--> „Eigentümlich frei“ eine Zeitschrift, die u.a. den „irren Randbereich“ (s.u.) des Liberalismus bedient, hat sich verdient gemacht: Unter der Regie des Verlages wurde ein libertärer Klassiker aus dem Jahr 1971 ins Deutsche übersetzt:
The Machinery of Freedom zuerst 1971 erschienen, (weitere englische Ausgaben 1978 und 1989) liegt nun in deutscher Übersetzung vor.
Das Buch wurde ein Kult-Buch, weil es provokativ ist und stellt somit ein hervorragendes Weihnachtsgeschenk mit viel Gesprächsstoff dar.
Ach ja, der Autor
Für die, die mehr wissen wollen, zwei Besprechungen:
Anarchie ist nicht Chaos
David Friedman stellt sich eine Gesellschaft ohne Staat vor
29. September 2003 David D. Friedman: Das Räderwerk der Freiheit. Für einen radikalen Kapitalismus. Edition Eigentümlich Frei, Lichtschlag, Grevenbroich 2003, 316 Seiten, 23,80 Euro.
Ein deutscher Liberaler, dem Querdenken durchaus nicht abhold, hat den sogenannten libertären Anarcho-Kapitalismus einmal im Scherz, aber mit Wohlwollen als"lunatic fringe" bezeichnet, als"irren Randbereich" des Liberalismus. Auch wenn"Kapitalismus" mittlerweile nicht mehr ausschließlich als sozialistischer Kampfbegriff gegen den Markt daherkommt, so weckt"Anarchie" immer noch wenig Sympathie, sondern wird unmittelbar mit Gefahr und Gewalt assoziiert. Doch es lohnt sich, hinter die Begriffsfassaden zu blicken.
David Friedman, Sohn des Ã-konomie-Nobelpreisträgers Milton Friedman, gehört der Bewegung des Anarcho-Kapitalismus an, die in den Vereinigten Staaten deutlich mehr Anhänger zählt als hierzulande. Sein 1973 verfaßtes Buch"The Machinery of Freedom" ist Kult. Als wissenschaftliches Werk läßt es sich kaum bezeichnen, eher als ein populäres, aber in Philosophie und Ã-konomie wohlverankertes Erklärstück, in dem Friedman die Argumente für und wider seine extreme Position sauber abwägt. Der kleine Verlag Lichtschlag hat das Buch jetzt neu herausgebracht, mit Aktualisierungen. Zu wünschen wäre indessen ein Minimum an Professionalität bei dieser Erstübersetzung gewesen. Die Sprache ist holprig, und nachdem er über"zähes Glück" statt"Pech","Drogen" statt"Medikamente" und"Diät" statt"Ernährung" gestolpert ist, fragt sich der Leser, wie vielen sinnentstellenden Übersetzungsfehlern er unbemerkt schon auf den Leim gegangen ist.
David Friedman ist hochbegabt und von überbordender Kreativität. Sein Werdegang spricht für sich: Erst an Harvard, dann an der University of Chicago hat er Chemie und Physik studiert, als Physiker wurde er promoviert. Nach einigen Jahren wechselte er die Disziplin - und wurde Assistant Professor of Economics am Virginia Polytechnic Institute. Er arbeitete sich zum Associate Professor an der UCLA hoch - und tingelte weiter durch die Hochschulen des Landes, wobei er sich als Missionar für die anarcho-kapitalistische Sache zu profilieren begann. Zunehmend setzte er sich dabei mit Rechtsfragen auseinander - und bekam einen Jura-Lehrstuhl an der Santa Clara University, den er noch heute innehat.
"Ein Anarchist ist keiner, der das Chaos befürwortet", klärt der wandlungsfähige Denker in seinem Buch auf. Das Besondere sei ein klares Bekenntnis zur individuellen Freiheit - und die Konsequenz, daß der Anarchist auf das Gewaltmonopol des Staates und der Regierung verzichten wolle und stattdessen auf eine Ordnung setze, die auf freiwilliger Interaktion freier Individuen nach dem Tauschparadigma des Markts fuße, gestützt von den Institutionen des Privateigentums. Es reiche nicht, den Staat durch Verfassungsvorschriften zu beschränken. Getrieben von den Interessen der Menschen, die innerhalb des Apparats ihren Platz fänden, dehne sich die staatliche Macht unausweichlich aus.
Den Nutzen einer Gesellschaft ohne hoheitliches Diktat zeigt Friedman anhand einer Fülle von Beispielen, von der Konkurrenz privater Währungen bis hin zu privatisierten Schulen. Mit erfrischender Phantasie malt er sich aus, wie beispielsweise mit dem Problem"öffentlicher Güter" umzugehen wäre oder wie Haftungsfragen auch in einem System konkurrierender, privat aufgestellter und durch private Schlichter durchgesetzter Rechtsregeln gelöst werden könnten. Es ist durchaus kein Wahnsinn. Und es hat Methode.
KAREN HORN Quelle
Handelsblatt-Besprechung vom 19. 11. 2003
Was passiert, wenn wir den Staat verkaufen? Diese Frage versucht David Friedman, Sohn des großen Ã-konomen Milton Friedman, in seinem Buch „Das Räderwerk der Freiheit" zu beantworten. Die übliche Antwort ist: Es entsteht notwendigerweise Chaos, es herrscht das Recht des Stärkeren. Friedmans Antwort dagegen • lautet: Es ist zumindest möglich, dass eine durchaus nicht ungeordnete freie Gesellschaft entsteht. Freiwillige Vereinbarungen würden an die Stelle staatlichen Zwangs treten. Das Buch, das jetzt 30 Jahre nach seinem erstmaligen Erscheinen in deutscher Übersetzung vorliegt, wird Zweifel an dieser Zukunftsvorstellung nicht gänzlich ausräumen können. Doch das beeinträchtigt nicht den Gewinn, den man aus der Lektüre dieses Klassikers der libertären Bewegung in den USA ziehen kann. Schon die Darstellung der s Grundlagen einer freien Gesell- J Schaft öffnet den Blick für Vieles, | was gewöhnlich hinter den Staats-"" gläubigen Wahrnehmungsmustern verborgen bleibt.
Friedman beginnt mit einer Verteidigung des Privateigentums als Basis jeder wirtschaftlich erfolgreichen Gesellschaft. Er zeigt plastisch, dass diese Institution nicht nur ökonomisch, sondern vor allem moralisch dem öffentlichen, genauer: dem Staatseigentum, überlegen ist. Sie ermöglicht es den Menschen, ihre eigenen. Pläne zu verfolgen. Gleichzeitig schützt sie aber die Menschen davor, für die Bedürfnisse anderer Menschen zu bezahlen, wenn sie mit deren Plänen nicht sympathisieren.
Das deckt die Unsinnigkeit des bis heute weit verbreiteten Vorurteils auf, Privateigentum bringe „Ausbeutung" mit sich. Staatliches Eingreifen in wirtschaftliche Abläufe bedeutet dagegen stets die Vielen zu Gunsten einer kleinen Mindert] aus. Das gilt für Agrarsubvention, ebenso wie für staatliche Universitäten.
Das „Räderwerk der Freiheil bleibt nicht bei der Fundamentalkritik staatlichen Handelns stehen Friedman zeigt Wege auf, wie die existierenden staatlichen Behörden -und Regelsysteme durch private Organisationen ersetzt werden könnten. Dabei erklärt er die ökonomischen Zusammenhänge mit jener Präzision und Anschaulichkeit, die den deutschen Lesern vor allem aus seinem Bestseller „Der ökonomische Code" bekannt ist. Das fasziniert besonders dort, wo er für die Privatisierung von Bereichen eintritt, die bis heute als geradezu unantastbare Kompetenzen des Staates gelten. Wer von vornherein anzweifelt, dass ein Rechtssystem ohne zentralisierte staatliche Zwangsgewalt funktionieren kann, wird nach der Lektüre der entsprechenden Kapitel vielleicht zum Nachdenken gezwungen.
In dieser Form der Provokation liegt wohl auch der größte Wert dieses Buches: Verteidiger staatlicher Handlungen können sich nicht mehr einfach darauf berufen, dass diese selbstverständlich und Alternativen praktisch undenkbar seien. Sie müssen Argumente dafür finden, warum der Staat irgendetwas besser kann als private Organisationen.
Bei der äußeren Sicherheit und beim Rechtssystem, das gesteht auch Friedman zu, lassen sich viele sinnvolle und möglicherweise entscheidende Einwände gegen seine Position finden. Das staatliche Bildungswesen allerdings, Infrastruktur in Staatseigentum oder umweltpolitischer Interventionismus lassen sich schon bedeutend schwerer verteidigen. Für all diese Politikbereiche wird.gezeigt, dass sie unter der Abwesenheit von Privateigentum und damit von Verantwortung und Wettbewerb leiden. Sie gehorchen stattdessen den - wieder ökonomisch zu erklärenden - Gesetzen politischer Willensbildung.
Friedman erliegt in seiner Darstellung privater Institutionen nicht der Versuchung, eine freie Gesellschaft der Zukunft sogleich in vielen Details zu beschreiben. Andere Libertäre tun das - und machen den gleichen Fehler wie totalitäre Utopisten.
Friedman will, wie er in der Überschrift zum zweiten Teil des Buches ankündigt, den Staat „stückweise" verkaufen. Er bewahrt sich damit ein gesundes Maß an Skepsis gegenüber der Anmaßung, die Zukunft voraussehen und radikale Umwälzungen auf „revolutionärem" Weg erreichen zu können.
Die Übersetzung ist im Allgemeinen gut lesbar, im zweiten Teil wäre allerdings stellenweise etwas mehr Sorgfalt angebracht gewesen. Vor allem die immer gleich bleibende Übersetzung von „government" mit „Regierung", wo in den meisten Fällen „Staat" angebracht wäre, trägt zur Verwirrung bei. Sehr hilfreich sind dagegen die Aktualisierungen, die in Zusammenarbeit mit dem Autor eingefügt wurden. Gleiches gilt für die Erläuterungen spezifisch amerikanischer Begriffe und Organisationen, die sich nicht-amerikanischen Lesern schwer erschließen.
Friedmans Buch kann auch heute noch, und auch in der deutschen Fassung, ein intellektuelles Vergnügen bereiten - auch wenn man seinen Positionen skeptisch gegenübersteht. Weniger erfreulich ist: Friedmans Feststellung, Staaten seien unfähig, eine langfristige und an den Rechten und Interessen der Bürger ausgerichtete Politik zu betreiben, hat sich in den 30 Jahren seit dem ersten Erscheinen des Buches immer wieder bestätigt.
Sascha Tamm (Mitarbeiter am Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung).
David D. Friedman: Das Räderwerk der Freiheit. Für einen radikalen Kapitalismus. Übersetzt von Marc-Felix Otto. Edition eigentümlich frei, Lichtschlag Medien, Grevenbroich 2003, 316 S., 23,80 Euro. ISBN 3-8330-0529-7
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