"Auburn Hills, 22. Nov - Die angeschlagene US- Tochter von DaimlerChrysler lässt in der kommenden Woche die Bänder in drei nordamerikanischen Werken ruhen, um den Bestand an fertigen Fahrzeugen zu reduzieren. Chrysler teilte am Mittwoch in Auburn Hills mit, dabei handele es sich um zwei Werke für die Produktion von Geländewagen der Marke Jeep bei Detroit und in Toledo im US-Bundesstaat Ohio sowie um ein Pkw- Werk in der kanadischen Provinz Ontario. Damit reagierte DaimlerChrysler auf den stockenden Absatz seiner US-Tochter, die wegen Modellwechseln besonders stark unter dem Preiskampf auf dem US-Automarkt leidet. Die DaimlerChrysler-Aktie erreichte an der Börse zeitweilig ein Rekordtief.
Ein Firmensprecher sagte in Auburn Hills, betroffen von der Maßnahme seien 13.600 Mitarbeiter. Analysten hatten Produktionspausen bereits erwartet, nachdem der neue Chrysler- Chef Dieter Zetsche schmerzhafte Maßnahmen angekündigt hatte, um eine Wende bei Chrysler zu erreichen. Insgesamt betreibt Chrysler 13 Werke in den USA und Kanada. Bereits im Oktober hatte Chrysler sieben Werke für eine Woche geschlossen.
DaimlerChrysler hatte zuletzt die Führung bei der US-Tochter ausgetauscht und den bisherigen Nutzfahrzeug-Chef Zetsche zum neuen Chrysler-Chef ernannt. Zugleich hatte der Konzern ohne Nennung eines Zeitraums angekündigt, die Ergebnisse bei Chrysler würden schlechter als erwartet ausfallen. Chrysler hatte im dritten Quartal 2000 einen Verlust von 579 Millionen Euro erwirtschaftet, sollte nach den ursprünglichen Plänen aber im Schlussquartal wieder Gewinne erzielen.
Der Kurs der DaimlerChrysler-Aktie erreichte am Mittwoch mit zwischenzeitlich 45,13 Euro einen neuen Tiefststand. Später erholte sich die Aktie auf etwa 47 Euro und lag damit um 0,7 Prozent höher als am Vortag. Analysten sagten, die Unsicherheit über die weitere Entwicklung laste weiter auf der Aktie.
Wegen der Unklarheit über die weitere Entwicklung hielten auch Spekulationen über mögliche weitere personelle Konsequenzen oder über die Zukunft des Unternehmens an. Die"Bild"-Zeitung titelte am Mittwoch:"Angst um Mercedes". Die Aktie von DaimlerChrysler sei so billig geworden, dass DaimlerChrysler ein Übernahmeopfer für die Konkurrenten aus den USA oder Japan werden könnte. Allerdings hatte der führende japanische Hersteller Toyota schon zuvor dementiert, an einem Einstieg interessiert zu sein.
Der von der"Bild"-Zeitung ebenfalls als potenzieller Bieter genannte Ford-Konzern kommt nach Einschätzung aus der Branche aus Wettbewerbsgründen nicht für eine Übernahme des Stuttgarter Konzerns in Frage. Analystin Pia-Christina Schulze vom Bankhaus Merck Finck sagte, der zweitgrößte US-Autohersteller müsste in diesem Fall aus Kartellgründen Chrysler verkaufen, daher sei das Szenario unwahrscheinlich.
In Firmenkreisen hieß es zudem, nach Chrysler-Chef James Holden und weiteren Chrysler-Topmanagern werde nun auch DaimlerChrysler-Kommunikationschef Christoph Walther aus dem Unternehmen ausscheiden. Von anderen Quellen innerhalb des Konzerns wurde die Darstellung aber dementiert. Walther selbst sprach auf Anfrage von Spekulationen, die er nicht kommentiere. Als potenzieller Nachfolger wurde in Medienberichten der frühere Daimler-Sprecher und jetzige Kommunikationschef des Handy-Herstellers Ericsson<LMEb.ST>, Roland Klein, gehandelt. Klein ließ über sein Büro in London mitteilen, er werde bei Ericsson bleiben.
Analysten und Chrysler-Händler gehen davon aus, dass Chrysler in den kommenden Monaten seine Produktion drosseln wird, um die Bestände reduzieren zu können und dadurch nicht mehr so große Rabatte gewähren zu müssen. Außerdem dürfte Daimler verstärkt Teile wie Motoren, Getriebe oder Navigationssysteme bei Chrysler und Mercedes gemeinsam nutzen.
Unternehmensberater Roland Berger sagte in einem Zeitungsinterview, trotz der Probleme habe DaimlerChrysler durch seine weltweite Präsenz ein unendlich großes Potenzial."DaimlerChrysler ist die erste wirklich globale Veranstaltung, die zudem von Deutschen aus Deutschland heraus geschaffen wurde. Das ist ein einmaliges Asset für Deutschland, für Europa und die Welt.""
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