-->Krach zwischen Regierung und Industrie
BDI: Die Farbe der Arbeitslosigkeit ist grün / Schröder: Wer ins Ausland geht, ist kein Patriot
ami. Berlin, 22. März. Bundesregierung und Wirtschaft streiten über die Verantwortung für die zunehmende Verlagerung von Arbeitplätzen ins Ausland. Die Industrie macht die Umweltpolitik der Grünen mit dafür verantwortlich."Die Arbeitslosigkeit, die so entsteht, hat eine Farbe: Sie ist grün," sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, dieser Zeitung am Montag. Allein der Emissionshandel werde zigtausende Stellen kosten, wenn er so eingeführt werde, wie es Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gegen den Rat von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) plane.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der neue SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter warfen dagegen Unternehmern, die ihre Produktion ins Ausland verlagerten, vor, sie seien"unpatriotisch". Grund waren Äußerungen des Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, im"Tagesspiegel":"Ich empfehle den Unternehmen, nicht auf eine bessere Politik zu warten, sondern jetzt selbst zu handeln und die Chancen zu nutzen, die zum Beispiel in der Osterweiterung liegen." Das sei ein Rezept, um Arbeitsplätze und Lehrstellen in Deutschland zu sichern. Die Reform-Agenda solle den Standort Deutschland zukunftsfest machen, sagte Schröders Sprecher Béla Anda."Für Klagen besteht also kein Anlaß." Braun verenge"was notwendig und wichtig ist für unser Land, auf eine rein betriebswirtschaftliche Sichtweise." Braun rede den Standort schlecht, handle"unanständig und verantwortungslos" und verhalte sich"vaterlandslos", sagte Benneter.
Dagegen bekräftigte Rogowski, nur durch die Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland blieben viele Unternehmen wettbewerbsfähig. Das belegen Untersuchungen der Kammern und Wirtschaftsforscher (Siehe F.A.Z. vom 22. Januar). Es gehe nicht nur um Arbeitskosten und Steuern, sondern auch um neue Belastungen wie die Ausbildungsabgabe oder die kostentreibende Umweltpolitik. Die Grünen hätten die Kosten für die Unternehmen seit Übernahme der Regierungsverantwortung 1998 so hoch getrieben, daß die Verlagerung der Produktion aus Deutschland immer mehr beschleunigt werde.
Trittin irre, wenn er glaube, daß die Unternehmen zusätzliche Zertifikate für Kohlendioxyd-Emissionen kaufen würden, um ihre heimische Produktion auszubauen. Schon jetzt investierten Unternehmen wegen des enormen Kostendrucks in immer größerem Umfang im Ausland."Wenn Herr Trittin sie noch weiter belastet, werden sie noch schneller abwandern." In Deutschland gehe Wertschöpfung verloren, Personal werde entlassen. Während Clement sein Bestes tue, um das Wachstum in Gang zu bringen"schaufelt Trittin haufenweise Sand ins Getriebe," klagte Rogowski. Die Forderung des Wirtschaftsministers, mit Einführung des Emissionshandels müßten Kostentreiber grüner Politik wie Ã-kosteuer, Erneuerbares Energiengesetz oder Kraftwärme-Kopplungs-Gesetz überprüft werden, sei selbstverständlich.
Unternehmen suchen Flexibilität, Seite 15
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.03.2004, Nr. 70 / Seite 13
"Unanständig, verantwortungslos, vaterlandslos."
SPD-Generalsekretär Uwe Benneter über Unternehmer, die den Standort angeblich schlecht reden
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