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NEUES DEUTSCHLAND, 16.3.04
0,8 Billionen fürs Militär
Studie: US-Verteidigungsausgaben sind doppelt so hoch wie offiziell ausgewiesen
Von Rainer Rupp
Die Summe ist unvorstellbar - 521 Milliarden Dollar soll das Haushaltsloch laut Entwurf der Regierung im Jahr 2005 betragen. Die hohen Defizite scheint der US-Senat nicht mehr hinnehmen zu wollen. Dessen Haushaltsausschuss hat jetzt 7 Milliarden Dollar aus Präsident George W. Bushs Forderungen für den Verteidigungsetat gestrichen.
Zugleich weckt der von Bush propagierte »globale Krieg gegen den Terror«, der noch Jahrzehnte dauern soll, wenig Hoffnung auf eine schnelle Gesundung der US-Staatsfinanzen. Der Rüstungsetat spielt eine maßgebliche Rolle beim dramatischen Anstieg des Haushaltsdefizites in den letzten Jahren. Offiziell liegen die Verteidigungsausgaben bei 401,7 Milliarden Dollar. Tatsächlich aber sind sie doppelt so hoch, wie der US-Wirtschaftshistoriker Prof. Robert Higgs in einer detaillierten Untersuchung nachgewiesen hat. Nicht im offiziellen Pentagon-Budget enthalten sind z.B. die Kosten für Nuklearwaffen, die im Haushalt des Energieministeriums verbucht sind. Mindestens 18,5 Milliarden Dollar kostet jährlich der Unterhalt der strategischen und die Entwicklung neuer Mini-Atomwaffen, mit denen tief im Fels vergrabene Bunker in die Luft gejagt werden können. Auch die Kosten für die Kriege in Afghanistan und Irak - 58,8 Milliarden Dollar - sind nicht im offiziellen Pentagon-Budget verbucht, sondern gemeinsam mit Ausgaben für zivile Zwecke im »Ergänzungsbudget« versteckt. Des weiteren rechnet Prof. Higgs Wirtschaftshilfe mit militärischer Zielsetzung sowie Kredite an andere Länder zum Kauf von US-Militärtechnik - 17,6 Milliarden Dollar - zu den versteckten Verteidigungsausgaben. Hinzu kommen noch Folgekosten der Pentagon-Aktivitäten: 67,3 Milliarden für die Versorgung von Kriegsveteranen und für Krankenhäuser, Pflegeheime, Pensionszahlungen etc. sowie 31 Milliarden für das neue Heimatschutzministerium. Den größten Brocken stellen laut Higgs mit 138,7 Milliarden Dollar im Jahr 2002 die Zinszahlungen für den Anteil der Rüstungsausgaben an der Staatsschuld der US-Bundesregierung dar.
Obwohl für das laufende Haushaltsjahr noch keine endgültigen Zahlen vorliegen, beziffert Prof. Higgs in seiner Analyse die tatsächlichen Rüstungsausgaben auf 0,8 Billionen Dollar. Damit würden sie ein Drittel aller Mittel des Bundeshaushalts und etwa 7,5Prozent des Bruttoinlandsproduktes der USA verschlingen.
Ähnlich dramatische Zahlen liefert das Stockholmer Internationale Institut für Friedensforschung (SIPRI), demzufolge schon das Pentagon-Budget fast 50Prozent der gesamten Militärausgaben der Welt ausmacht. Im letzten Haushaltsjahr seien die Rüstungsausgaben um 6Prozent gestiegen, in diesem Jahr dürfte ein Plus von 7 Prozent hinzukommen.
Die zunehmende finanzielle Last setzt der amerikanischen Militärmaschinerie allmählich Grenzen, auch wenn die einzige Supermacht nach außen das Bild von globaler Ausdehnung und technologischer Unbesiegbarkeit projiziert. Aus diesem Grund fordert die Bush-Regierung zunehmend forsch Entlastung durch die Verbündeten. Deutschland müsse mehr Geld, »mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts«, in die Rüstung investieren, forderte daher US-Botschafter Daniel R. Coats kurz vor Kanzler Schröders jüngstem Besuch bei Präsident Bush. Die USA wollten den Krieg gegen den Terrorismus nicht alleine führen, sie seien aber dazu gezwungen, weil ihre »Verbündeten nicht immer mithalten können«, so Coats.
<ul> ~ Militärhaushalt</ul>
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