-->Sächsische Zeitung
Donnerstag, 11. März 2004
Dienst an der Mülltüte
Gefangene helfen der Stadtreinigung bei der Grünflächenpflege
Von Siiri Klose
Die Stadt und die Dresdner Justizvollzugsanstalt am Hammerweg haben einen Vertrag abgeschlossen: Gefangene reinigen ab sofort Grünanlagen und Plätze.
„Am Dienstag hätten wir anfangen sollen“, sagt Rico, 37 Jahre alt und Insasse der Dresdner Vollzugsanstalt. Gestern verbargen sich Papierfetzen, Zigarettenschachteln und all der andere Müll, der sich auf den Elbwiesen breit macht, unter einer Schneedecke. Mit rotem Plastesack und Greifarm bewaffnet, durchforsten die sieben Gefangenen, die sich für das Projekt „Schwitzen statt sitzen“ gemeldet hatten, die Wiesen zwischen Albert- und Carolabrücke. Zwar sind Hände und Füße klamm. „Aber immer noch besser, als den ganzen Tag weggeschlossen zu sein“, sagt Ralf, 23, der wegen Schwarzfahren in der Straßenbahn zu 250 Euro Geldstrafe verurteilt wurde. Bezahlen konnte er nicht, deshalb muss er die Strafe absitzen. Drei Wochen, die er durch seinen Dienst an der Mülltüte halbieren kann - für jeden Tag, den er arbeitet, kommt er im Austausch einen Tag eher frei.
Das freut sowohl ihn als auch den Steuerzahler. „Ein Tag im Gefängnis kostet etwa 65 Euro“, sagt Harald Preusker, Abteilungsleiter im Dresdner Justizvollzug. „Das führt bei kleinen Strafen zu der paradoxen Situation, dass ein Gefangener den Staat mehr kostet, als die Geldstrafe ausmacht.“
Zwar gibt es auch Arbeitsstellen in der Anstalt, aber die sind - wie in der „richtigen“ Welt - knapp. Deshalb wird ausgesuchten Gefangenen angeboten, sich an den Säuberungsaktionen zu beteiligen. Nicht jeder ist dafür geeignet: „Nur Straftäter mit kleinen Strafen, die sich in der Anstalt gut aufgeführt haben, werden gefragt“, sagt Preusker. Übrigens helfen sie nicht zum ersten Mal: Schon bei der Beseitigung der Flutschäden haben einige mit angepackt. „Die Arbeit basiert auf Freiwilligkeit, Geld gibt es dafür nicht“, sagt Jürgen Lorenz. Er ist verantwortlich für den Transport der Truppe und überwacht sie während der Arbeit. Um ihren Job beneidet er die Jungs nicht. „Wenn es warm ist und überall die Überreste von Partys herumliegen, wird es eklig.“ Genauso wie auf dem Alaunplatz, wo es auch Hundehäufchen wegzuräumen gilt.
Auch auf dem Olbrichtplatz und dem Königsbrücker Platz sollen die Gefangenen künftig zum Einsatz kommen. „Jeder einzelne wird vorher auf Herz und Nieren geprüft, ob Flucht- und Missbrauchsgefahr besteht“, sagt Preusker. Schließlich soll die Aktion das Ansehen seiner Schützlinge in der Bevölkerung verbessern.
<ul> ~ http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=583075</ul>
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