-->Nach Lesen des Threads Machttheorie - meine letzen Anmerkungen dazu scheint mir, daß es noch einige weiße Flecken auf der Landkarte von Markt und Macht gibt.
Nach längerem Abwägen neige ich dazu, daß dieses Forum moralisch genug gefestigt ist:) um sich einige Gedankengänge eines auf dem rechten Auge besonders scharfsichtigen Herren anzusehen - und sich dann seine eigene Meinung zu bilden.
Nun denn, hier geht es los:
<h3>Ein kleiner Grundkurs wirtschaftswissenschaftlicher Irrtümer</h3>
<h1>Markt und Macht</h1>
Was früher Schläger mit Gewalt und Süßlinge mit Himmelslohn und Höllenstrafen durchsetzen wollten, soll heute der Markt ganz ohne Gewalt und Zwang erledigen; er weist jedem, der etwas zu bieten hat, zu,"was er verdient". Die anderen bekommen - soweit der Vorrat reicht - eine Art Gnadenbrot. Gewalt und Macht wenden in der Marktwirtschaft nur ihre"bösen" Feinde an. Um sie abzuwehren, kann nicht genug Gewalt angewendet werden, wie noch immer im Irak. Wer aber bedenkt, daß Macht auszuüben, anderen den eigenen Willen aufzuzwingen, also zu herrschen besonderen Menschen besonders reizvoll erscheint, der wird der Freiheitsideologie des Marktes mißtrauen.</P>
Machtausübung ist an Voraussetzungen gebunden. Ursprünglich konnten Menschen ihre Macht nur wie die Tiere von Individuum zu Individuum ausüben. Stärkere konnten Schwächeren die Beute abjagen, sie aber auf Dauer nicht beherrschen. Die Schwächeren konnten ihnen aus dem Weg gehen und für sich selbst jagen - jedenfalls so lange es genügend Platz auf der Erde gab. </P>
Es geht aber auch ohne physische Gewalt. Drogenabhängige tun für ein Heroin-Briefchen fast alles, was der Dealer von ihnen will. Ähnlich soll es bei sexueller Hörigkeit zugehen; sie gelingt nur bei einem überstark empfundenen Mangel, eine Not. Selbst mit Lob und Anerkennung läßt sich nur Macht ausüben, wenn der Betroffene in sich ohne die äußere Anerkennung keine Existenzberechtigung mehr findet. Zusammengefaßt ist immer Not (und die Angst vor ihr) dann die Voraussetzung für Machtausübung, wenn der Mächtige glaubhaft macht, er könne bei Wohlverhalten den Mangel abwenden. Machtausübung hängt von der Fähigkeit ab, andere nach Belieben in Not halten zu können. Ohne sie gibt es begeisterte Zusammenarbeit, gibt es Führung aber keine Macht und Herrschaft. Schauen wir zur Überprüfung der Aussage noch einmal in die Geschichte!</P>
Als die Menschen lernten, Tiere zu hegen, den Boden zu bestellen und Feuer zu nutzen, wurde ihre Freiheit kompliziert. Dem Mächtigen auszuweichen, bedeutete nun selbst Mangel und Verzicht. Die Machtfrage wurde zur Wahl zwischen zwei Formen von Mangel. Die alten Israelis träumten bei ihrer Flucht in die Selbständigkeit oft und ermüdend von den"Fleischtöpfe Ägyptens".</P>
Landbesitz ist die Voraussetzung, um Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnung, Werkzeuge und Waffen herzustellen, er wurde zur Grundlage der menschlichen Zivilisation. Macht und Herrschaft hing von der Fähigkeit ab, das Land gegen den Anspruch anderer zu verteidigen oder es ihnen vorzuenthalten. Herrschen hieß, Leuten die Bedingungen diktieren zu können, unter denen sie Land in Besitz nehmen und den Boden bearbeiten durften. Wo es zu viel Boden gab, ließ sich Herrschaft schwer aufrechterhalten. Den wohlhabenden Kolonisten in Amerika und Australien fehlten Dienstboten, jedenfalls solange die ungeheure Landfläche nicht privatisiert war und der Preis für Farmland nicht wenigstens so hoch war, wie die Importkosten für neue Einwanderer. Strittig war allenfalls die Methode der Privatisierung. In den USA besorgte das eine Gruppe wohlhabender Siedlerfamilien, in Australien das britische Königshaus - welch ein Unterschied.</P>
Über Landbesitzen entschied bis hin zum zweiten Weltkrieg militärische Macht. Sie war der Kristallisationskern für Herrschaft. Nur wer das Land verteidigen konnte, konnte auch die Bedingungen festlegen, nach denen es genutzt wurde. Wenn die Schwächeren begriffen, daß die Stärkere sie jederzeit vertreiben konnten, waren sie bereit, ihnen für die Nutzung des Bodens einen Teil des Bodenertrags zu überlassen - jedenfalls solange sie selbst mehr behielten als ihnen die Wildnis bot. Entsprechend mußten die Stärkeren ihre Forderungen eingrenzen. Die Einsicht in die Grenzen des wechselseitigen Zusammenhangs, heißt"Vernunft". Wo sie fehlt, kommt es zu Krieg, Aufstand und Totschlag. Dafür trägt selbstverständlich der Unterlegene die Schuld. </P>
Das gleiche militärische Machtverhältnis liegt dem Tauschhandel und seinen"terms of trade" zugrunde und nicht - wie uns Adam Smith und Marx weismachen wollen - irgendeine abstrakte Grenzproduktivität der Arbeit. Um die Prinzipien zu verstehen, schauen wir wieder in die Geschichte. Wenn die Wikinger eine Stadt für ihren Handel"erschlossen", bestimmte das Verhältnis zwischen ihrer militärischen Macht und derjenigen der Stadt den Preis der auszutauschenden Waren. Das dürfte noch im Fall der Erschließung Japans durch die US Flotte im 19. Jahrhundert so gewesen sein. Der Preis konnte - (was die sogn. Arbeitswerttheorie vernebelt) - bei extremer Überlegenheit einer Seite bis auf Null absinken. Die Vernunft als Einsicht in die tatsächlichen Macht- oder Risikoverhältnisse, empfiehlt die Einigung, die beiden Seiten einigermaßen erträglich erscheint, die Unvernunft oder ohnmächtiger Stolz führt zu Krieg und Raub. Rüstung zahlt sich aus - trotz linker Sprüche.</P>
Die nackte Tatsache der"terms of trade" ist in Papiergeld, die Zahlungsverpflichtungen anderer eingewickelt. Mit Zahlungsverpflichtungen lassen sich scheinbar alle Rohstoffe und Versorgungsgüter unabhängig vom Boden von überall her kaufen. Wieso folgen den Zahlungsverpflichtungen auch Zahlungen? Ist ein Kredit - und Geld ja nur eine Form von Kredit - ohne Polizei und Militär, welche die Zahlungspflicht durchsetzen, nicht ein bloßes Geschenk? Erst die militärische Macht, den Kredit in der vereinbarten Zeit und mit dem vereinbarten Zins wieder eintreiben zu können, macht ihn zum Kredit - und Kredit ist jede Form von Wertpapier, vom Geldschein bis zum Hedge-Fond-Anteil. </P>
Militärische Macht hängt wiederum vom Boden, beziehungsweise vom Geld ab. Wer über mehr davon verfügt, kann mehr Truppen unterhalten und entsprechend ausrüsten. Wer seine Chance nicht nützt und ausbaut, vertut sein"Vermögen". Militärische Macht läßt sich durch diplomatisches Geschick (durch das sich zwei mögliche Konkurrenten gegenseitig neutralisieren zu lassen) oder psychologische Manipulation (im anderen Existenz- also Vertreibungsängste zu schüren) verstärken. Noch die beiden Weltkriege sind hierfür ein beredtes Beispiel - wenn man sie unvoreingenommen betrachtet. Die Fähigkeit zur diplomatischen und psychologischen Machtausübung setzt bereits ein Übermaß an militärischer und davon ableitbarer finanzieller Macht und Glaubwürdigkeit voraus; sie macht die Machtausübung"wirtschaftlicher".</P>
Dieser Zusammenhang läßt begreifen, warum sich neuerdings der"freie" Markt zur Verschleierung der Machtausübung so gut eignet. "Macht" heißt im Wortschatz des Marktes"Preis". Der Preis bezeichnet scheinbar eine Menge Geld, die für ein gewünschtes Versorgungsgut kostet. Als Lohn wird Preis spürbarer; er steht dann für eine bestimmte Lebenszeit, die man den Weisungen (der Macht) anderer unterstellt, um die benötigten Versorgungsgüter zu erwerben. Wer die Preise machen kann, bestimmt wieviel Lebenszeit man für eine bestimmte Qualität Leben man verpfänden muß. Nun"macht" aber niemand die Preise. Der Markt ermittele sie aus Angebot und Nachfrage - heißt es. Selbst die Markttheorie gibt zu, daß der Markt - wer immer der Herr ist - den Preis nach den Bedingungen der Herrschaft regelt, sie spricht statt von"Not" und"Mangel" umgänglicher von"Knappheit".</P>
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J
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