--><h2> patrioterrorismus </h2> von WIGLAF DROSTE
Gro? Verwirrung, ja Verworrenheit herrscht - nicht nur im Land, sondern weltweit. Auf den Ausl?der als solchen ist nicht zu bauen - er ist oft nicht minder desorientiert als der hiesige Trottel. Wie sonst soll man die Meldung interpretieren, al-Qaida habe in Dschibuti einen Anschlag auf den deutschen Bundespr?identen Johannes Rau geplant? Gesetzt den Fall, dass es sich nicht um eine Geheimdienstente handelt: Sind die denn noch bei Trost? Johannes Rau wegsprengen? Wieso das denn?
Johannes Rau ist der lebendige Beweis daf?, dass auch Wei?rote sprechen k?nen, und steht deshalb unter Naturschutz. Au?rdem: Wer hat denn unter dem gef?chteten Kirchentagsschw?zer Rau zu leiden? Wer ist dem senilen Christus von der SPD ausgeliefert? Wer wird erbarmungslos angebr?ert? Die Al-Qaida-M?der etwa? Pah! In Dschibuti kommt Rau doch h?hstens alle Jubeljahre mal vorbei - das k?nten die doch ganz l?sig sehen.
Also lissentumi, ausl?dische Terroristen: Wenn einer unter Rau zu leiden hat, dann sind das Deutsche! Genau: die Deutschen, die f? ihr Leben gern Opfer w?en - hier sind sie es wirklich einmal. Es sind Deutsche, die von Johannes Rau in Klump und Boden gesprochen werden, und deshalb: Finger weg von Bruder Brabbel! Der geh?t uns, und wir haben unsere guten Gr?de, ihn so oft wie m?lich auf Staatsbesuch zu schicken. Man will ja ab und zu die Finger aus den Ohren nehmen k?nen, ohne dass gleich Strafe kommt.
Johannes Rau ist eine Gei?l Gottes, zweifellos. Aber mit den Plagen der Welt muss man gewitzt fertig werden, auch mit dieser. Terrorismus ist das Endstadium der Humorlosigkeit. Immer dieses Umbringen, das ist so einfallslos, so unsexy, so dummunddumpf. Das Abknallen, Niedermetzeln und Abschlachten ist nicht nur an Armeen widerw?tig, die es als ihr gutes Recht erachten; wie der Soldat steht eben auch der Terrorist kopf- und stilmäßig auf Stufe null.
Wenn manche Landsleute jetzt nostalgisch werden und die Anschl?e der RAF im Vergleich mit denen der al-Qaida als gute deutsche Wertarbeit bezeichnen, liegen sie falsch. Erschie?n ist humorfrei und deshalb seinem Wesen nach unmenschlich. Das Beispiel des Spa?uerilleros Fritz Teufel hat viel zu wenig Schule gemacht.
Die Standardlegitimation f? Terrorismus ist Patriotismus. Kein Leichenberg in der Geschichte der Menschheit ist so gro?wie jener, der aus patriotischen Motiven und im Namen irgendeines Vaterlandes aufgeh?ft wurde. Und so ist es schon fast zum Terroristenwerden dumm und geschichtslos, wenn Gerhard Schr?er deutschen Unternehmern, die ihr Kapital ins Ausland tragen, ausgerechnet mangelnden Patriotismus unterstellt - als w?en sie zivilisierte Leute, die sich am legitimierten Morden f? Fahne und Vaterland um keinen Preis beteiligen wollen. Schr?ers Hantieren mit dem Blutwort Patriotismus variiert nicht nur das terroristische"Deutsche Arbeitspl?ze f? Deutsche!" - es adelt auch simple Den-Hals-nicht-voll-Krieger als couragierte Nichtpatrioten, die sie nicht sind. Und, viel schlimmer, es beleidigt mich: als sei ich, nur weil ich Steuern zahle, ein ekelhafter Patriot.
taz Nr. 7319 vom 26.3.2004, Seite 20, 105 Zeilen (Kommentar), WIGLAF DROSTE, Kolumne
<ul> ~ Zur Wahrheit</ul>
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