-->beim ersten Versuch ging das Posting leider in die Hose, sorry:o(
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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 6. Juli 2004
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* Unsicherheit ist Gift für die Börse, das gilt für den Ã-lpreis, wie
für den Dax!
* US-Konjunkturdaten
* Große USA-Reise
* Steigende Zinsen und der US-Immobilienmarkt
* Die Reise hat begonnen
*"Lasst uns an alle einen Geländewagen kaufen!"
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Dienstag, 6. Juli 2004
Unsicherheit ist Gift für die Börse, das gilt für den Ã-lpreis, wie für
den Dax!
von Jochen Steffens
Und doch wieder - der Ã-lpreis soll es sein, der die Märkte nach unten
drückt. Die Yukos Pleite lässt die Ã-lpreise nach oben schießen, auch
die niedrigere Fördermenge des Iraks wirkt sich aus. Dabei weiß so
recht keiner, was die"Yukos-Pleite" für den Ã-lmarkt bedeuten wird.
Was es meines Erachtens NICHT bedeutet, ist, dass urplötzlich ein
Fünftel der russischen Ã-lförderung wegfallen würde. Was es aber
wirklich bedeutet ist so unsicher und undurchsichtig, wie die
russische Wirtschaftspolitik. Wer kennt sich schließlich schon mit dem
russischen Konkursrecht aus. Wobei jetzt hier ein Spezialist für
russisches Recht einen großen Vorteil gegenüber den Analysten der
russischen Wirtschaft haben würde. Wenn Sie einen kennen, rufen Sie
ihn an und fragen, was das bedeutet und mit welchen Folgen zu rechnen
ist. Es könnte Ihr Trade des Jahrhunderts werden, wenn sich das Wissen
börslich umsetzen lässt.
Bis dahin gilt: Unsicherheit ist Gift für die Börsen, also steigen die
Ã-lpreise - vorsorglich.
Kommen wir zu einer weiteren Unsicherheit: Nachdem die Bullenstimmung
letzte Woche neue Höhepunkte erreichte, ist die Börse stetig gefallen.
So gefällt mir das, ich hatte mich schon gesorgt, dass die Märkte zu
früh nach oben schießen. Wir sind diesmal an der 4100er Marke
abgeprallt, also etwas zu früh. Leider hat der Dax auch kein richtiges
Topsignal ausgebildet - aber das ist nur nebensächlich.
Insgesamt befindet sich der Dax damit in einer sogenannten"Broadening
Formation", das bezeichnet eine Formation, bei der die Amplitude immer
größer wird. Sie können also auf dem Chart ein nach rechts sich
öffnendes und ausweitendes Dreieck einzeichnen. Solche Formationen
haben zwar einen leichten Hauch ins bearishe, das hat jedoch damit zu
tun, dass diese Formation lediglich Zeichen großer Unsicherheit ist.
Und Unsicherheit ist Gift für die Börsen. Die Broadening Formation
bildet sich um die 4000er Marke herum. Hier herrscht, wie ich schon
seit Wochen schreibe, Unsicherheit, ob es weiter gehen kann oder doch
das Ende des Trends erreicht wurde.
ABER: Der Dax könnte auch unten an der Broadening Formation abprallen
und noch einen weiteren Run starten - ich bin gespannt.
Der Dax hat ohne Not, also ohne die Amerikaner, in den letzten beiden
Tagen fast 100 Punkte abgegeben. Gerade eröffnen die Amis leicht im
Minus. Ich bin gespannt, ob die Amis auch so bearish bleiben - oder im
Dax mal wieder, bei geringem Umsatz ein paar Kollegen aus dem Markt
gekegelt wurden.
"Erfreuliches" vom Arbeitsmarkt. Von Mai bis Juni hat sich die Zahl
der Arbeitslosen saisonbereinigt um 1000 Arbeitslose verringert. Wenn
das auch nicht unbedingt eine Nachricht ist, die zu Jubel Grund
liefert, so bedeutet sie wenigstens, dass der Stellenabbau ins Stocken
kommt. Gleichzeitig sind sich die Analysten einig, dass die Konjunktur
in Deutschland noch nicht stark genug ist, um wirklich eine Belebung
des Arbeitsmarktes zu bewerkstelligen.
Endlich: Ein Gesetz zum Schutz mittelständischer Betriebe!
Ein neues Gesetzt, dass zwar bisher wenig von den Medien beachtet
wurde, aber einen nachhaltig günstigen Einfluss auf den Mittelstand
haben wird, wurde gerade auf den Weg gebracht: Das
Forderungssicherungsgesetz. Dieses soll Handwerkern und anderen
Selbstständigen dazu verhelfen, schneller und besser an ihr Geld zu
kommen. Das Gesetz kommt leider etwas spät aber immerhin. Sehr viele
Handwerksbetriebe mussten aufgrund hoher Außenstände Konkurs anmelden.
Die Zahlungsmoral in Deutschland, gerade auch von Großbetrieben, lässt
seit Jahren mehr als zu wünschen übrig. Wenn Sie sich vorstellen, dass
ein Teil des arbeitsplatzschaffenden Mittelstandes allein durch
Zahlungsnachlässigkeiten über Jahre in den Konkurs getrieben wurden,
verstehen Sie, warum ich schreibe: Leider zu spät - aber immerhin!
Dienstag, 6. Juli 2004
US-Konjunkturdaten
von Jochen Steffens
Der ISM Dienstleistungsindex notiert bei 59,9. Erwartet wurde der ISM
Service-Index bei 63,0 bis 66,0 nach zuvor 65,2.
Auch ein schlechtes Ergebnis, das auf eine Verlangsamung des
US-Wirtschaftswachstums in den USA hinweist. Dieses Ergbnis passt sich
damit in die anderen Konjunkturdaten ein. Sicherlich hat auch der hohe
Ã-lpreis dazu beigtragen, dass die Aussicht sich eingetrübt hat.
Immer mehr Analysten rechnen nun damit, dass sich spätestens 2005 das
US-Wirtschaftswachstum deutlich verlangsamen wird.
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Dienstag, 6. Juli 2004
Große USA-Reise
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Auf dem Weg Richtung Heimat.
Vor 10 Jahren kamen wir - meine Familie und ich - nach Europa. Naive
Amerikaner aus Maryland, die ins Ausland gingen.
Diesen Sommer fahren wir für eine große, 6 Wochen dauernde Rundreise
in die USA zurück. Aber wir sind nicht mehr die gleichen Leute, die
die USA vor 10 Jahren verlassen haben. Ich bin ein unerträglicher
Euro-Snob geworden, ein Pariser Kultursnob, der zu Hause Französisch
spricht und die Meeresfrüchte-Teller bei"Nick und Tony's" mit dem
"Risotto aux fruits de mer" von"Chez Leon" beim"Porte Maillot"
vergleicht. Mehr zu unserer Reise in die USA weiter unten... nach den
News von Eric Fry:
Dienstag, 6. Juli 2004
Steigende Zinsen und der US-Immobilienmarkt
von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York
Es gab ein riesiges Feuerwerk, das die Nacht erhellte - als die
Amerikaner am 4. Juli ihren 228. Unabhängigkeitstag (den"Independence
Day") feierten. Unabhängigkeit von der Tyrannei der britischen
Herrschaft. Wir Amerikaner konnten nicht dazu gezwungen werden,
niedrige, sich im einstelligen Prozentbereich bewegende Steuern zu
bezahlen, an eine weit entfernte Autorität, neeeinnn! Wir kämpften
lieber bis zum Tod, um unsere Freiheit zu verteidigen. Die Freiheit,
uns selbst Steuern zu geben, die 10 Mal höher sind als die, die sich
der britische König George III. vorgestellt hatte. Und wir kämpften
für das Recht, uns mit massiven Kreditkartenschulden zu überhäufen,
oder mit Hypotheken...
Die US-Zentralbank hat die Geldpolitik letzte Woche ein wenig
verschärft, indem sie die Leitzinsen von 1 % auf 1,25 % erhöht hat.
Unmittelbar danach haben die großen Banken der USA ihren Zinssatz für
Kredite an"erste Adressen" (die sogenannte"prime lending rate") von
4,00 % auf 4,25 % erhöht.
Zunächst versuchten die Investoren das zu mögen - weil jeder sagte,
dass es gut für sie sei. Sie verhielten sich so, wie ein 5-jähriger
die Broccoli auf seinem Teller betrachtet. Aber gegen Ende letzter
Woche gaben dann die Kurse an der Wall Street doch deutlicher nach.
Denn derzeit scheint der amerikanische Konsument etwas kürzer zu
treten. Das zeigte sich in den jüngsten enttäuschenden Umsatzzahlen
bzw. Umsatzprognosen von Wal-Mart, General Motors, Target und anderen.
Könnte der amerikanische Immobilienmarkt als nächstes diese
Zurückhaltung spüren?
Die Anträge auf neue Hypotheken sind letzte Woche schon um 4 %
gefallen. Wie lang wird es dauern, bis die US-Hypothekenbanken
Schmerzen bekommen werden? Und wie lange wird es dauern, bis der
Immobilienmarkt selbst die negativen Effekte der zurückgehenden
Hypotheken-Anträge spüren wird?
Nicht lange, so HSBC. Deren Chefvolkswirt USA, Ian Morris, schreibt in
einer Analyse:"Eine Psychologie der Spekulationsblase hat sich in
sehr hohen Bewertungen (am US-Immobilienmarkt) manifestiert."
Aber keine Sorge, liebe(r) Leser(in). Eine neue 12-seitige Studie der
Fed sagt, dass der rapide Zuwachs der Immobilienpreise kein Anzeichen
für eine Spekulationsblase sei.
Morris beobachtet hingegen, dass die Immobilienpreise in Relation zum
Einkommen und zu den Mieten neue Hochs erreicht haben."Die
Erwartungen an zukünftige Immobilien-Preissteigerungen sind
spektakulär und unrealistisch hoch", schreibt er."Wir denken, dass
die Party Mitte 2005 enden wird. Eine Serie von Zinserhöhungen wird zu
einer Neubewertung der wahrscheinlichen zukünftigen Risiken der
Hauspreise führen, und der damit zusammenhängenden Schulden, was einen
Preisrückgang bei Häusern beginnen lassen wird."
Ich könnte mir vorstellen, dass eine mögliche Inflation ein Fallen der
Immobilienpreise verhindern könnte. Mit anderen Worten: Die Preise für
amerikanische Häuser könnten"real" gesehen fallen, aber"nominal"
gesehen weiter steigen. So ein Ergebnis würde für die Amerikaner
angenehm sein, die - wie ich - langfristige Hypotheken mit festem
Zinssatz für ihr Haus aufgenommen haben.
Eins ist sicher - oder fast sicher. Spekulationsblase am
Immobilienmarkt oder nicht. Steigende kurzfristige Zinsen werden die
amerikanischen Familien treffen, die ihre Häuser mit Hypotheken mit
flexiblen Zinssätzen finanziert haben.
Die US-Hypothekenbank Fannie Mae prognostiziert, dass die monatlichen
Kosten für eine typische Hypothek ohne Zinsbindung wegen der
steigenden Zinsen bis Jahresende um 17 % steigen werden. Mit anderen
Worten: Ein US-Hausbesitzer, der derzeit für eine 200.000
Dollar-Hypothek monatlich 926 Dollar zahlt, wird dann am Jahresende
1.086 Dollar zahlen müssen. Frohes Neues Jahr!
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Dienstag, 6. Juli 2004
Die Reise hat begonnen
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Beeil dich!"
Das Taxi traf morgens um 7.30 ein. Seine Mission war es, den Autor
dieses Textes und diejenigen Familienmitglieder, die noch in Paris
waren, einzusammeln. Meine älteren Kinder hatte ich bereits als
Vorauskommando nach Amerika versandt, damit sie die Verwandten vor
unserer Ankunft warnen konnten.
Es ist mal wieder an der Zeit, dass wir nach Amerika zurückkehren -
zumindest für den Sommer. Meine älteren Kinder können sich nur
schwach, nur gefühlsmäßig, an die USA erinnern. Und meine jüngeren
erinnern sich fast überhaupt nicht. Selbst für uns erwachsene
Familienmitglieder gibt es weite Landstrecken in Nordamerika, die wir
noch nicht ergründet haben. Wir haben über Jahrzehnte in den Staaten
gelebt. Das Land hat uns lange genug umgeben, aber wir hatten niemals
Zeit, es uns in Ruhe anzusehen.
Diesmal werden wir die Augen offen halten - zu unserer Freude... oder
zu unserem Entsetzen.
Auf unserem Weg nach Maine mussten wir zwei Flughäfen passieren,
Newark und Boston. Kaum verspürten wir wieder Land unter den Füßen,
wurden wir von Leuten, die wirkten, als seien sie selber erst gestern
angekommen, herumkommandiert.
"Ziehen Sie die Schuhe an", sagte ein Sicherheitsbeamter, dessen
Muttersprache ganz offensichtlich nicht Englisch war."Keine Karten
erlaubt", sagte jemand anderes. Wir glauben jedenfalls, das verstanden
zu haben; ganz sicher waren wir nicht.
"Wir waren zu lange fort", erklärten wir den Kindern."Wir können
nicht mehr verstehen, was die Leute sagen."
Auf Europäer muss es befremdlich wirken, so viele Flaggen zu sehen.
Die Franzosen hängen ihre Tricolore am Nationalfeiertag, dem Tag des
Sturms auf die Bastille, auf - zumindest flattern die drei Farben dann
an Rathäusern und Polizeistationen. Privat hängen die wenigsten
Franzosen Flaggen an ihre Häuser. Weder haben wir in Frankreich jemals
eine Rugby-Kappe mit der französischen Flagge gesehen, noch einen
Franzosen mit einem Sweatshirt, wo die französischen Farben ein
Design-Element darstellen. In Amerika sind die"Stars and Stripes"
einfach überall. Man sieht sie auf den Kassen der Shopping-Malls, auf
Rasenflächen, Stoßstangen und in Autofenstern. Zwei auf dem Highway
entlang brausende Motorräder zogen große Fahnen hinter sich her. Und
ein Mann trug ein Hawaii-Hemd... statt Blumen war die amerikanische
Flagge darauf gedruckt.
"Warum hängen hier überall Flaggen?", wollte Henry von mir wissen.
"Es ist der 4. Juli", antwortete ihm seine Mutter. Aber die meisten
der Flaggen schienen permanent dort zu hängen. Das muss etwas
bedeuten. Aber was?
Amerika wird in der Werbung als"das Land der Freien und die Heimat
von Tapferen" angepriesen. Schon nach ein paar Stunden, nachdem unsere
Füße amerikanischen Boden berührt hatten, taten sich uns viele Fragen
auf. In Europa, zumindest in Frankreich, sind die
Sicherheitsvorkehrungen irgendwie entspannter. Wenn man am Charles de
Gaulle-Flughafen landet, kann man innerhalb weniger Minuten durch die
Zollabfertigung hindurchrauschen - die Polizisten scheinen oft kein
großes Interesse an einem zu haben.
Wenn man aber nach Amerika kommt, ist das anders. Schon vor der
Landung fangen die Warnungen an:"Füllen Sie Ihre Formulare korrekt
aus, sonst werden Sie eine Menge Probleme kriegen", heißt es in der
Durchsage der Stewardess. Wenn man erst einmal gelandet ist, ist die
Flughafensicherheit überall. Bald schon werden die Warnungen zu
Drohungen - stellen Sie sich hinter die gelbe Linie, entfernen Sie
alle Laptops - man kann noch nicht einmal einen Witz erzählen, ohne
verhaftet zu werden.
"Wieso ist Reisen in Europa so viel einfacher?", wollte Henry wissen.
"Amerika steht im Kampf gegen den Terrorismus", antwortete ihm seine
Mutter."Sie wollen keinen zweiten 11. September."
"Warum machen sich die Europäer darüber keine Sorgen? Es gibt
Millionen von Muslimen in Frankreich. Und man kann so einfach ein- und
ausreisen. Wenn sie wollten, könnten sie in Frankreich viel leichter
eine Bombe hochjagen lassen als in Amerika... und haben sie nicht
gerade in Madrid einen Zug in die Luft gesprengt?"
"Was den Terror betrifft, scheinen die Europäer aus irgendeinem Grund
gelassener zu sein", fuhr Henrys Mutter fort."Vielleicht liegt es
daran, dass es bei ihnen schon seit vielen Jahren Terrorismus gibt...
zum Beispiel die ETA und die IRA. Vielleicht fühlen sich die
Amerikaner außerdem mehr als Zielscheibe."
Maßnahmen für die Sicherheit des Heimatlandes sind den USA neu. Als
wir nach Europa zogen, existierte der Begriff"Homeland" (Heimatland)
noch nicht einmal. Als wir damals wegzogen, gab es nur Amerika. Jetzt
gibt es das"Heimatland"... und den Rest des Empires.
"Warum fokussieren Terroristen Amerikaner mehr als Europäer?", hakte
Henry nach."Vielleicht weil die Amerikaner diejenigen sind, die den
Terror bekämpfen!"
Wie auch immer die Gründe sein mögen - in Amerika ist die Gendarmerie
einfach überall. Selbst wenn man den Flughafen verlassen hat, kann man
kaum 20 Meilen fahren, ohne in die erste Geschwindigkeitsfalle zu
tappen.
"Sie sind aus denselben Gründen aufgestellt wie die
Sicherheitsbeamten", erläuterte Elisabeth den Kindern."... um euch
zu beschützen."
Niemandem fällt dabei etwas Paradoxes auf: Amerika ist die einzige
militärische Supermacht der Welt. Kein anderes Land kommt an die USA
heran. Trotzdem waren die Bewohner des Heimatlands der Tapferen
niemals so um ihre eigene Sicherheit besorgt wie heute.
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Dienstag, 6. Juli 2004
"Lasst uns an alle einen Geländewagen kaufen!"
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Ich setze meinen gestrigen Beitrag über Macht und Ohnmacht der Fed mit
diesem kleinen Rückblick fort.
"Wenn wir uns alle (...) gleichzeitig einen Geländewagen kaufen", so
Robert McTeer, der Fed-Gouverneur von Dallas, im Februar 2001 in
Richardson, Texas, vor der Handelskammer,"dann wird alles gut..."
Nach den Terrorangriffen klangen solche Konsumaufrufe sowohl
hurrapatriotisch als auch nach einer wirtschaftlichen Analyse.
Sparsamkeit schien ein neuer Staatsfeind zu sein, fast so diabolisch
wie Osama bin Laden.
Die Los Angeles Times schrieb:"Auf Long Island sagte der
Bäckereiarbeiter Carlos Gaviria, dass der Marktkollaps ihn dazu
gebracht hätte, seine persönlichen Ausgaben zu zügeln. Er sagte, dass
das große Auswirkungen hätte, wenn genug Leute das Gleiche täten. 'Was
an der Wall Street passiert... sagt mir, dass ich das Geld, das ich
habe, halten muss, denn es ist nicht prognostizierbar, was morgen
passieren wird', sagte Gaviria. 'Indem ich mein Geld halte,
beeinflusse ich vielleicht die gesamte Wirtschaft.'"
Selbst Robert McTeer hat das erkannt. Später im Jahr 2001 erklärte er:
"Da sich die Industrie bereits in einem Abschwung befindet, ist die
einzige Sache, die die Nation vor einer Rezession bewahrt hat, die
Bereitschaft der Konsumenten, ihre Taschen zu leeren und einzukaufen.
Diese Ausgaben sind durch stetig zunehmende Kredite angefeuert
worden."
"Sie (die Amerikaner) haben etwas getan, das aus Sicht des
individuellen Konsumenten wahrscheinlich irrational ist", sagte
McTeer, als er über den Trend sprach, den er und die anderen
Fed-Gouverneure erst in Bewegung gesetzt hatten,"weil sie alle
eigentlich mehr sparen müssten: Sparen für ihren Ruhestand, fürs
College und all das. Aber wir wären in großen Schwierigkeiten, wenn
sie alle plötzlich diese rationale Sache tun würden. Wir sind froh,
dass sie Geld ausgeben. Wir würden uns wünschen, dass sie keine
riesigen Schuldenberge dafür auftürmen bräuchten."
Im Herbst 2001 fiel das US-Konsumentenvertrauen nicht etwa - nein, es
legte den größten Sprung nach oben seit mehr als 10 Jahren hin. Fast
jeder Kurs und jede Statistik offenbarten einen erstaunlichen Mangel
an Sorgen der Konsumenten.
Selbst der Krieg gegen den Terror wurde mit bemerkenswerter Zuversicht
geführt. Die amerikanischen Truppen hatten keine Bedenken. Eines der
auffälligsten Dinge an diesem unüblichen"Krieg" war der Mangel an
Zweifeln unter den US-Truppen, die sich nicht fragten, warum sie mit
dabei waren. Das war wahrscheinlich der erste amerikanische
militärische Einsatz nach dem Zweiten Weltkrieg, während dem fast
keiner den Grund für diesen Einsatz in Frage stellte. Natürlich
produzierte der Krieg nur sehr wenige amerikanische Opfer. Selbst
Kampfmüdigkeit war auf amerikanischer Seite fast nichtexistent."Die
zweiwöchige Schlacht bei Shah-e-Koh führte nur zu einem kleineren Fall
von Kriegsmüdigkeit, deutlich weniger als das, was statistisch
wahrscheinlich ist", so die Zeitung"International Herald Tribune",
die sich auf einen Spezialisten berief.
Und auch in der Wirtschaft fiel das Fehlen von Bedenken oder
Fragezeichen beunruhigend auf. Die Konsumenten erhöhten ihren
persönlichen Konsum im 4. Quartal 2001 um 6 % - das war das gleiche
Quartal, in dem die Wirtschaft eigentlich unter der Rezession und den
Terrorangriffen vom 11. September leiden sollte."Niemals zuvor haben
die Konsumenten mit so einer Unbekümmertheit während einer Rezession
Geld ausgegeben", kommentierte Stephen Roach, Chefvolkswirt bei Morgan
Stanley.
Die Konsumenten verschulden sich immer weiter, wenn sie sich ziemlich
sicher sind, dass die zusätzlichen Schulden kein Problem für sie
darstellen. Alleine im Jahr 2000 erhöhten sie ihre Hypotheken um 152
Milliarden US$. 2002 um weitere 130 Milliarden US$. Selbst nach einer
Rezession waren sie sich sicher, dass die Jobs weiter zahlreich
bleiben würden. Sie fürchteten auch nicht, dass die Zinsen steigen
könnten. Nicht, dass sie nicht steigen könnten - aber sie schienen da
einfach nicht drüber nachzudenken.
Die Investoren waren auch nicht großartig darüber besorgt, dass die
Aktien zu teuer waren. Sie machten sich mehr Sorgen darüber, wie sie
sich fühlen würden, wenn sie steigende Kurse verpassen würden. Sie
trieben die Aktienkurse auf ein Niveau hoch, das die Welt noch nicht
gesehen hatte... und es war unwahrscheinlich, dass diese Investoren
ein solches Niveau noch einmal während ihres Lebens wiedersehen
würden. Ende 2001 hatte der S&P ein KGV von 44.
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