-->Hallo, @dottore -
ich bin ziemlich frustriert über diese Recherche in einem Gebiet von dem ich keine vertiefte Kenntnis habe und nur auf Mommsen und Niebuhr Zugriff habe.
Primärquellen für die regale Periode gibt’s eigentlich überhaupt keine - offenbar hat nicht eins der Gesetze (vollständig) überlebt und ein antiker Autor schreibt mehr oder weniger schamlos vom anderen ab - und dichtet um den Kern nach gusto dazu. Aber wie soll`s auch anders sein - Schrift holten sich die Latiner frühestens ab 600 BC per Nachhilfeunterricht von den Griechen und Etruskern und das dann auch nur für Über- und Inschriften. Hier ein paar Links dazu:
Eins, zwei,">http://www.timelessmyths.com/classi...llthings.html#Kings]zwei[/link], ">http://www.fh-augsburg.de/~harsch/C...ia/Lsante06/Lapis/lap_insc.html] Lapis niger
Ich hoffe, es hat sich inzwischen geklärt, dass die Nutzung nur gegen eine Abgabe möglich war
Ganz unstrittig, lieber @dottore - soweit jedenfalls - denn nun haben wir außer [pecunia] und der erwähnten SCRIPTURA auch noch einen dritten Begriff für den gleichen Vorgang gefunden: DECUMAE gefunden - und die Menge macht’s ja bekanntlich.
Bleibt nur das Problem: Wer „pecunia“ als Viehgeld aus der Steuerzahlung ableitet, muss umgekehrt erkären, warum die Römer zwei andere spezifische Begriffe für diesen Sachverhalt hatten: SCRITURA und DECUMAE.
Warum Mitchell diesen ohnehin konfuse Situation weiter komplizieren will, bleibt wohl vorerst auch im Dunkeln.
Ich persönlich neige der Darstellung von Mommsen zu, die - wenn Sie falsch sein sollte - zumindest den Vorteil hat, dass ich Partner im Unglück habe. Eine kleine Einschränkung mache ich bei Mommsen hinsichtlich seiner Ausführungen zur Bedeutung der Viehwirtschaft.
Nun zu Mommsens Text:
13. Kapitel
Ackerbau, Gewerbe und Verkehr
„Das Weideland ward von der Landaufteilung nicht betroffen. Es ist der
Staat, nicht die Geschlechtsgenossenschaft, der als Eigentuemer der Gemeinweide
betrachtet wird, und teils dieselbe fuer seine eigenen, fuer die Opfer und zu
anderen Zwecken bestimmten und durch die Viehbussen stets in ansehnlichem Stande
gehaltenen Herden benutzt, teils den Viehbesitzern das Auftreiben auf dieselbe
gegen eine maessige Abgabe (scriptura) gestattet. Das Triftrecht am
Gemeindeanger mag urspruenglich tatsaechlich in einem gewissen Verhaeltnis zum
Grundbesitz gestanden haben. Allein eine rechtliche Verknuepfung der einzelnen
Ackerhufe mit einer bestimmten Teilnutzung der Gemeinweide kann in Rom schon
deshalb nie stattgefunden haben, weil das Eigentum auch von dem Insassen
erworben werden konnte, das Nutzungsrecht aber dem Insassen wohl nur
ausnahmsweise durch koenigliche Gnade gewaehrt ward. In dieser Epoche indes
scheint das Gemeindeland in der Volkswirtschaft ueberhaupt nur eine
untergeordnete Rolle gespielt zu haben, da die urspruengliche Gemeinweide wohl
nicht sehr ausgedehnt war, das eroberte Land aber wohl groesstenteils sogleich
unter die Geschlechter oder spaeter unter die einzelnen als Ackerland verteilt
ward.“ Mommsen - etwa zu Beginn des 3. Fünftels des Links, R.G. - Hervorhebung von mir.
Mommsens Ausführungen zu pecunia, aes, Viehwirtschaft und Ackerbau etc. folgen in dem gleichen Link weiter unten.
Ich möchte dieses Thema nicht abschließen (zumindest vorläufig), ohne auf eine bemerkenswerte Interpretation von Niebuhr in:
B. G. Niebuhr, Römisch Geschichte, 3 Bände, Berlin 1811-1833, hier Bd. 2, 3. Aufl., 1836 S. 146ff, zum Thema ‚ager publicus’ (Vom gemeinen Feld und dessen Nutzung) hinzuweisen:
Niebuhr erläutert zunächst die widersprüchlichen Quellen antiker Autoren zum Thema ‚ager publicus’, also Gemeindeland. Hier lassen sich aus Niebuhrs Sicht die Ansichten von Appian mit denen von Plutarch (circa 45 - 125 n. Chr), Varro (115 - 27 v. Chr.) und Livius (59 v. Chr. - 17 n. Chr.) nicht zur Deckung bringen.
Die einen berichten das Gemeindeland (ager publicus) sei in unterschiedlichen Parzellengrößen verkauft worden, die anderen behaupten es ei nur verpachtet worden. (Ich persönlich kann dieses frustrierende Durcheinander der Ansichten nach meinem kurzen Ausflug in dieses Thema nur bestätigen und möchte auch die ursprüngliche Landaufteilung des Romulus eigentlich in den Bereich der Fabel verweisen - nach dem Motto - si non e vero e bene trovato.)
Wie dem auch sei, berichtet Niebuhr nun von seinen Erkenntnissen aus Indien und erläutert wie folgt:
“In Indien ist der Landesherr alleiniger Eigenthümer des Bodens: kann die Felder welche der Ryot [Bauer, Landarbeiter] bestellt einziehen wenn es ihm beliebt: dennoch vererbt sie dieser und veräußert sie: er entrichtet einen größeren oder kleineren bestimmten Theil des Ertrages in Früchten: diese Früchte verpachtet oder verkauft der Staat an die <a href=http://www.britannica.com/search?query=zamindar&submit=Find&source=MWTEXT> Zemindare</a>, sofern er nicht die eines Bezirks oder Grundstücks auf immer an Gotteshäuser und fromme Stiftungen, oder auf Lebenszeit an Angehörige und Diener verliehen hat.
Jenes Verhältniß ist nicht Indien allein eigenthümlich, sondern Spuren desselben finden sich durch ganz Asien: im Alterthum hat es daselbst weit und breit in bestimmten Zügen bestanden….. Eben so wenig ist das argrarische Recht der Römer für ein ihnen eigenthümliches zu halten: es ist vielmehr ohne Zweifel allen italischen Völkern gemein, mancher Begriff desselben auch ausser der Halbinsel verbreitet gewesen: um so weniger ist die Uebereinstimmung als zufällig, mithin täuschend, zu betrachten.
Es würde nicht thunlich seyn die Darstellung des Begriffs und der Verhältnisse des ager publicus auf die älteste Zeit, auf seinen Umfang und sein Maaß in den Tagen des Sp. Cassius oder des Licinius Stolo, zu beschränken: der Zeitpunkt für den es möglich ist sich ein bestimmtes Bild zu schaffen ist ein viel jüngerer, wo diese Landtafel [gemeint ist der ager publicus] zu ungeheuer Größe angewachsen war, und eine Menge Gegenstände zum Eigenthum des römischen Volks gehörten, die vor Alters darin noch nicht vorkamen.“
Das mag genügen um das Konzept Niebuhrs klar zu machen:
Obereigentümer ist in allen Fällen der Staat. Es liegt in seinem ausschließlichen Belieben welche der mit dem Land verbundenen Rechte (Nutzung, Besitz oder Untereigentum) er individualisiert. Alle delegierten Landrechte sind jederzeit vom Herrscher widerrufbar. Entsprechend unterschiedlich sind die Entgeltformen für die Nutzung dieser Landrechte.
Deshalb sollten wir das ganze Thema privates Land-Eigentum und Nutzung im in frühen Herrschaftsystemen vielleicht einmal anders betrachten:
Daniel C. Snell in seinem Buch Life in the Ancient Near East: 3100-332 B.C.E., 1997 berichtet sogar zu Mesopotamien:
“It appears that there was private ownership of land in all periods and places….” (S. 125).
Und Morris Silver in Ancient Economies gibt uns - ähnlich wie Niebuhr für Rom - einen Hinweis wie ein solches „Eigentum“ denn ausgesehen haben könnte.
Er schreibt dort:
„However,"property right" (better"property power") should be visualized as a vector of distinct rights over an object:
1. Right to use in all relevant uses (universality);
2. Right to exclude others from using;
3. Right to benefit from use;
4. Right to physically transform;
5. Right to alienate or transmit.
The right of an individual to an object does not necessarily include each and every one of these rights (see Silver 1989: 17-18).”
All dies sind natürlich Rechte, die der jeweilige Herrscher gnädig und gegen Entgelt (= Pacht, Miete, Gras- oder Weidegeld, Grundsteuer meinetwegen auch pecunia etc.) gewährt und jederzeit widerrufen kann (siehe unser Enteignungsrecht); aber es sind Rechte (property power), die vom jeweiligen Eigentümer dieses Rechtes gegebenenfalls - ähnlich wie das römische „heredium“ - vererbt, belastet und verkauft werden könnten - auch gegen Entgelt.
Sonntagsgrüße
P.S. Vielleicht interessiert Dich das Angebot von Stormbroeck (Auch hier mein Hinweis auf potentiell widerstreitende Eigentumsrechte an diesen „cuneiform Cones“ J)
|