-->Quelle: comdirect/ftd
Pleitewelle im Mittelstand hÀlt an
Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland wird in diesem Jahr eine neue Rekordmarke erreichen und auch 2004 droht ein neuer Pleitenrekord. Vor allem das RĂŒckgrad der Wirtschaft, der Mittelstand, ist von den FirmenzusammenbrĂŒchen betroffen.
39.700 Betriebe und damit 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr haben nach Angaben des Verbands der Vereine Creditreform im Jahr 2003 bei Gericht einen Insolvenzantrag gestellt. Die Zahl der Insolvenzanmeldungen von Privatpersonen habe um 28,7 Prozent auf 60.100 zugenommen, teilte die Wirtschaftsauskunftsdatei am Donnerstag in Frankfurt mit. Die Schadenssumme fĂŒr die deutsche Volkswirtschaft bezifferte Creditreform auf 40,5 Mrd. Euro nach 38,4 Mrd. Euro im Vorjahr. Mehr als 600.000 ArbeitsplĂ€tze drohten in diesem Jahr daher wegzufallen.
Bei den Unternehmensinsolvenzen machte Rödl die schwache Konjunktur, Strukturprobleme und Konsumflaute verantwortlich, bei den Privatpersonen nannte er als Hauptursachen Arbeitslosigkeit, Scheidung und schlicht Unerfahrenheit der Verbraucher.
"Mittelstand stirbt still und leise"
Hauptleidtragende der Entwicklung sind kleine und mittlere Betriebe. Im Mittelstand sei die finanzielle Situation wegen der zögerlichen Kreditvergabe der Banken, den stark zunehmenden AusstĂ€nden und der fehlenden Eigenkapitaldecke dramatisch."Selten war die Lage des deutschen Mittelstandes elender als heute", sagte Rödl. Seiner EinschĂ€tzung nach ist die Lage verzweifelt. WĂ€hrend die groĂen Unternehmen ihren Abgang zelebrierten, sterbe der Mittelstand still und leise. Angesichts dieser Entwicklung forderte er eine steuerliche Entlastung der Gewinne des Mittelstands, um die Eigenkapitalquote der Betriebe aufzustocken.
Im Westen stieg die Zahl der UnternehmenszusammenbrĂŒche um fast zwölf Prozent auf 29.700. In den neuen BundeslĂ€ndern ging die Zahl um knapp zehn Prozent auf 10.000 zurĂŒck. Dies liege aber eher daran, dass in den vergangenen Jahren bereits viele Unternehmen den Gang zum Insolvenzrichter antreten mussten, sagte Rödl.
Baugewerbe am stÀrksten bedroht
Vor allem im Dienstleistungssektor und im Handel waren Betriebe von der Insolvenz betroffen. Hier gab es ein Plus von 13,4 Prozent beziehungsweise 8,1 Prozent. Dagegen wurden im krisengeschĂŒttelten Baugewerbe 5,5 Prozent weniger AusfĂ€lle registriert. Bei einem Vergleich der Insolvenzen mit den existierenden Betrieben zeige sich jedoch, dass immer noch der Bau am stĂ€rksten von Pleiten bedroht ist.
Eine Trendwende ist laut HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer Helmut Rödel auch nĂ€chstes Jahr nicht in Sicht. Die prognostizierten Wirtschaftswachstumsraten von rund zwei Prozent seien fĂŒr viele Unternehmen"zum Leben zu wenig, zum Sterben leider nicht zu viel", sagte Rödl. FĂŒr nĂ€chstes Jahr rechnet Creditreform bei den Unternehmensinsolvenzen mit 40.000 bis 42.000 FĂ€llen und bei Privatleuten mit 68.000 bis 70.000 FĂ€llen. Insgesamt wird damit wohl die Schwelle von 100.000 InsolvenzantrĂ€gen um 10.000 ĂŒberschritten.
Innerhalb der letzten zehn Jahre habe sich die Zahl der Insolvenzen mehr als verdoppelt. "Wir erleben radikale Einschnitte in die deutsche Unternehmenslandschaft" , sagte Rödl.
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