-->Mehrwertsteuer steigt auf EU-Niveau / Arbeitslosigkeit trotz Wachstumsstärke bei 17,6 Prozent
Mit gemischten Gefühlen gehen die Polen ins neue Jahr. Zwar verheißen Konjunkturprognosen dem EU-Anwärter satte Wachstumsraten. Doch nicht nur die hohe Arbeitslosigkeit und das Haushaltsdefizit dämpfen den Optimismus: Der EU-Beitritt dürfte dem Land eine Teuerungswelle bescheren.
VON THOMAS ROSER
Warschau · 5. Januar ·"Es kommt ein gutes Jahr", titelte zum Jahreswechsel hoffnungsfroh die Wirtschaftsredaktion der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita. Tatsächlich scheint der größte EU-Anwärter nach langer Durststrecke rechtzeitig vor dem Beitritt zu Europas Wohlstandsbündnis im Mai seine Wachstumsschwäche überwunden zu haben. Für das dritte Quartal 2003 vermeldeten Polens Statistiker kürzlich ein Wachstum von 3,9 Prozent. Insgesamt dürfte das Brutto-Inlandsprodukt im abgelaufenen Jahr nach nur 1,4 Prozent in 2002 um mindestens 3,5 Prozent zugelegt haben. Damit hat sich die Prognose der Regierung, der noch vor Jahresfrist purer Zweckoptimismus bescheinigt wurde, erfüllt. Noch höher sind die Erwartungen der polnischen Wirtschaftsinstitute für das neue Jahr: Sie gehen 2004 von einem Wachstum zwischen 4,5 und 5,2 Prozent aus.
Ausländische Investoren gesucht
Wachstumsmotor zwischen Oder und Bug war 2003 der Export. Neben der nur allmählich einsetzenden Erholung auf den wichtigsten EU-Absatzmärkten hat vor allem der schwache Zloty, der gegenüber dem Euro 2003 knapp 16 Prozent an Wert verlor, die Ausfuhr polnischer Exporte kräftig angekurbelt. Die zahlreichen Leitzins-Senkungen seit 2001 haben zudem für eine allmählich spürbare Belebung der Binnennachfrage gesorgt. Hoffnungsfroh stimmt Konjunkturforscher auch das wieder wachsende Investitionsvolumen: Warschau hofft mit dem EU-Beitritt in diesem Jahr noch mehr ausländische Investoren an die Weichsel locken zu können.
Doch vor allem <font color=#FF0000>die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit von offiziell derzeit 17,6 Prozent </font>lässt die Mehrheit der Polen im Gegensatz zu den Konjunkturforschern eher pessimistisch in das neue Jahr blicken. Der sich abzeichnende Aufschwung löste auf dem angespannten Arbeitsmarkt kaum Reaktionen aus. Verschärft wird die Lage durch die geburtenstarken Kriegsrecht-Jahrgänge. Obendrein dürfte sich mit dem EU-Beitritt die Konkurrenzsituation der verlustträchtigen Unternehmen der Montanindustrie verschärfen. In der Branche ist daher mit weiteren Massenentlassungen zu rechnen.
Brot und Zigaretten teurer
<font color=#FF0000>Der EU-Beitritt wird Polen die ersehnte Geldspritze für den überfälligen Ausbau des Straßennetzes und den nötigen Strukturwandel in der Landwirtschaft bescheren.</font> Die Freude über die Finanzhilfe aus Brüssel wird aber durch Rückstände bei der Schaffung der nötigen Institutionen zur Verteilung des EU-Geldes getrübt: Polen droht so in den ersten Mitgliedsjahren einen gehörigen Teil der dem Land eigentlich zustehenden Mittel zu verlieren.
Die Polen werden den nahenden Beitritt zur Union zunächst vor allem im Geldbeutel zu spüren bekommen. <font color=#FF0000>Die Anpassung der Mehrwertsteuer auf EU-Niveau wird den Preis für Brot, Benzin, Neubauwohnungen, Zigaretten oder die Kino-Karte drastisch in die Höhe schrauben.</font> Ein Trost: Wenigstens der Alkohol wird billiger.
Gedämpft wird der aufkeimende Optimismus auch durch das ausufernde Haushaltsdefizit. Bereits <font color=#FF0000>2003 betrug die Neuverschuldung sechs Prozent des Brutto-Inlandprodukts</font> - und lag damit doppelt so hoch wie die Maastricht-Norm für den anvisierten Beitritt zur Euro-Zone. <font color=#FF0000>Zumindest in diesem Jahr wird die Neuverschuldung noch weiter klettern.</font>
"Wenn die Regierung nicht bald mit der Reduzierung des Defizits beginnt, wird die Wachstumsphase schnell und schmerzhaft enden", fürchtet die Tageszeitung Zycie Warszawy.
Fahren die Polen die gleiche Schiene wie die Verzweifelten Staaten [img][/img]. Ich dachte die wollen in die europäische Gemeinschaft?- ach so auch hier darf sich jetzt jeder nach Beliebigkeit verschulden.
Stephan
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