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Inder oder Technik/Patente
12. Februar 2004, 02:07, Neue Zürcher Zeitung
Zittern Analytiker bald vor automatisierter Konkurrenz?
ra. Vor vier Jahren gehörten sie noch zu den Helden der Finanzgemeinde: die Aktienanalytiker. Mit dem Entstehen der Technologie-Blase an den Aktienmärkten ging auch der Stern der bis dato eher im Verborgenen arbeitenden Spezies auf, der vorher zuweilen nachgesagt wurde, lediglich Arbeitssklave für die Fondsmanager zu sein. Mit dem Platzen der Hightech-Blase verglühte jedoch auch der Stern der Analytiker. Wohl keine andere Berufsgruppe hatte in so kurzer Zeit derartig heftige Schwankungen in der öffentlichen Wahrnehmung erlebt wie jene der Finanzanalytiker. Nun könnte eine Schweizer Firma die Analytiker weiter in die Enge treiben. Das Unternehmen theScreener.com entwickelte ein Computerprogramm, das die Analyse von Unternehmen völlig elektronisch vornimmt. Am Mittwoch präsentierte der in Nyon und Zürich domizilierte Research-Anbieter an einer Medienpräsentation in Zürich einen «Company Report Service», der erstmals völlig automatisiert Aktien- und Unternehmensanalysen im Internet vornimmt, bei denen nicht nur die Kennzahlen automatisch berechnet, sondern auch die Research-Texte vom Computer geschrieben werden.
Die Systeme der im Frühjahr 2000 gegründeten Gesellschaft erstellen auf Knopfdruck für ausgewählte Unternehmen zweiseitige Analysen im PDF-Format. Neben allgemeinen technischen und fundamentalen Erläuterungen und Kennzahlen bietet das Online-Werkzeug unter anderem auch eine Risikoanalyse, einen Branchenvergleich und ein kurzes Porträt des jeweiligen Unternehmens. Als Lieferant der automatisiert analysierten und zweimal wöchentlich aktualisierten Daten dient vor allem der internationale Finanzinformations-Anbieter JCF Group. Zurzeit hat theScreener.com gemäss Unternehmenschef Andreas Lusser bereits 2000 registrierte Kunden. Das Angebot von Research, das «unabhängig» und nicht durch die Meinung von Analytikern «verzerrt» ist, richtet sich an institutionelle und private Kunden. Zwar sieht das Unternehmen eher private Vermögensverwalter und kleinere Banken, die sich kein eigenes Research leisten können oder wollen, als potenzielle Nutzer, doch auch grössere Institute sollen angesprochen werden. Ob diese jedoch zusätzlich Geld aufwenden wollen, um ihren gut bezahlten Sell-side- und Buy-side-Analytikern ein weiteres Analyse-Tool an die Hand zu geben oder sie sogar durch automatisierte Systeme zu ersetzen, ist sehr fraglich. Insofern müssen Analytiker kaum um ihre Jobs fürchten - jedenfalls nicht wegen der völlig automatisierten Research-Berichte.
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