-->Chodorkowski beteuert seine Unschuld
Steuerforderung an Yukos"schändlich und ungesetzlich" - Internationale Juristengruppe spricht von ungleichen Bedingungen
Michail Chodorkowski, der Ex-Chef des russischen Erdölkonzerns Yukos, hat sich am Freitag vor dem Moskauer Meschtschanski-Gericht erstmals zu Wort gemeldet, er wies sämtliche Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück. Die hatte ihn tags zuvor beschuldigt, in elf Fällen russische Gesetze gebrochen und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auf betrügerische Weise Anteile an privatisierten Firmen erworben zu haben. Zudem soll Chodorkowski Steuern hinterzogen haben, teilweise innerhalb einer kriminellen Gruppe, was strafverschärfend wirkt. Bei einer Verurteilung drohen ihm zehn Jahre Gefängnis.
Mit leiser, aber bestimmter Stimme erklärte Chodorkowski aus dem in russischen Gerichten für Angeklagte obligatorischen Metallkäfig heraus, er werde sich nur zum Kern der Beschuldigungen äußern, um dem Vorwurf zu begegnen, er wolle sich mit politischen Deklarationen vor der strafrechtlichen Verantwortung drücken. Womit Chodorkowski indirekt darauf verwies, dass der gegen ihn und seinen Mitangeklagten Platon Lebedjew angestrengte Prozess seiner Meinung nach seinen Ursprung in politischen Machtkämpfen der russischen Führung hat.
Insbesondere der Vorwurf der Steuerhinterziehung sei ungerechtfertigt."Yukos zahlte nicht weniger, sondern mehr Steuern als andere Unternehmen", der Konzern sei nach Gazprom der zweitgrößte Steuerzahler Russlands und bilde fünf Prozent des föderalen Budgets. Dabei habe Yukos"legal und in begrenztem Umfang die vom Gesetz zugelassenen Vergünstigungen genutzt", behauptete Chodorkowski.
Er bezog sich auf die inzwischen weitgehend abgeschafften Sonderwirtschaftszonen in Russland, die Unternehmen die Möglichkeit boten, die Steuerlast zu mindern. Es wird eine Aufgabe des Prozesses sein, zu bestimmen, wo die Grenzen zwischen moralisch anfechtbarer Steuervermeidung und strafrechtlich relevanter Steuerhinterziehung verlief und wo Chodorkowski verantwortlich war, wenn diese Grenze vom Yukos-Konzern überschritten wurde.
Inzwischen hat das Moskauer Arbitragegericht Yukos zu einer Steuernachzahlung von 2,9 Mrd. Euro verurteilt, weitere Steuerforderungen sind anhängig, so dass sich die Summe auf rund sieben Mrd. Dollar beläuft. Eine Entscheidung, die Chodorkowski"schändlich und ungesetzlich" nannte. Sie sei eine"Machtdemonstration" jenseits des Gesetzes und"äußerst gefährlich für die Zukunft unseres Landes", postulierte er.
Den Vorwurf, er habe sich 20 Prozent der Aktien des Unternehmens"Apatit" und 44 Prozent von NIUIF unrechtmäßig angeeignet, konterte Chodorkowski mit der Bemerkung, er solle jetzt für die Fehler verantwortlich gemacht werden, die der Gesetzgeber zu Beginn der Privatisierung gemacht habe. Der"Apatit"-Fall war 2002 vor einem Zivilgericht beigelegt worden. Diese Vereinbarung sei von der Generalstaatsanwaltschaft später annulliert worden, um den Fall jetzt gegen Chodorkowski verwenden zu können, glaubt dessen amerikanischer Anwalt Sanford Saunders.
Platon Lebedjew, Chef der Menatep-Gruppe, die rund 61 Prozent der Yukos-Aktien hält, bekräftigte ebenfalls seine Unschuld. Es gebe nicht einmal den Anschein eines rechtlichen Grundes, ihn in Haft zu halten. Lebedjew kündigte daher an, sich an den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und den Europarat zu wenden.
Kritisch äußerte sich nach dem gestrigen Verhandlungstag auch Charles Kraus, Sprecher der internationalen Juristengruppe, die am Prozess teilnimmt und das Verfahren beobachtet."Bis jetzt hat das Gericht die negativsten Befürchtungen bestätigt." Wiederholt habe es ungleiche Bedingungen für Anklage und Verteidigung geschaffen.
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