-->Auch Ã-konomen sind Menschen
Die großen Gelehrten der Wirtschaftswissenschaft waren zum Teil äußerst skurrile Zeitgenossen
Ziemlich öde kann die Ã-konomie daherkommen. Doch ihre geistigen Väter sind keineswegs nur Schreibtischtäter, sondern mitunter äußerst skurrile Typen: Der Erfinder des Papiergeldes zum Beispiel, John Law, war ein per Steckbrief gesuchter Mörder, der aus England fliehen musste und später als Finanzminister Frankreichs einen spektakulären Crash auslöste. Bernard de Mandeville, der als Erster das Laisser-faire befürwortete, war Mediziner mit dem Spezialgebiet der"hysterischen Krankheiten". Der Entdecker der Normalverteilung, Abraham de Moivre, verdiente sich seinen Lebensunterhalt, indem er Glücksspielern Ratschläge gab.
Hinter allen großen Wirtschaftstheorien stecken Menschen, die Paul Strathern in"Schumpeters Reithosen" dem Leser näher bringt. Wer sind die Denker, Mathematiker und Statistiker, die nicht nur jeder Student der Wirtschaftswissenschaften kennen lernt, sondern deren Ideen das Unternehmertum und die Wirtschaftspolitik so nachhaltig geprägt haben? Wo liegen die Wurzeln für Gesetze und Regelungen, die uns heute so selbstverständlich erscheinen, sich aber einst gegen konkurrierende Vorstellungen durchsetzen mussten?
Strathern, der regelmäßig für den"Observer" und das"Wall Street Journal" schreibt, erzählt nicht nur Anekdoten über verschrobene, verarmte, verrückte und hysterische Ã-konomen. Er gibt gleichzeitig einen Überblick über die Wirtschaftstheorien und ihre Auswirkungen auf die heutige Wirtschafts- und Sozialpolitik. Hier erfährt der Leser über Schumpeter, dass er die Konjunkturzyklen entdeckte und was es mit diesen mysteriösen Wellenbewegungen auf sich hat. Er erfährt aber auch, dass Schumpeter ein Frauenheld und Pferdenarr war, der seine Vorlesungen im Reitkostüm hielt und zum Ziel hatte, der"größte Liebhaber in Wien" zu werden. Überhaupt, die Frauen: Die Wirtschaftsgelehrten fürchteten oder liebten sie. Robert Owen etwa, auf den die Gewerkschaftsbewegung zurückgeht, hielt die Ehe für ein"unnatürliches Verbrechen". Robert Malthus entwickelte die Theorie, dass die Bevölkerung stets schneller wachse als die Mittel zu ihrer Ernährung und dies zwangsläufig zur Verelendung führe. Seine Schlussfolgerung: Bei der Eheschließungszeremonie sollte das Paar darauf hingewiesen werden, dass es die finanziellen Lasten und Folgen seiner Leidenschaft selbst zu tragen habe. Strathern beschreibt die großen Wirtschaftstheorien durch die Menschen, die sie entwickelt haben. Diese Darstellung ist leicht, witzig und gerade dadurch einprägsam und lehrreich. Wer als Student das Pareto-Optimum nie so recht begriffen hat, versteht es nach der Lektüre von"Schumpeters Reithosen" ganz bestimmt - und lernt außerdem, dass Pareto allein inmitten seiner reinrassigen Angora-Katzen zu speisen pflegte.
[b]Paul Strathern: Schumpeters Reithosen, Campus, Frankfurt 2003, 331 Seiten, 24,90 Euro
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