Bern (mid) Flugtickets können bereits seit längerem über das Internet von zu Hause aus bestellt werden. Künftig lassen sich diese nun gleich selbst ausgedrucken. Verschlüsselungstechniken machen das möglich, und das nicht nur für Flugscheine.
Als 1995 in Orlando, Florida, in einem Pilotversuch interaktives Fernsehen getestet wurde, gab es eine Anwendung, die mit Abstand am meisten benutzt worden war: Es war nicht E-Mail, auch nicht der Lebensmitteleinkauf, Online-Spiele oder Bezahlvideos. Es war der Kauf von Briefmarken. Die Lieferung erfolgte auf herkömmliche Weise: Der Postbote brachte sie auf seiner nächsten Tour vorbei.
PC wird zur Frankiermaschine
Heute wäre dies nicht mehr nötig. In den USA gibt es Briefmarken jetzt in digitaler Form über das Internet zu beziehen. Wer sie kauft, erhält statt Papierwertzeichen nur noch eine Reihe von Bits und Bytes online zugestellt.
Mit dem geeigneten Programm können diese dann vom Benutzer anstelle einer Briefmarke mit einem normalen Drucker direkt auf das Couvert gedruckt werden. Der PC wird so zur Frankiermaschine.
Gegen Betrüger geschützt
Ihrem «realen» Vorbild sieht die digitale Briefmarke, bestehend aus einem Rechteck mit einem dichten Punktemuster, nicht sehr ähnlich. Das System ist anders: Jeder Ausdruck ist ein Unikat. In den Rasterpunkten versteckt ist ein speziell verschlüsselter Code mit einer Seriennummer für jede erworbene «Marke».
Wird ein Brief mit einem solchen Aufdruck versandt, kontrolliert ein Computer der Post, ob eine Briefmarke mit dieser Kennung schon eingelöst wurde. Auch Fälschungen oder Manipulationen fliegen auf: Jede Briefmarke enthält eine digitale Signatur, eine Art digitales Siegel, das nur die Verkäuferin der Briefmarken erzeugen kann.
Günstigere Flugscheine
Briefmarken aus dem Internet sollen erst der Anfang sein. Mit der derselben Technik lassen sich auch andere Wertzeichen online und im «Selbstdruck» verkaufen. Ein Beispiel sind Billete aller Art: In der Schweiz hat etwa die SAir-Tochter Atraxis ein Verfahren entwickelt und getestet, mit dem sich Flugtickets zum Selberdrucken verkaufen lassen. Die ersten Airlines wollen es ab 2001 einsetzen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Kunde hat ein Stück Papier in der Hand, braucht aber nicht wie bisher darauf zu warten. Zudem kann er an sich auch eine Sicherheitskopie erstellen.
Profitieren können auch die Fluggesellschaften: Sie vermögen damit bis zur letzten Minute Plätze zu verkaufen und sparen obendrein. Laut Schätzungen kostet es sie heute 25 Dollar, ein herkömmliches Ticket aus- und zuzustellen.
Aufwändige Infrastruktur
In den «Webticketing»-Tests der Atraxis kam das Flugpublikum denn auch schnell auf den Geschmack: Sie wollten auf diese Weise nicht nur Reisen, sondern zum Beispiel auch Karten für Veranstaltungen kaufen.
Bevor solche zum Ausdrucken angeboten werden können, müssen aber die Veranstalter investieren: Digitale Billette können nicht mehr von Auge, sondern nur mit einem vernetzten Computer mit Scanner geprüft werden.
Wer das nicht hat, muss auf Zwischenlösungen setzen. Die Deutsche Bahn tut das: Auch sie verkauft online Bahnbillette zum Selberdrucken. Gegen Fälscher sichert sie sich ab, indem Reisende zum personalisierten Ausdruck ihren Personalausweis vorlegen müssen. Zudem gilt der Fahrschein nur für die angegebene Fahrt.
Rabatt für Online-Kunden
Ob sich die Vertriebsform für Wertzeichen, Tickets und dergleichen sich kommerziell überhaupt lohnt, wird sich noch weisen müssen. Das Echo auf den Online-Bezug von Fahrscheinen der Deutschen Bahn war bisher eher mässig, auch wenn dies an den etlichen Beschränkungen und der Skepsis des Publikums liegen mag.
Es ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass traditionelle Tickets in den nächsten Jahren vom Markt verschwinden werden. Auch die in den USA von der Post offiziell zugelassenen Internet-Anbieter von Marken haben Startschwierigkeiten. Die Post hat immerhin einen unkonventionellen Weg gefunden, den Internet-Kauf ihrer Marken zu fördern: Sie bietet sie online künftig vier Cents billiger an.
Gruss
Frank
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