-->Hallo,
recht viel Neues enthält der Kommentar in der Welt am Sonntag nicht, aber wenn es schon mal was Kritisches über den Eurotz zu lesen gibt, sollten wir die Gelegenheit nutzen.
Von wem der Gastkommentar geschrieben wurde, war bei WamS-Online leider nicht zu lesen. Die Redaktion begnügte sich mit dem Hinweis, daß der"Autor Wirtschaftwissenschaftler und als Euro-Gegner bekannt ist".
Ein Versehen oder doch Methode?
Aus der Welt am Sonntag:
Euroland ist abgebrannt, und die Tage der Euro-Hausse sind gezählt
Deutschland wird mit der EZB und der Gemeinschaftswährung doppelt bestraft.
Der Autor ist Wirtschaftswissenschaftler und bekannt als Euro-Gegner
Dass es mit der Euro-Aufwertung so knüppeldick kommen würde, hatten nicht einmal die Warner vor seiner Einführung vorausgesehen. Von Anfang an war klar, dass es mit der Gemeinschaftswährung zu einem Lastenausgleich zwischen reichen und armen EU-Staaten kommen würde, jenseits und zusätzlich zu den vereinbarten Subventionen.
In den durch den Euro von Währungsrisiko, Kapitalarmut und hohen Zinsen befreiten ärmeren EU-Volkswirtschaften würde zwangsläufig ein Wirtschaftswunder ausbrechen - nur leider ein hochgradig inflatorisch finanziertes; denn sie konnten jetzt ihnen fehlendes Kapital über billige Euro-Kredite und Kapitalimporte ausgleichen.
Doch der Vater dieses"Wunders" an der europäischen Peripherie, das Land mit der härtesten Währung und stärksten Kapitalbildung, nämlich Deutschland, würde davon nichts haben. Es blieb nämlich auf seinen alten Zinsen und niedrigen Inflationsraten sitzen und bekäme so - trotz seiner hohen Ersparnisse - das höchste Realzinsniveau in ganz Euroland!
Erst mit Deutschlands Verzicht auf die Deutsche Mark wurde es möglich, die Abwertungsprämien der europäischen Schwachwährungen, von Lira, Peseta, Peso, Drachme, Punt und so weiter auf den Euro abzuwälzen und zu vergemeinschaften. Deutschland hat diesen Ländern"sein" Zinsniveau geschenkt.
Allein das über die Halskrause (staats)verschuldete Italien"spart" seitdem alljährlich 50 Milliarden Euro und mehr an Zinsen auf seine Staatsschuld!
Und was hat Deutschland, der edle Spender, dafür bekommen?
Jetzt, da es bitter notwendig wäre, die Zinsen endlich auch hier zu Lande investitionsgerecht abzusenken, zwingt die Inflation der alten Schwachwährungsländer die EZB zum zinspolitischen Nichtstun.
Auch mit dem zweiten Geschenk an Europa, dem Stabilitätspakt, hat sich der deutsche Wohltäter sein eigenes Bein gestellt.
Entgegen Etikett und Zielsetzung belohnt der Pakt nämlich jene Stabilitätssünder, denen die Inflation zu Hause die Steuerkassen bis zum Rande füllt, während die Musterknaben in Sachen Stabilität - seit langem Frankreich und Deutschland - dafür bestraft werden sollen, dass ihnen stabilitätsbedingt die Steuereinnahmen wegbrechen - mit der grotesken Folge, dass jetzt ein EU-Organ das andere verklagt.
Was veranlasst die internationalen Finanzmärkte, die Währung dieser nicht nur wirtschaftlich knirschenden Gemeinschaft höher zu bewerten als die unangefochtene Weltwährung Dollar? Reiner Antiamerikanismus kann es nicht sein, und auch nicht das chronische Doppeldefizit der US-Volkswirtschaft.
Denn das Budgetdefizit befeuert die US-Konjunktur, wie man sieht: mit wachsendem Erfolg. Und das US-Leistungsbilanzdefizit stützt die Weltwirtschaft, die ohne die Importüberschüsse der USA (die Exportüberschüsse der anderen Nationen, auch Deutschlands) schon längst abgestürzt wäre.
Und der schwache US-Dollar? Ist er nicht gewollt, um die Exportkonjunktur auf noch höhere Touren zu bringen? Wohl kaum. Die einfachste Erklärung für die Dollar-Baisse ist die am wenigsten erkannte: Der Dollar leidet nicht an Präsident Bushs Steuersenkungen und Ankurbelungsprogrammen, sondern an seinem Notenbankchef Alan Greenspan.
So wie die Börsenblase der 90er-Jahre allenfalls marginal etwas mit den realen Produktivitätssprüngen der IT-Branche zu tun hatte, sondern damit, dass es zu viel und zu billiges Geld zum berufsmäßigen Spekulieren mit Aktien gab, so hat auch die gegenwärtige Baisse ihren eigentlichen Grund in der Politik der US-Zentralbank.
Deren Zinsen sind konjunktur- und nicht leistungsbilanzorientiert, also international gesehen zu niedrig. Deswegen fließt kurzfristiges Geld in den Euro. Doch spätestens dann, wenn sich die US-Konjunktur als wesentlich robuster erweist als die zerrissene in Europa und blockierte in Deutschland, wird sich das ändern, zumal dann das US-Fed-System nicht mehr zögern wird, seine US-Zinsen für in- und ausländische Dollaranleger attraktiver zu machen.
Die Tage der Euro-Hausse sind also gezählt. Doch sie war überflüssig und hinterlässt Spuren. Währungen sollten nicht nur intern, sondern auch extern stabil und spekulationssicher sein.
Seit es kein Weltwährungssystem mehr gibt, das die Zinspolitiken der Zentralbanken koordiniert und auf diese Weise Währungsrelationen und Wechselkurse stabilisiert, müssen Zentralbanken dieses in eigener Regie und Verantwortung tun - und genau da verweigern sie sich.
Die großen Zentralbanken der Welt (USA, England, Japan, EU) agieren"nationaler", als sie es im Zeitalter von Globalisierung und akuter Crash-Gefahren der internationalen Finanzmärkte dürften. Deswegen brechen immer wieder Spekulationshaussen und -baissen aus an den Aktienbörsen, wo der kleine Sparer zu Schaden kommt und zunehmend stärker an den Währungsmärkten, worunter die Exportwirtschaft leidet und die von ihr abhängigen Arbeitsplätze verloren gehen.
Deutschland als investitions- wie exportabhängige Volkswirtschaft ist mit EZB und Euro doppelt"bestraft". Die EZB kann (und darf) angesichts der Binneninflationsgefahr ihre Zinsen nicht senken, zumal diese Gefahr mit der EU-Osterweiterung noch an Dramatik gewinnen wird.
Und ob der Euro wie nach seiner Einführung abwertet oder wie jetzt aufwertet, ist zwar für die Wettbewerbsfähigkeit einer Exportnation wie Deutschland lebenswichtig, passt aber nicht in das binnenmarktorientierte Konzept der EZB.
Wie auch immer Deutschland seine Strukturaufgaben meistert, der Euro ist dabei nicht hilfreich. Es war ein Irrtum zu glauben, er sei eine"Reformpeitsche" (Wolfgang Schäuble).
Er belastet Deutschlands Investitionen und Exporte und blockiert über den Stabilitätspakt den Einsatz des konjunkturpolitischen Instrumentariums, ein Problem, das die glücklichen USA nicht kennen.
Auch wenn es derzeit nicht zu ändern ist, man muss es wissen und die Euro-Partner und EU- ihre Kommissare in Brüssel wissen lassen. Deutschland tut mehr für Europa, als es auf absehbare Zeit wirtschaftlich von ihm hat. Nur: Ein Europa ohne ein dynamisches Deutschland verliert selber an Attraktivität, Zusammenhalt und am Glanz seiner Währung.
|