-->Ernüchternde Erfahrungen mit den Banken
Die Nöte des Mittelstands lindern
Michael W. Hummel
Viele Banken ziehen sich derzeit aus der Mittelstandsfinanzierung zurück. Bestehende Finanzierungen werden in Frage gestellt. Neue Finanzierungen häufig gar nicht erst angeboten.
HB REUTLINGEN. Den von dieser Entwicklung betroffenen Mittelständlern will die Reutlinger Initiative KMU Financial Services helfen, die attraktive Finanzierungskonzepte für Mittelständler anbietet.
"Ernüchternd". So beschreibt Michael Klas, Geschäftsführer der KNT Netzwerksysteme GmbH in Balingen, seine Erfahrungen mit den Banken."Dass wir jährlich mit mehr als 25 % wachsen, interessiert die Banken nicht", sagt Klas frustriert. Für die Banken seien nur die Bilanzkennzahlen von Interesse. Aufgrund dieser Zahlen wollten die Banken ihr Engagement KNT, das im Bereich der Unternehmenskommunikation tätig ist, nicht weiter ausweiten. Die Folge: Neue Arbeitsplätze, die geplant waren, kamen nicht zu Stande.
Ähnlich frustrierend sind die Erfahrungen von Martin Fink:"Für unser junges Unternehmen, das aus dem Stand einen Jahresumsatz von etwa eine Millionen Euro erzielte, versuchte ich unter Einsatz eines unabhängigen Beraters eine Finanzierung auf die Beine zu stellen." Fink ist Geschäftsführer der Do it Mechatronik GmbH in Neuhausen, die eng mit der Autoindustrie zusammenarbeitet. Das Unternehmen ist auf Prüfstände, Anlagenverkettung und Montageanlagen spezialisiert. Fünf Banken wurden angeschrieben und viele persönliche Gespräche geführt. Immer mit dem gleichen negativen Ergebnis. Die geschilderten Erfahrungen sind keine Einzelfälle. Bestehende Finanzierungen werden von Banken entweder gekürzt oder ganz gestrichen. Neue Finanzierungen werden, auch bei langjähriger guter Zusammenarbeit, nicht angeboten.
Die Gründe dafür lägen in der Krise des deutschen Bankwesens, sagt Hans-Werner Stahl, Lehrstuhlinhaber für Rechnungswesen und Controlling an der European School of Business (ESB) in Reutlingen. Dies sei im internationalen Vergleich zu kostenintensiv organisiert. Andererseits verdienten die Kreditinstitute im Investment-Banking deutlich weniger als in den Vorjahren."Viele Banken", so Stahl,"orientieren sich deshalb neu und verlassen den kosten- und betreuungsintensiven Mittelstand." Als Folge verlören viele Mittelständler ihre bisherige Hausbank.
Stahl hat diese Situation zum Anlass genommen, selbst initiativ zu werden. Der ESB-Professor gehört zu den Gründern der KMU Financial Services GmbH & Co. KG (KMU FS) in Reutlingen. Bereits vor der Eintragung stand die KMU FS nach Auskunft von Geert Müller-Seubert, Geschäftsführer der KMU FS, mit rund 40 beitrittswilligen Unternehmen in Verhandlungen. Müller-Seubert weist darauf hin, dass die Initiative keine Konkurrenz für die Banken darstelle, sondern als Ergänzung zu den bestehenden Banken zu verstehen sei. Ziel sei es, Mittelständler auf der Basis des genossenschaftlichen Grundgedankens im Sinne einer Selbsthilfeorganisation zusammenzuführen. Man wolle, so Müller-Seubert,"Hilfe zur Selbsthilfe" leisten.
Die Finanzierungskonzepte der KMU FS ermöglichten sowohl eine erhöhte Eigenkapitalzufuhr als auch maßgeschneiderte Finanzierungskonzepte. Wer in den Genuss dieser Leistungen kommen will, muss allerdings Kommanditist werden. Derzeit beträgt die Mindesteinlage rund 5 000 Euro."Durch diesen Zusammenschluss werde eine nicht zu übersehende Nachfragemacht gebildet, die naturgemäß bessere Konditionen heraushandeln kann, als ein einzelner Mittelständler", zeigt sich Stahl überzeugt. Dass der Geldfluss nicht versiegt, dafür sorgt unter anderem eine französische Genossenschaftsbank. Diese Partnerbank beabsichtigt nach Aussage von Müller-Seubert eine Expansion im Ausland und hat ihr Kreditvolumen in fünf Jahren von 600 Mill. auf 1,2 Mrd. Euro verdoppelt."Ohne uns kommt die Bank aber nicht an deutsche Mittelständler", hebt Müller-Seubert hervor. Die KMU FS sei der"Saugnapf der französischen Bank".
Diese Bank ist aber beileibe nicht die einzige, mit der die KMU FS kooperiert."Für die Vermittlung von stillen Beteiligungen haben wir beispielsweise einen sehr günstigen und renommierten Schweizer Partner aus dem Investment-Banking", ergänzt Stahl.
Nutznießer der Vermittlerrolle der KMU FS sind ihre mittelständischen Kommanditisten. Die Vorteile, die die KMU FS bietet, sind Unternehmen wie KNT Netzwerksysteme oder Do it Mechatronik bereits zugute gekommen. Michael Klas war vor allem von der fairen und kompetenten Bewertung der"weichen Faktoren", worunter auch die Zukunftsperspektiven seines Unternehmens fallen, überrascht. Auch die effizienten Bemühungen, gemeinsam nach Möglichkeiten und Lösungen zu suchen, seien eine"echte Erfrischung". Ähnlich sieht es Martin Fink, der betont, dass es die Geschäftsleitung der KMU FS verstanden habe, ihren eigenen positiven Eindruck von Do it Mechatronik auf den Bankvertreter zu übertragen.
Langfristiges strategisches Ziel der KMU-Initiatoren ist die Umwandlung in eine Vollbank. Dafür bedarf es freilich viel Geld: Fünf Millionen Euro Eigenkapital müssen aufgebracht werden."Wir denken zunächst an einen Einstieg bei einer Privatbank, um über deren Banklizenz ein Cash-Pooling anbieten zu können", sagt Müller-Seubert. Ein echtes Cash-Pooling wird durch die Liquiditätsüberschüsse einzelner Kunden der KMU FS erzielt. Mit diesen Überschüssen können Finanzierungsengpässe von KMU-Kommanditisten überbrückt werden. Eine Banklizenz würde der KMU FS weitere attraktive und innovative Möglichkeiten eröffnen, die Finanzierungsnöte der Mittelständler weiter zu lindern. Es wird nicht zuletzt von deren Engagement für die Reutlinger Initiative abhängen, ob dieses Ziel erreicht werden kann. Kontakt: KMU Financial Services GmbH & Co. KG, Tel.: 07 12 1 / 57 65 44, E-Mail: info@kmu-financial-services.de.
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