-->>Hallo dottore,
>bitte sagen Sie mir, ob ich mit Folgendem richtig liege:
>Annahme 1: Die Beherrschten innerhalb eines Herrschaftsraumes sind auf Dauer nicht in der Lage, die inneren Kosten (den Herrschaftapparat) und die externen Kosten (Landesverteidigung) aufzubringen.
Hi sam!
Grundsätzlich ja. Wobei die externen zuerst abgebaut werden (Bundeswehr vor Polizei). Ansonsten müssen die externen Kosten solange durch Zessionen und deren Folgen eingespielt werden, bis auch das endet. Alle Kolonialreiche und Imperien räumten so das Feld. Next: USA, die schon um Finanzhilfen für den Irak winseln.
>Annahme 2: Annahme 1 gilt solange nicht, solange innerhalb des Herrschaftsraumes ein exponentielles Wirtschaftswachstum stattfindet.
Auch grundsätzlich richtig. Aber das endet ebenfalls, sobald die Möglichkeiten, die sich aus der Zession ("mehr"Freiheit") ergeben hatten, schwinden - ab dann die berühmte"lange Stagnation" und (diesmal) Abpfiff total.
>Ich habe bewusst Faktoren wie Externalisierung der Kosten und die Zession der Macht weggelassen, um des"Pudels Kern" zu finden.
Der Kern ist der: Es kann kein exponentielles Wirtschaftswachstum geben. Nicht nur aus den bekannten Gründen (Ressourcen, usw.), sondern weil sich nach Ausschöpfung aller Zessionsmöglichkeiten jene, an die zediert wurde (z.B. US-Verbraucher als"freies Individuum"), automatisch an die Grenzen ihrer eigenen</b Verschuldungs- (ergo Sub-Zessions-)möglichkeit kommen.
Das Individuum kann nicht mehr an [b]künftigen Einkommen abtreten als es überhaupt nicht selbst (oder der Kreditgeber) erwarten kann (= sich nicht mehr verschulden). Da aber zusätzliche Verschuldung (= Abtreten künftiger Einkommen) unabdingbar ist zur Aufrechterhaltung früherer Verschuldungen (das"Kettenbrief"-Problem im Debitismus) ist bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung von Zwangsabgaben (also nicht-privatkontraktlichem Abtreten künftiger Einkommen) das Ende vorprogrammiert.
Der Kapitalismus braucht eine Institution, die Kapital und Kontrakte besichert, die vor Kapital und Kontrakten da sein muss. Kapitalismus ist ein Macht-Derivat. Deshalb auch die vehementen Angriffe dagegen - nur leider haben die Theoretiker wie Marx das falsche Schwein im Visier gehabt, die Praktiker wie Lenin/Trotzky, dann das richtige, die Machthalter, geschlachtet, aber übersehen, dass sie anschließend hätten noch mehr zedieren müssen statt die Zessionen (privates Eigentum!) wieder rückgängig zu machen.
So ging die Sowjetmacht auf einer früheren Zessionsstufe unter, die aktuelle Macht in Russland, die privates Eigentum immerhin in Ansätzen zulässt, wird auf der letztmöglichen Zessionsstufe untergehen.
>Als geschichtliches Beispiel möchte ich das Inkareich anführen, das nach einhelliger Historikermeinung auch ohne Ankunft der Spanier in kürze zusammengebrochen wäre. Es kann auch als Beispiel für einen Staat gelten, in dem noch keine Machtzession stattgefunden hat. Alles gehörte dem König: Bewohner, Land, Waffen. Unklar ist, ob es sich bei der schnellen Ausbreitung dieses Reiches um den Versuch der Vergrösserung der Einnahmebasis oder schlicht um Grössenwahn handelt. Fakt ist: die Einnahmen haben schon bei Erscheinen von Pizarro nicht mehr für Heer, Beamte und Infrastruktur gereicht.
Perfekt!
>Ein Sonderfall in Sachen Macht, Zession usw. ist die Schweiz. Der Zessionsgrad in der Schweiz ist ausserordentlich hoch. Sogar die Staats-Waffe steht beim Bürger im Schrank. Alle Prozesse laufen (schon aufgrund der Mechanismen der Direkten Demokratie) aber sehr langsam ab. Eventuell ist hier nach einem Ansatz für Zukunftsmodell mit geringeren"Volatilitäten" zu suchen?
Ebenfalls sehr treffend. Uwe Wagschall hat dies untersucht (siehe Literatur Paper). Ergebnis: Bei direkten Demokratien dauert es länger.
Gruß!
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