-->Es wurde über die Vor- und Nachteile der EU-Erweiterung diskutiert.
Jim Rogers war der Pessimist und Marc Faber sowie der Unilever CEO der Optimist. Zustimmung fanden alle drei bezüglich eines EU-Beitritts der Türkei.
- 19 verschiedene Sprachen, Niedrige Produktivität, hohe Erwartungen der Arbeiter in den neuen Regionen bezüglich des Lohnwachstums
- Friedensperiode wird verlängert, zum ersten mal finden sich 25 Länder freiwillig zusammen und allen sitzt die Angst vor einem neuen Krieg noch in den Knochen. Allerdings sind die Grenzen instabil, da die Russen keine Achtung vor kulturellen Unterschieden machten.
- Die niedrigen Produktionskosten werden dafür sorgen, dass Firmen ihre Herstellung in den Osten verlagern müssen. Sind sie dazu nicht in der Lage werden sie von China verdrängt.
- Es werden 3 Blöcke entstehen mit 3 Leitwährungen
- Arbeitslosigkeit bleibt ein großes Problem v.a. in Polen mit 20 %
- Infrastruktur ist oft marode oder gar nicht erst vorhanden
- Es wird Gewinner und Verlierer geben
- Vor dem 2 Weltkrieg besaß Estland ein höheres Exportvolumen als Finnland und das Produktionsniveau in der Teschechei war höher als jenes in Ã-sterreich
- Die niedrigen Steuern in Osteuropa sind das größte Lockmittel für Investitionen. Die Westeuropäer mögen dies nicht aber die Ostler wissen, dass sie ohne diesen Anreiz kaum noch Investitionen bekommen würden
- Die Regierungen in Osteuropa sind schlechter als in Westeuropa (Rogers) aber sie kosten wenigstens nicht so viel Geld (Faber)
- Arbitrage: entweder die Osteuropäer wandern in den Westen oder die Fabriken vom Westen in den Osten. Ganz egal wie, aber es wird eine Angleichung der Lebensbedingungen geben.
- Der größte Vorteil Europas ist die Toleranz seiner Bürger
- Brüssel muss aufgelöst und die Entscheidungsgewalt wieder bei den Einzelstaaten liegen. Dies wird sich aber als sehr schwierig bis unmöglich gestalten. Deshalb muss die Lage in Europa v.a. Deutschland und Frankreich noch sehr viel schlechter werden, bevor es besser wird.
- 50 % des EU-Budgets (50 Mrd. USD) gehen für Subventionen im Agrarsektor drauf, statt sie in Forschung und Entwicklung zu investieren
- Europa muss die Zahl seiner Politiker verringern
- Westeuropäer müssen lernen, dass sie härter und länger für weniger Geld arbeiten müssen und darauf vertrauen, dass es zu einer Disinflation bis Deflation kommt, die den realen Einkommensverlust weniger stark erscheinen lassen.
- Die Türkei wäre eine ideale Ergänzung für Europa (junge Menschen, Islam, Brücke nach Nordafrika) und sollte aufgenommen werden.
Meine Meinung zur Unterhaltung. Alle drei haben sich sehr gut geschlagen. Wenngleich man in einigen Dingen anderer Meinung sein darf. Die Aufnahme der Türkei ist von einem wirtschaftlichen Aspekt aus durchaus vorteilhaft, politisch aber absolut unvertretbar und unter Beibehaltung der Westeuropäischen Sozialstandards absoltut untragbar.
Trotzdem scheint ein gewisser Realismus gefragt zu sein. Europa wird seinen Weg in den nächsten Jahren weitergehen und den Unternehmen bleibt gar keine andere Wahl als sich dem zu stellen. Die Ukraine und die Türkei werden als die nächsten großen Blöcke der EU beitreten. Rumänien und Bulgarien werden im Handstreich genommen.
Die Braut macht sich schön für den Bräutigam, aber hinter dem Schleier verbirgt sich unter Umständen ein gar häßliches Wesen. Deshalb liegen die größten Marktchancen nicht in den gerade erst beigetretenen Staaten, sondern in jenen die damit noch nicht so schnell rechnen.
Aktienmarktinvestoren sollten deshalb verstärkt in die Ukraine und in die Türkei schauen. Bulgarien und Rumänien sehen auch interessant aus, sind aber meines Wissens zurzeit nicht so attraktiv bewertet.
Der große Nachteil der neuen EU-Kandidaten sind die übertriebenen Hoffnungen der Bürger in diesen Ländern. Viele glauben, dass mit dem Beitritt und der neuen Siemens Fabrik auch die Löhne auf Westdeutsches Niveau steigen können. Diese Erwartungen werden bitter enttäuscht werden. Entweder die Lohnkosten steigen so schnell an, dass die Firmen die Lust am investieren verlieren werden (Vor allem für Ungarn, Polen und die Tschechei würde ich dies als sehr wahrscheinlich erachten), oder der Lohnzuwachs und damit auch die Binnenmarktentwicklung bleibt hinter den Erwartungen zurück.
Die Politiker werden aber mit massiven öffentlichen Bauaufträgen nachhelfen. Sollten die eigenne Mittel dazu nicht ausreichen, dann wird der EU-Strukturausgleichsfonds noch ein paar Euros beisteuern. Die Zementnachfrage dürfte also weiter positiv tendieren und die deutschen Baukonzerne, welche in den letzten Jahren das sparen gelernt haben und über eine hohe Produktivität verfügen, könnten davon profitieren. Doch nach den Kursanstiegen des letzten Jahres wäre eine Ernüchterung und eine Abkühlung des Optimismus zu erwarten.
Welchen Stellenwert die Ostbeitrittskandidaten mittlerweile haben, hat spätestens der Eurovision Songcontest gezeigt. Trotz einer eher mäßigen musikalischen Leistung haben sich die Länder gegenseitig nach oben befördert und die Westeuropäer in ihre Schranken verwiesen. Man mag dies für positiv oder negativ erachten, auf jeden Fall ist es aber ein Umstand an dem niemand mehr vorbeikommt. Weder die Osterweiterung noch der Eurovisionausgang sind rückgängig zu machen.
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