-->Sorry, die Fundsache muß sein: (sueddeutsche.de)
Roland Koch
Eklat in der Synagoge
Wie Roland Koch sich im Fall Hohmann selbst verleugnete
Von Detlef Esslinger Â
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(SZ vom 11.11.2003) - Am Morgen danach sagt Salomon Korn, er finde es gut, dass Roland Koch überhaupt gekommen sei. Der Ministerpräsident hätte ja auch einen Vertreter schicken können, wohl wissend, dass er es in diesen Tagen mal wieder besonders schwer haben würde vor diesem Auditorium.
Am Morgen danach wusste Korn ja noch nicht, was am Abend passieren würde.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt hatte Koch am Sonntagabend in die Synagoge im Westend eingeladen, zur Gedenkstunde an die Pogromnacht vom 9. November 1938.
Der Ministerpräsident und Vorsitzende der Hessen-CDU, der auch Martin Hohmann angehört, hielt eine Rede, die sich sehr mit der Gegenwart beschäftigte; alles andere wäre ja auch absurd gewesen. 400 Zuhörer waren gekommen, und als Koch redete, standen Zuhörer auf und verließen den Gebetssaal. Sie verpassten eine Rede, die wohl an Selbstverleugnung grenzte. Hätte er an diesem Sonntagabend mitgeteilt, was aber erst am Montagabend verkündet werden durfte - er wäre der Held dieses Auditoriums gewesen.
„Ich will mit ihm ringen“
So aber waren es 40 bis 60 jüdische Deutsche, die sich nicht länger anhören wollten, was er zum Fall Hohmann zu sagen hatte. „Steht alle auf und kommt raus, das ist ja unerträglich“, wurde aus dem Foyer in den Saal gerufen. In den Bankreihen gab es Gemurmel. Erst zur Kaddisch, dem traditionellen Totengebet, kehrten sie zurück; auch dies war demonstrativ gemeint.
Koch hatte gesagt, der Bundestagsabgeordnete Hohmann habe sich mit seiner „Tätervolk“-Rede jenseits der Grundwerte der CDU gestellt. Die Partei dürfe an der Stelle „keine Toleranz“ zeigen. Deswegen habe sie Hohmann gerügt. Koch sagte, er sei durchaus unsicher, welche Verfahrensweise in dieser Angelegenheit letztlich die richtige sei - möglicherweise seine Art, anzudeuten, dass die CDU ihre Linie am Montag dramatisch ändern würde.
Schließlich aber vertrat er die noch bis Montagnachmittag gültige Position, dass er Hohmann nicht aus der Partei werfen wolle. „Ich will mit ihm weiter ringen“, sagte er, der Streit müsse „in den eigenen Reihen“ ausgetragen werden. Es waren überwiegend junge Leute, die daraufhin gingen.
Der Eklat hatte seinen Grund nicht so sehr im Inhalt der Rede Kochs. Zwar diskutierten die Besucher nachher lebhaft miteinander. Aber Studenten innerhalb der Gemeinde stellten dabei grundsätzlich in Frage, ob dieser Politiker in ihrer Synagoge überhaupt Rederecht haben dürfe. Korn sagt, er habe den jungen Menschen „die demokratischen Spielregeln erklärt“. Jeder Demokrat dürfe an diesem Ort reden.
Der Eklat sei eine Demonstration gewesen, „die auf jeden Fall stattgefunden hätte“, unabhängig des Inhalts von Kochs Rede. Korn spricht von einer zulässigen Aktion; ansonsten ist man in der Jüdischen Gemeinde bemüht, dem Vorfall keine grundsätzliche Bedeutung zu geben. Im Zuge der CDU-Schwarzgeldaffäre hatten jüdische Repräsentanten in Frankfurt einst den Saal verlassen, als Koch zu einer Rede anhob.
Die Legende von den „jüdischen Vermächtnissen“, als die der einstige hessische CDU-Schatzmeister Prinz Wittgenstein die Schwarzgeldzuflüsse an die Partei tarnte, hatte die Gemeinde auf das Heftigste irritiert.
Im Fall Hohmann aber bemühte man sich um ein pragmatisch-listiges Vorgehen: Bedeutete eine Einladung an Koch in Wahrheit nicht eine wundervolle Chance, hieß es, dem Mann den Unmut auf eine Weise zu demonstrieren, die garantiert Schlagzeilen machen würde?
Das Ausschluss-Verfahren
Für den Ausschluss des Abgeordneten ist zunächst das Landesparteigericht der CDU Hessen zuständig. Dort muss der Landesvorstand den Ausschluss beantragen. Koch hat dies am Montagabend angekündigt. Das CDU-Statut sieht vor, dass in „dringenden und schwerwiegenden Fällen, die sofortiges Eingreifen erfordern“, der Vorstand noch eine weitere Maßnahme beschließen kann: nämlich, ein Mitglied sofort von der Ausübung seiner Mitgliedsrechte auszuschließen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Ausschluss.
Koch ließ am Montagabend offen, ob es dazu kommen wird. Gegen die Entscheidung des Landesparteigerichts kann Hohmann vor dem Bundesparteigericht Berufung einlegen. Außerdem steht ihm der normale Rechtsweg offen.
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und noch, wa:
"Arbeitskreis konservativer Christen"
Hass auf Friedman, Verachtung für Fischer
Eine Gruppe national gesinnter Fundamentalisten teilt das Weltbild des CDU-Abgeordneten Martin Hohmann
Von Matthias Drobinski und Cathrin Kahlweit Â
(SZ vom 11.11.2003) - Es gibt ihn nicht mehr, den einfachen Klick von Martin Hohmanns Homepage zum Internet-Auftritt des „Arbeitskreises konservativer Christen“ unter dem Vorsitz des hessischen CDU-Mitglieds Herbert Gassen aus Bruchköbel.
Martin Hohmann, Urheber der mittlerweile sehr bekannten Rede zum „Tag der deutschen Einheit“ mit ihren antisemitischen Tönen und Untertönen, hat das Link von der Internetseite genommen, auf Druck der CDU-Parteispitze in Berlin.
Und so ist aus der gegenseitigen vorerst eine einseitige Liebe geworden: Hohmann weist nicht mehr auf den AKC hin. Doch wer im Internet unter www.a-k-c.de nachschaut, findet dort jede Menge Hohmann: Presse-Erklärungen, eine Solidaritäts-Seite zugunsten des nun unter Druck geratenen Abgeordneten und auch ein Hohmann-Grußwort zum Programm der „konservativen Christen in der CDU“.
Einblicke ins gedankliche Umfeld
Man kann also davon ausgehen, dass Hohmann dem nicht abgeneigt ist, was Parteifreund Gassen ins Netz gestellt hat. Und dass er durchaus mit dem übereinstimmt, was die konservativen Christen in ihr Programm schreiben.
Man kann, kurz gesagt, an der Homepage des ACK Einblicke in Hohmanns gedankliches Umfeld gewinnen - und verstehen, warum die CDU-Bundestagsfraktion nun ein Ausschlussverfahren gegen den Abgeordneten aus Fulda eingeleitet hat.
Freunde im Netz
So heißt es im Grundsatzprogramm des AKC zwar, dass die „Verfolgung der Juden“ das „dunkelste Kapitel der Geschichte des 3. Reiches ist“. Empört ist man aber über die „Privilegierung eines bestimmten Kreises von Geschädigten“, was wiederum Schuld der gesellschaftszerstörenden 68er sei.
Die These geht also so: Unter den Nazis haben irgendwie alle gelitten, auch die Deutschen. Eine Gruppe hat daraus Kapital geschlagen: die Juden. Oder, wie es Gassen in aller Schlichtheit formuliert: „Es gibt zwei Problemfelder für uns Deutsche: 1. Das Zusammenleben mit Juden in unserer Republik. 2. Die Politik des Staates Israel.“
Am Telefon ist Herbert Gassen ein freundlicher alter Herr, pensionierter Volkswirt und Bänker. Er lacht gern und bittet vergnügt darum, die „Wahrheit“ über seine Person zu schreiben und keine „Geschichten“.
Sich selbst nennt er sarkastisch einen „unanständigen Deutschen“. Seine Wortwahl allerdings straft die Umgangsformen Lügen: Er hasse Michel Friedman, sagt Gassen, und er verachte Grüne wie „Joschka Fischer und wie sie alle heißen, die mit Terror und Gewalt ihre Existenz begründet haben.“
Sein Weltbild ist eine krude Melange aus Vaterlandsliebe, Sozialistenhass und antisemitischen Versatzstücken; im Jargon nahe am rechtsextremen Tenor der „Jungen Freiheit“, nationalkonservativ und geschichtsklitternd - etwa da, wo der Historiker Ernst Nolte oder der reaktionäre Hobbyhistoriker Alexander Solschenizyn als Zeugen gegen jüdische Missetaten herangezogen werden.
Der AKC sagt von sich selbst, man habe sich „innerhalb der Partei etabliert“ und könne „auf die Gesamtorganisation zurückgreifen“. Man wolle den „ausgefransten rechten Rand der Partei abdichten“ und betrachte sich als „Sauerteig“ in der Partei. Die CDU-Zentrale in Berlin betont allerdings, man habe mit dem Arbeitskreis „formal und inhaltlich“ nichts zu tun; nun werde überprüft, ob der AKC weiter behaupten dürfe, er sein ein „Arbeitskreis in der CDU“.
"Jährliche Geburtstagsgrüße"
Auch die CDU Bruchköbel erklärt, man habe mit Gassen nichts gemein, außer dass er, wie alle Mitglieder, „jährlich seine Geburtstagsgrüße“ bekomme.
Inwieweit Hohmann hinter jeder Formulierung Gassens steht, ist nicht herauszufinden: Er war auf Anfrage der SZ zu keiner Stellungnahme bereit.
Spannend wäre beispielsweise zu erfahren, was er von Gassens Christentums-Verständnis hält. Ein „konservativer Christ achtet seine Kirche und erschrickt vor ihrer Geschichte“, schreibt dieser. Basis des christlichen Konservatismus sei allerdings das „Bewusstsein der über tausendjährigen Geschichte des deutschen Volkes“ und nicht so sehr die Konfession - 1933 hätte man dazu „positives Christentum gesagt. Das müsste sich mit der fromm-katholischen Attitüde beißen, mit der Hohmann sich schmückt.
Konservative Katholiken mögen autoritär und klerikal sein - ein antisemitisch unterlegtes Deutschchristentum ist ihnen fremd.
Inzwischen sehen auch die Kirchen, dass die Okkupation des Christlichen durch die Hohmanns und Gassens nicht nur ein Thema der CDU ist, sondern auch ihres. Wolfgang Huber, der neu gewählte Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, hat in der Talkshow Sabine Christiansen schon vom „Missbrauch des christlichen Glaubens“ gesprochen; „der Antisemitismus dürfe im Deutschen Parlament keinen Ort“ haben.
Ähnlich klare Worte hat es bis zum Montagabend von Hohmanns katholischer Kirche nicht gegeben, was einige Christdemokraten doch ein wenig betrübt hat: Mit beiden Kirchen im Rücken wäre es leichter gewesen, gegen Hohmann vorzugehen.
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Kommentar Baldur: vielleicht wären Muslims die besseren Deutschen...........oder?..........
mit multikulturellem Gruß vom Ketzer
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