-->Hi Zandow,
beim Bewässerungsanbau gehen die Meinungen stark auseinander.
- Zum einen (in braver Marx-Nachfolge vom"asiatischen" oder"orientalischen Despotismus") Karl Wittfogel und Marvin Harris, die einen"hydraulischen Despotismus" herbei fantasiert haben. Das Fehlen von privatem Eigentum in der Bronzezeit wird also mit"öffentlichen Investitionen", vorgenommen von einer"Zentralmacht", welche die Bewirtswchaftung der Böden letztlich erst ermöglicht hatten, begründet.
- Robert Adams (Heartland of Cities, 1981), der die berühtem Kanäle Mesopotamien als Transport- und nicht Bewässerungseinrichtungen deutet.
Jedenfalls kommen Kanäle sowohl in Regen- als auch in Trockengebieten vor.
Jedenfalls geht's ohne Wasser nicht. Und und Wasser-Gottheiten gibt's weltumspannend - bis zur"Wasserschlange" in Uzmal.
Für die Despotismus-These spricht allerdings z.B. das Beispiel Angkor Wat:
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Dort gab es einen Bewässerungssee (quadratisch) - und der Herrscher zog bei Erreichen eines bestimmten Wasserstands den Stöpsel. Das Wasser strömte durch den Palast und weiter auf die Felder.
>In der bäuerlichen Subsistenzwirtschaft gab es kein privates Eigentum an Grund&Boden. Die Äcker in unmittelbarer Nähe der Dörfer gehörten der Gemeinschaft, wer den Acker bearbeitete, dem gehörte er. Dies kann man allerdings so eigentlich auch nicht sagen, da die Ernte meist zentral gelagert wurde (mit kleinen Vorräten im Haus) und eine individuelle Zuordnung nicht stattfand. Das Nichteigentum an den Äckern ergibt sich aus dem Regenfeldbau: Ein Acker war so gut, wie der andere und im nächsten Jahr war es ebenso. Eine qualitative Unterscheidung gab es nicht, so daß es egal war, wer welchen Acker bewirtschaftete. Desweiteren gab es Land genug, es herrschte keine Knappheit an Ackerland. Somit konnte ein Acker auch keinen Wert (in oekonomischem Sinne) haben, da die Erzeugergemeinschaft der Verbrauchergemeinschaft identisch war und es somit kein Äquivalent zu einem eventuellen"Tausch" gegeben hat.
Ja, interessanterweise wurden Bräute, die klarerweise aus der Nachbarschaft kamen auch nicht gegen Land getauscht, sondern gegen"Brautgeld" (one way money).
>Dies änderte sich mit der Einführung des Bewässerungsfeldbaus.
Die"Einführung" ist das Problem. Von wem? Warum?
>Durch diese Innovation konnten erstmals Überschüsse (das surplus, nicht zu verwechseln mit Reserven für schlechte Zeiten!) produziert werden, die nun nicht in der Erzeugergemeinschaft verbraucht wurden, sondern vom Abgabenerzwinger.
Das wäre dann eine"Defensiv"-Innovation: man buddelt ein wenig, säubert immer wieder und hat mehr Ernte. Wäre es so gewesen: Wozu hätte der Herrscher dann die riesigen Magazine gebraucht, die wir überall finden (Großkeramik, versiegelte Bodenlöcher - sehr lange Haltbarkeit, Pyramiden-Kammern in Mittelamerika, in die gelagert und dann an jene re-distribuiert wurde, die die Ernte herangeschafft hatten?
>Die Produzentengemeinschaft war nicht mehr identisch mit der Verbrauchergemeinschaft! Jetzt bekamen die bewässerten Felder einen oekonomischen Wert, der aus zwei Dingen resultiert:
Wo surplus erzwungen wird, steigt der Wert automatisch.
>A) Der Bewässerungsfeldbau erfordert eine Anfangs- und Erhaltungsinvestition. Also die Anlegung der Bewässerungsgräben und die Nivellierung der Felder sowie die Pflege, Reparatur und Erhaltung der Gräben. Desweiteren die Regulierung der Bewässerung. Somit unterschied sich der bewässerte Acker wesentlich vom Acker mit Regenfeldbau in seiner Qualität. Bewässerte Äcker waren knapp, da sie ohne Investition nicht existent wären und sich sicherlich auch untereinander in der Qualität unterschieden.
Diese Investition kann nicht so groß gewesen sein. Das Becken von Angkor Wat war vom Aufwand her winzig - verglichen mit der gigantischen Palastanlage.
>B)Mit dem produzierten surplus kam zum ersten Mal ein Äquivalent in die Welt, welches den oekonomischen Wert eines bewässerten Ackerlandes ausdrücken konnte. Der Wert eines bewässerten Ackers drückte sich also in den Produkten aus, die zur Abgabe (zum Termin!) verlangt wurden.
Gilt für jeden Acker und für jedes Gut, aus dem Abgaben gepresst werden können oder das selbst Abgabengut ist. Oder platt: Erst die Abgabe und die damit verbundene Sanktion, falls nicht... ergeben überhaupt erst einen Preis (ökonomischen Wert), der Einfachheit halber dann im Abgabengut gemessen.
>Durch diesen Wert war es nun nicht mehr egal, wer welchen Acker bearbeitete. Land wurde erstmals vererbt! Das Eigentum war in der Welt, gemäß der erweiterten Eigentumsdefinition (Fähigkeit zur Schuldenaufnahme- und <font color=#FF0000>tilgung</font>; hier die Abgabenschuld ex nihilo)! Durch die Entstehung eines Wertäquivalentes (Produkt, Menge, Termin), den erhöhten Arbeitsaufwand beim Bewässerungsfeldbau und der Nichtidentität zwischen Erzeuger- und Verbrauchergemeinschaft entstanden Spezialisierungen in den Arbeitsschritten.
Dazwischen schiebt sich allemal der Rentier - also der absentee owner oder Herrscher.
>Diese Spezialisierungen betrafen nicht nur die Produktion der landwirtschaftlichen und zur Abgabe fälligen Güter, sonder auch in zunehmenden Maße andere Produkte (Hausbau, Werkzeugherstellung....). Das Wirtschaften auf der Grundlage von Schuldkontrakten begann!
Ja. Zuerst Verschuldung im Abgabengut, falls zum Termin nicht vorhanden, daraus folgend logischerweise der Bereich, der das Gut herstellt oder beim Herstellen hilft - weshalb eben auch zuerst Stückkäufe (Boden, Vieh, Sklave), vulgo: Deren Ertauschen mit Hilfe des Abgabengutes, sobald es Metall ist. Getreide kann niemals Boden kaufen, Milch und Käse niemals Vieh, vom Sklaven gefertigte Kittel niemals den oder einen Sklaven.
>Die genaue Betrachtung der Eigentumsentstehung ist in mehreren Aspekten sehr interessant, da sich einige Irrtümer in der Geschichtsbetrachtung korrigieren lassen. So widerlegt dieser Ablauf die Erklärung der Entstehung von Handel und Spezialisierung aus Knappheiten heraus.
Der Handel, und das wird doch immer klarer, startet am Palast. Die Werkstätten starten beim Tempel und/oder Palast. Das sog."private" Handwerk kommt erst viel später.
>Die bäuerliche Subsistenzwirtschaft war eine über Jahrtausende sehr stabile Wirtschaftsweise. Aus ihrem Inneren heraus entstand keinerlei Innovotion, Handel usw. Es wurde produziert, was man brauchte und fertig. Mehr nicht!!!!!!! Die Knappheit kam erst mit dem erzwungenen surplus in die Welt.
Sehr richtig. Knappheit"als solche" gibt es nicht. Knapp ist etwas immer nur zum Termin, da es zu Erscheinen hat!
>Die Knappheit darf nicht verwechselt werden mit den Risiken des Regenfeldbaus. Mißernten wurden durch Vorratshaltung innerhalb der Dörfer und ein über Heiraten (intertemporäre Verpflichtungen; nicht auf Rückgabe einer anderen Frau, sondern auf materiellen Ausgleich im Notfall) hergestelltes Beziehungsgeflecht zwischen den Dörfern ausgeglichen. Eine Notsituation führte also nicht zu einer Verbesserung des Anbaus oder gar Innovationen, sondern zur Erweiterung des Beziehungsgeflechts zwischen den Dörfern. Am Regenfeldbau änderten die permanenten Risiken nichts.
>Trotzdem stellt der Risikofall (Mißernte) ein einschneidendes Ereignis im Leben der Menschen dar. Solche schweren Mißernten kamen ca. einmal pro Generation (20 - 25 Jahre) vor. Die Erinnerung daran wurde durch orale Riten erhalten. Hier findet sich ein Ansatzpunkt bei der Betrachtung der Religionsentstehung. Orale Riten finden sich neben der Urangst vor dem Wasser (nicht dem Wasser ansich, sondern vor Überschwemmungen!) in allen Religionen.
Der Komplex Wasser/Herrschaft bedarf noch intensiver Analyse (es gibt eine Monographie zum"Herrscher als Säer und Gärtner" (oder so) schaue noch mal nach).
Andererseits sind viele Heroen als Schlangenkämpfer, Drachentöter usw. bekannt. Drache, Schlange, Wasser sind identisch. Der Kämpfer (dann Herrscher) ist der Dammbauer - massenhaft Belegstellen bis hin zur Siegfriedsage, allerdings noch nicht aufbereitet (Materialsammlung liegt irgendwo). Selbst Jahwe [!] ist Flutkämpfer - er besiegt den Leviathan (= Flutdrache, Megaschlange).
>Zum Schluß: Nach der Macht- und Gewalttheorie von dottore ist der Auslöser der Innovation des Bewässerungsfeldbaus die Erzwingung einer Abgabe, die die Produktion eines surplus notwendig machte.
Surplus ja - Bewässerung muss nicht.
>Andererseits könnte man behaupten, daß der Bewässerungsfeldbau erfunden wurde, um die Risiken des Regenfeldbaus zu minimieren und sich durch diese Risikominimierung ein Produktionsüberschuß ergab,
Risikominimierung ja, aber wozu Überschuss? Wohin damit? Kein Regen: Schleusen auf - also Produktion wie Vorjahr. Regen: Schleusen zu - Produktion wie Vorjahr.
>der dann Begehrlichkeiten weckte. An diesem Punkt fehlen mir in der Macht- und Gewalttheorie noch Belege. Oder hab' ich hier nicht genau geschaut?
Die Risikominimierung erfreut auch das Herz des Surplus-Forderers. Der Surplus kommt dann sicherer.
Herzlichen Gruß zurück!
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