-->Renten-Einschnitt trifft Akademiker
Ausbildungszeiten sollen bei Berechnung der Ansprüche wegfallen
Die von Rot-Grün geplanten Einschnitte bei der Rente gehen weiter als am Wochenende verkündet: Schon von 2005 an sollen Schulbesuch und Studium bei der Berechnung des Ruhegelds nicht mehr berücksichtigt werden. Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigte die Sparbeschlüsse gegen massive Kritik von Union und Verbänden.
VON KARL DOEMENS
Berlin · 20. Oktober · Mehrere Millionen Akademiker werden nach dem Willen der Bundesregierung eine deutlich niedrigere Rente erhalten, als dies die bislang versandten Renteninformationen der Bundes- und Landesversicherungsanstalten ausweisen. Der Grund: Die am Sonntag vom Kabinett und den Spitzen der Koalionsfraktionen gebilligten Eckpunkte für eine Rentenreform sehen auch die Abschaffung der bewerteten Anrechnungszeiten bei schulischer Ausbildung vor.
Bislang werden jedem Ruheständler für Schul- und Unibesuch nach dem 17. Lebensjahr drei Beitragsjahre gutgeschrieben. Bei der Berechnung des Anspruchs wird der Durchschnittsverdienst des Betroffenen zugrunde gelegt."Vor dem Hintergrund steigender demographischer Belastungen der Alterssicherung kann es nicht länger Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, Zeiten (...) in denen keine Beitragszahlung erfolgt, rentenrechtlich auszugleichen", heißt es in der Begründung des Sozialministeriums. Der Anspruch soll bereits von 2005 an für alle Neurentner entfallen. Allerdings wird eine dreijährige Übergangsfrist eingeräumt.
Vertreter der Koalition verteidigten ihr Paket zur kurz- und mittelfristigen Rentenreform, das auch eine Nullrunde für Ruheständler 2004 und die Verdoppelung des Pflegeversicherungsbeitrags der Senioren vorsieht. Die Reaktion der Union, die von einem"Offenbarungseid" und"reiner Willkür" sprach, sei"abgrundtief verlogen", meinte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering. Schmidt betonte, dass unter der christliberalen Regierung 1995 mit Einführung der Pflegeversicherung schon einmal faktisch die Renten gekürzt worden seien.
Der Präsident des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger, geißelte die"sozialpolitische Wilderei". CDU-Chefin Angela Merkel betonte erneut, die Union werde sich an den kurzfristigen Reformplänen, die bereits am Freitag in den Bundestag eingebracht werden sollen, nicht beteiligen. Der haushaltspolitische Sprecher der Union, Dietrich Austermann, nannte es einen"üblen Skandal", dass die Regierung den nur zwei Tage vorher mit rot-grüner Mehrheit gefassten Beschluss gekippt habe, den Bundeszuschuss an die Rentenkasse 2004 um zwei Milliarden Euro zu kürzen.
Nach FR-Informationen zeichnet sich ab, dass die Reform der Pflegeversicherung weit weniger nachhaltig ausfällt als angekündigt. Ursprünglich hatte Schmidt durch stärkere Belastung der Rentner Beschäftigten den Aufbau eines Kapitalstocks ermöglichen wollen. So sollten die Beiträge trotz zunehmender Alterung der Gesellschaft in Zukunft bezahlbar gehalten werden. Diese Lösung sei nun"schwieriger" geworden, weil die Ruheständler schon bei der Rentenreform zur Kasse gebeten würden, hieß es in der Koalition. Wahrscheinlich werde man nur eine"kleine Lösung" umsetzen. Schmidt will Eckpunkte der Pflegereform in den nächsten Tagen vorlegen.
<ul> ~ http://www.fr-aktuell.de/fr_home/startseite/?sid=cc6a380be7580254e007e04ca53ac3d8&cnt=325179</ul>
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