-->Die Sonne bringt es an den Tag
...doch manchmal anders, als Chamisso sich es einst vorstellen konnte. Um das zu verstehen, sind - auch wenn wir uns in einigen Punkten wiederholen - ein paar grundsätzliche Vorbemerkungen nötig.
Dummheit ist keine Kategorie der Politik. Jede Politik hat ihre Ziele, ihr liegen Absichten zugrunde. Man mag diese mögen oder nicht; sie können mit den eigenen Zielen, den genannten und den insgeheim verfolgten, übereinstimmen oder nicht; doch sind sie nicht"dumm". Dumm sind allenfalls diejenigen, die einer Politik folgen oder einer nach dem Munde reden, ohne die Ziele (ihre Konsequenzen) zu kennen oder zu teilen, weil sie sich ein X für ein U vormachen, beziehungsweise haben vormachen lassen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß zum Beispiel der zu häufig benutzte Chefbuhmann aus Deutschland, Hitler, und seine Führungsclique solche Dummköpfe waren, daß sie nicht wußten, wohin ihre politischen Absichten sie und die Welt führen würden. Hätten sie es können? Kannten sie die Macht, zu bestimmen, wohin die Reise geht, wollten sie das überhaupt? Sie ließen sich auf eine Reise ein, ohne die Absichten der Mitreisenden, vor allem der Reiseagentur zu kennen. Und wir?
Sich heute noch über die Machthaber zu täuschen, fällt schwer und erfordert einen großen Wegsehaufwand. Anders steht es mit deren Absichten. Sich über diese zu täuschen ist aus Zweckoptimismus eine Landplage - schließlich will man nach einem geruhsamen Fernsehabend (mit durchschnittlich 300 Todesopfern durch Gewaltanwendung, von denen einem, weil sie sich auf unterschiedliche Kanäle verteilen, sicherlich einige entgehen) noch in Ruhe schlafen können. (Besser Reality-TV oder gleich live, Christen oder Juden durch die Arena hetzen - wahrscheinlich bedient man sich dazu demnächst der Moslems).
Der Freibrief des protestantischen Kreuzritters an den Levitenschüler Sharon hat ein Gutes. Er deckt - vor allem im Zusammenspiel mit dem sogenannten demokratischen politischen Herausforderer - ein wenig die politischen Absichten hinter dem uns von den Medien dargebotenen"Dummerchen" an.
Was hat dieser Freibrief an Sharon deutlich gemacht?
Internationales Recht und Resolutionen der UNO sind nichts wert. Das hätte man schon nach dem Angriff auf den Irak wissen können, wollte es aber nicht glauben. Nun wird das wieder unverfroren ausgesprochen. UN Sicherheitsrats-Resolution 242 und das nach 1945 amtlich festgelegte Völkerrecht stellt fest: Land darf nicht mehr durch Gewalt angeeignet werden, wurde es aber von Israel - und das rechtfertigt nun der machthabende US-Präsident ganz offiziell.
Bei"Demokratie" kommt es nicht auf das Volk an, sondern auf die Anerkennung des Machthabers. Die von den Palästinensern gewählte"Palestinian National Authority" wurde nicht nur nicht zu den Verhandlungen über das Geschick des Volkes herangezogen, sie kam in dem Brief gar nicht vor. Der redet nur von"Palästinensern" und"palästinensischen Institutionen". Bush und Sharon anerkennen keinen"palästinensischen Partner", weil die gewählten Vertreter ihnen nicht genehm sind, Sie wurden nicht von ihnen, wie die sogenannte"Übergangsregierung" im Irak, eingesetzt. Wählen Völker sich Regierungen, die den Machthabern nicht genehm sind, dann sind das keine gewählten Regierungen; die Wahlen werden angefochten und durch eine entsprechende Medienpolitik"richtiggestellt". Lateinamerikanische Staaten und u.a. neuerdings Georgien können ein Lied davon singen (Wir nicht, wir haben nie etwas anderes zu wählen versucht, als das, was man uns als"richtig" nahegelegt hat).
Eigentumsrechte gelten nur für machthabende Eigentümer. Der Brief sieht vor, daß gewaltsam von Haus und Hof vertriebene Palästinenser nicht mehr in das von Israel beanspruchte Gebiet zurückkehren dürfen. Sie sollen irgendwo - wahrscheinlich dort, wo die Sahara am heißesten ist - einen"eigenen" Staat gründen und sich dort ansiedeln. Das muß man wörtlich hören: Die Lösung des Flüchtlingsproblems ist"found in the establishment of a Palestinian State and settling the Palestinian refugees there, rather than in Israel" - trotz vieler anderslautender Festlegungen der UNO. Die Palästinenser müssen also die von Israel gegen Völkerrecht und ausdrückliche UN-Resolutionen geschaffenen"Realitäten", nämlich die illegalen Siedlungen und ihre Vertreibungen von Haus und Hof anerkennen.
Auf feierliche Erklärungen der US Regierung ist kein Verlaß. Die sogenannte road map wird ebenso leichtfertig aus dem Fenster geworfen wie im August 1971 die freiwillige Verpflichtung der USA, vom Ausland vorgelegte Dollars notfalls gegen Gold einlösen zu wollen und die anschließenden Entwertungen der US-Auslandsschulden (vor allem der Euro- und Asia-Dollar).
Dazu wird der antipalästinensische Schutzwall, der große Teile des Palästinensergebietes in eine Art Bantustan verwandelt, also in nicht lebensfähige Einheiten, die ähnlich wie der angeblich großzügig zugestandene Gaza-Streifen (im Juni 2005!) von allen Seiten und von unten und von der Luft durch Israel abgeriegelt wird, legitimiert - Welches Geschrei wurde beim"Antifaschistischen Schutzwall" in Deutschland angestimmt - (Quod licet Jovi...).
Die Welt motzt zwar etwas. Am treffendsten Präsident Chirac, der gesagt haben soll (nach AFP):"Ich habe Vorbehalte, wenn internationales Recht ein- oder zweiseitig unterminiert wird... wenn Umstände oder Leute mit der internationalen Stabilität und den Regeln internationalen Rechts herumzuspielen beginnen, schaffen sie einen beunruhigenden Präzedenzfall" -"wieder einmal", müßte man ergänzen. Andere schimpfen oder bedauern oder versuchen etwas halbwegs Positives daran zu erkennen. Das US-Establishment schert das wenig, es weiß, nach ein paar Tagen kräht kein Huhn danach und beim nächsten Mal ist man so überrascht wie immer und - das bringt die ganze Geschichte auf den Punkt:
Macht schafft Recht - wer kann, kann's ändern.
Das ist - wie gesagt - keine dumme Politik eines angeblich dummen Präsidenten. Die andere Seite, der sogenannte demokratische Herausforderer sagt nämlich das Gleiche:"I think that could be a positive step... What is important, obviously, is the security of the state of Israel...". Es ist also auch nicht dumm, wenn in Amerika nur noch rund 25% zur Wahl gehen (etwa 50% der Wahlberechtigen lassen sich zur Wahl registrieren, von denen sich dann nur etwa 50% an der Wahl beteiligen). Es hilft aber auch zu nichts! Aber warum sollten sie eins von zwei unterschiedlich gefärbten Fähnchen wählen, die die gleiche Hand hält? Daß es auch Alternativen gäbe, stellen die wenigsten fest, weil die nicht"im Fernsehen kommen". (In Deutschland ist es darüber hinaus quasi verboten"seine Stimme [an etwas anderes als das Übliche] zu verschenken"). So viel zur Demokratie, welche die Welt beglücken soll.
Nun könnte man zynisch sein, und fragen, was gehen uns die Palästinenser, Terroristen und Selbstmordattentäter an? Hier geht es aber nicht um Palästina oder den Irak, sondern um Weltrevolution, um die eigentliche. Sie basiert auf zwei Axiomen. 1. Der Mensch ist"real" nur ein vereinzeltes Individuum (daß seine Sprache, sein Denken, Wollen, Empfinden etwas anderes sein könnte, kommt nicht in Frage). Als solches wird es wie alle einzelnen Lebewesen von Trieben bestimmt. (Selbsterhaltung, der eigene Vorteil, Fortpflanzung etc.). 2. Das Leben ist"real" ein freier Markt, der im Wesentlichen von Konkurrenz (Überlebenskampf) bestimmt. Daraus folgt: Alle geistigen Fähigkeiten und Fertigkeiten und davon abgeleitete Moral- und Wertsysteme etc. sind Trieben, vor allem dem Selbsterhaltungstrieb, untergeordnet und nur insoweit"wahr" als sie sich im Dienst dieser Triebe betätigen und bewähren, das heißt, als sie einzelnen Individuen helfen, in der Konkurrenz zu bestehen. Im Grunde handelt es sich bei allen Wertsystemen"nur" um Herrschafts- und Ausbeutungsmittel. Sie vernebeln Mitbewerbern den Geist und machen sie denen"fittest", die damit umzugehen verstehen, gefügig. Die Weltrevolution richtet sich gegen alle Wertsysteme und darauf sich gründende, politische Systeme, um die Individuen aus falschen Abhängigkeiten zu"befreien" und sie ihrer"wirklichen" Abhängig, dem Grad ihrer Macht, bewußt zu machen. Hauptgegner sind organisierte Religionen und die sie benutzenden Priesterherrschaften, aber auch idealistische Philosophien und dgl., wenn sie sich zu nationalen, völkischen oder sonstigen solidarischen Gemeinwohleinheiten verdichten.
Da sich allerdings der Krieg aller gegen aller - wie vom Großvater dieser Weltanschauung Thomas Hobbes angedacht - auf Dauer nicht aufrechterhalten läßt, sind der bloßen Natur willkürliche, zivilisatorische Grenzen zu setzen. Diese sollen im allgemeinen Überlebenskampf ein Minimum an formaler Regelhaftigkeit durchsetzen. Da diese aber nicht"real" sind, keine Vorbilder haben und rein willkürlich von dazu befähigten Menschen (im Sinne des Selbsterhaltungstriebs auch zum eigenen Vorteil) ausgedacht wurden, sind sie eine Machtfrage d.h. eine Machtmehrheit muß sich darauf einigen und sie für alle zwingend durchsetzen (zur Mehrheitsbeschaffung lassen sich irreale"Werte" besonders gut nutzten).
Das ist die"realistische" Begründung für die beiden einzig anzuerkennenden Werte. 1. Demokratie als das jeweils durchgesetzte Regelsystem einer Zustimmungsmehrheit, (Hobbes bezog das Gleiche auf einen einzelnen anerkannten Machthaber) und 2. der freie Markt, der dem Tüchtigen möglichst keine Hindernisse in den Weg legt: das ist"pursuit of happiness", da das reale"Glück" des Einzelnen sich weitgehend aus dem Erfolg im Überlebenskampf ergibt. Unterlegenheit ist nicht moralisch zu bewerten, sondern einfach reales Schicksal der real Minderbemittelten. Menschen können beliebigen Bedürfnissen (Trieben) nachgehen, z.B. anderen helfen wollen etc. Letztendlich entscheidet ihre Performance im Überlebenskampf (Markt), wie weit sie damit kommen.
Diese Weltrevolution ist noch nicht am Ende. Ihr gelang es bisher, sich im sogenannten Westen, durchzusetzen, jedenfalls bei den"Anerkannten". In Deutschland müssen (von der richtigen Regierung) noch die Reste der revolutionswidrigen"sozialen" Marktwirtschaft beseitigt werden. Die Wurzeln des ebenfalls revolutionswidrig weil sozialverpflichteten japanischen Kapitalismus, der in Ostasien durch überkommene Familien und Clanstrukturen eine breite Basis hat, dürften schwerer auszurotten sein. Das islamische Sozialsystem, wie wohl durchaus am wirtschaftlichen Erfolg des Einzelnen orientiert, setzt dem sehr starke Sozialverpflichtungen entgegen. Deshalb ist der Islam zur Zeit der"Haupt-Konterrevolutionär".
Wie diese Weltrevolution den Menschen und seine sozialen Beziehungen prägt, kann man zum Beispiel in Romanen von Patricia Cornwell oder Mary Higgins Clark mehr oder weniger bewußt dargestellt finden. Wer das so will, bitte! Doch gibt es"Realeres" und Schöneres.
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