-->VW verdirbt die Stimmung vor dem Genfer Autosalon
Die Branche wartet vergeblich auf Erholung / Käuferstreik, falsche Produkte, Rabattschlachten
kön. FRANKFURT, 29. Februar. Der Zeitpunkt hätte nicht schlechter sein können. Wenige Tage vor Beginn des Internationalen Automobilsalons in Genf dämpft die Nachricht des größten europäischen Autoherstellers über ein massives Kostensenkungsprogramm die Stimmung."Das wird das Thema der Show", sagt ein Branchen- und Unternehmensbeobachter. Allein der Wolfsburger Konzern wird reichlich Gesprächsstoff in Genf liefern, wo sich die internationale Autoindustrie mit insgesamt 262 Ausstellern trifft. Wird Vorstandschef Bernd Pischetsrieder durchhalten? Hat er den Fehdehandschuh aufgenommen und räumt mit dem Erbe einer teils verfehlten Produktstrategie des Vorgängers und Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch auf?
Als wenn das nicht genug ist, nehmen die Nachrichten aus Wolfsburg die Ouvertüre für die erste große Autoschau in Europa in diesem Jahr vorweg, in Moll gespielt. VW diagnostiziert eine anhaltend schlechte Konjunktur. Sie sei auf den wichtigsten Automärkten entgegen allen Prognosen noch immer nicht angesprungen. In der gesamten Branche sitzt der Schock über den Einbruch bei den Aufträgen und bei den Neuzulassungen (minus 12 Prozent) im Januar im größten europäischen Einzelmarkt Deutschland tief. Gleiches gilt auch für den wichtigen Markt Frankreich.
Die Genfer Schau mit ihren mehr als 70 Welt- und Europa-Premieren zeigt indes Glamour, wenn Audi den neuen A6, Mercedes-Benz das viertürige Coupé CLS 500, Bentley den Arnage, Lamborghini ein Murciélago Sportcabrio oder Peugeot den Nachfolger 407 präsentieren. Die mehr als 700 000 Besucher, die zwischen dem 4. und dem 14. März erwartet werden, dürfen schwelgen und träumen.
Die Realität sieht anders aus:"Käuferstreik", beschreibt Christoph Stürmer vom Marktforschungsinstitut Global Insight die Stimmung, maßgeblich beeinflußt durch Unsicherheiten und Zukunftsängste der Verbaucher."Im vergangenen Monat hat es einen Zusammenbruch ausschließlich im privaten Bereich gegeben." Während das Flottengeschäft mit einem Anteil von rund 50 Prozent an den Gesamtzulassungen in Deutschland konstant blieb, gab es im Privatgeschäft ein Minus von 25 Prozent. Zumindest die Auftragslage, darauf deuten erste Daten hin, scheint sich im Februar verbessert zu haben. Stürmer rechnet damit, daß die Zurückhaltung im Verlauf des Jahres abnimmt; ein Grund, warum er seine Prognose für 2004 nur leicht von 3,4 Millionen auf 3,35 Millionen Autos zurücknimmt. Mit dem Zuwachs von 3,7 Prozent nähert er sich dem vorsichtiger planenden Verband der Automobilindustrie (VDA), der ein Absatzplus gegenüber 2003 (3,24 Millionen Autos) von rund 3 Prozent unterstellt.
Die enttäuschende Nachfrage nach dem Hoffnungsträger VW Golf V, der dem Wolfsburger Konzern nun große Probleme bereitet, hatte eine negative Signalwirkung."Mit einem erfolgreichen Verkauf des neuen Golf hofften wir eigentlich mit Impulsen und Mitzieheffekten in der gesamten Branche", sagt ein Manager eines ausländischen Konkurrenten. Vergebens. Mit Sorge blicken die Unternehmen auf die weitere Entwicklung. Werden andere Neuheiten des Jahres wie Opel Astra und Ford Focus ebenso zögerlich aufgenommen?
"Das angeblich verbesserte Klima unter den Verbrauchern findet sich nicht in den Auftragsbüchern der Autoindustrie wieder", sagt Autoexperte Peter Schmidt von Automotive Industry Data (AID)."Das Umfeld ist miserabel." Da hätten die Hersteller keine Wahl, als noch mehr Preiszugeständnisse zu machen, um den abwartenden Kunden zum Kauf zu bewegen. Für Schmidt ist bei den Rabattschlachten inzwischen Neuland betreten worden. Der Golf V ist nicht nur wenige Wochen nach Verkaufsbeginn von Händlern mit Rabatten von 5 bis 10 Prozent verkauft worden. Nach dem mißlungenen Start gibt VW seit vier Wochen auch die Klimaanlage im Wert von 1200 Euro gratis dazu. Rivale Opel hat für den neuen Astra, der noch gar nicht auf dem Markt ist, mit wertvoller Zusatzausstattung einen Frühbucherrabatt geboten.
Es gibt aber in Europa durchaus Regionen, in denen Autos gut verkauft werden. Im Januar hat es etwa in Spanien, Italien und Großbritannien hohe Absatzzwächse von 6 bis 9 Prozent gegeben. Zudem rücken die japanischen Hersteller immer weiter vor. Toyota (2003 Absatzplus 7 Prozent in Westeuropa), Nissan (plus 13 Prozent) und Mazda (plus 30 Prozent) zeigten es den europäischen, besonders den deutschen Wettbewerbern, allen voran VW: Autos sind doch noch zu verkaufen, wenn die von den Kunden geforderte Qualität und Sicherheit sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.03.2004, Nr. 51 / Seite 14
Bildmaterial: dpa/dpaw
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