar.
DNN: Sie haben sich nach dem BaFin-Moratorium imApril dieses Jahres intensiv mit um neue Investoren gekümmert, obwohl sie im Januar als Vorstandschef geschasst worden sind. Warum?
Kirschbaum: Die Bank hatte 60.000 Kunden, 600 Repräsentanten und gut 80 Mitarbeiter. Das sollte nicht den Bach runter gehen. Ich glaube, es gibt noch immer zwei bis drei Interessenten, doch die kaufen erst, wenn's nichts mehr kostet.
DNN: Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenso wie gegen andere ehemalige BFI-Chefs.
Kirschbaum: Ich habe mich nie wissentlich bereichert, keinen Investoren getäuscht. Mir liegt daran, dass alles bedingungslos aufgeklärt wird, und ich biete dazu meine Hilfe an.
Fuchsgruber: Wie stehen sie jetzt zu den Anlegern?
Kirschbaum: Ich bin bereit, mit meinem Wissen und meinen Möglichkeiten zur Minimierung des Schadens beizutragen.
www.bfi-kunden.de
www.derra.de
www.bfi-bank.de
www.kapitalmarktrecht.de
http://www.dnn-online.de/regional/39812.html
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