--><h3>Wieder beginnen die Deflationstendenzen ihr hässliches Gesicht zu zeigen - Kerninflation in den USA auf niedrigstem Stand seit 37 Jahren</h3>
taurosweb, 17.12.2003
Im täglichen Trubel an den Märkten gehen mitunter auch wichtige Nachrichten verloren. Teils nimmt sie die Masse überhaupt nicht zur Kenntnis, teils werden sie beiseite geschoben, weil sie einfach nicht in das Bild dessen passen, was sich die eine oder der andere zurechtgebastelt haben, exakt nach dem Motto „weil nicht sein kann, was nicht sein darf“.
D i e Nachricht vom Dienstag war nicht dass die Aktie XY um 10 Prozent stieg, dass der Dow Jones die Marke von 10 000 Punkten jetzt eindeutig hinter sich gelassen hat oder dass in China irgendein Fahrrad umgefallen ist.
Vielmehr war es die Meldung, dass der Index der Verbraucherpreise in den USA im November gesunken ist. Absolut (headline inflation) ist er um 0,2 Prozent auf 1,8 Prozent gefallen. Die sogenannte Kerninflation, die die Preise für Energie und Nahrungsmittel wegen ihrer notorischen Schwankungsanfälligkeit nicht enthält, ging um 0,1 Prozent auf 1,1 Prozent zurück.
Die Kernrate ist damit auf dem niedrigsten Niveau seit 37 Jahren angelangt. Der Rückgang um 0,1 Prozent ist mit der vom Dezember 1982 zu vergleichen. Seinerzeit lag die Inflation im Jahresvergleich immerhin bei 4,5 Prozent. Den heutigen Vergleichswert bilden die erwähnten 1,1 Prozent.
Angesichts dieser Werte erinnern wir uns sogleich an die von der Notenbank in Washington (Fed) in der jüngeren Vergangenheit mehrfach verwendeten Formulierung „unwillkommener Rückgang der bereits geringen Inflation“. Im Klartext hat dies immer bedeutet, dass die Fed von Sorgen über die deflationären Tendenzen geplagt ist.
Die Zahlen vom Dienstag treffen genau den wunden Punkt: Dies ist ein unwillkommener Rückgang der für amerikanische Verhältnisse bereits allgemeinen Teuerung.
Die Frage ist jetzt, ob diese Daten einen letztlich bedeutungslosen Ausreißer oder die Fortsetzung einer bereits fest etablierten Tendenz darstellen. Sie kann zu diesem Zeitpunkt nicht eindeutig beantwortet werden. Doch sie verdient in Zukunft stärkste Beachtung.
Mit Blick auf den Euroraum bleibt anzumerken, dass die fortschreitende, noch recht geordnete Aufwertung des Euro importierte Deflation bedeutet. Auch hier könnten wir in den nächsten Monaten noch einige unliebsame Überraschungen erleben.
Fazit: Die Deflationstendenzen sind, wenn auch wieder oder noch verdeckt, quicklebendig.
Arnd Hildebrandt
[i]Hierzu aus München:
Im Innenstadtbereich insbes. in Nähe von Stachus und Hauptbahnhof eröffnen immer mehr Frieseure, die einen Herrenhaarschnitt zwischen 5,80 Euro und 7 Euro anbieten. An vielen Fahrrad und Fußgängerampeln kleben selbstgemachte Flyer für diverse Handwerksleistungen. Beispielsweise im Angebot: Hard- und Softwareservice für 10 Euro die Stunde, zusätzlich fallen noch 5 Euro Anfahrtskosten an.
Leider wird´s immer wieder von den Lebensmittelpreisen inflationiert, zumindest bei den Qualitätswaren: Ein Laib Ã-ko-Dinkel aus der Hofpfisterei, einer Ã-ko-Großbäckerei: 4,60 Euro. Kann man natürlich auch billiger haben, z.B. bei ALDI. Dort muss man gerade mal 1,79 zahlen. Ist dann halt kein Ã-ko-Dinkel, sondern trockenes Roggen-Kruste aus der Backmischung.
Taxifahrer kann man bestimmt bald als ICH-AG beantragen. Wer es dann geschaftt hat, zum selbstständigen Taxi-Vorstandsvorsitzenden, leiht sich für 60 Euro ein Taxi, und hat 24 Stunden die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Sprit extra, versteht sich. Versicherung privat, ganz klar.
Ein Bekannter von mir, ein gutmütiger und trauriger Italiener mit nichtanerkannten Lehramt für Biologie, ist einer von vielen Taxi-Selbstständigen. Neulich musste er sich von einem Geschäftsreisenden für eine Fahrt vom Hauptbahnhof bis zum Flughafen auf 20 Euro runterhandeln lassen. Die knapp 30 Kilometer zum Franz-Josef-Strauß-Gedächtnis-Flughafen gingen früher nicht unter 75 Euro!
Fast könnte man meinen im Münchener Taxisektor herscht Vollkapitalismus.
Gruß
Stephan
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