-->Haben Arbeitslose künftig weniger Geld in der Tasche?
Ja - und nein. Rund eine Million erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger werden besser dastehen. Sie dürfen mehr dazuverdienen und müssen weniger eigenes Vermögen einbringen als heute. Viele bisherige Bezieher von Arbeitslosenhilfe - vor allem frühere Gutverdiener - müssen dagegen damit rechnen, im nächsten Jahr weniger Geld zu bekommen. Der wesentliche Unterschied zur Arbeitslosenhilfe: Das neue Arbeitslosengeld II orientiert sich nicht mehr am früheren Nettoverdienst, sondern ist eine einheitliche Regelleistung. Für Alleinstehende oder Alleinerziehende gibt es 345 Euro (Ost: 331 Euro). Leben weitere Personen in dem Haushalt, erhöht sich die Überweisung. Vor allem Familien mit Kindern könnten am Ende finanziell besser dastehen als heute.
Kann es sein, dass einige Arbeitslose gar kein Geld mehr bekommen?
Ja. Denn nur wer bedürftig ist, bekommt das Arbeitslosengeld II. Wer also mit einem Partner zusammenlebt, der ein ausreichendes eigenes Einkommen hat, geht wegen schärferer Anrechnungskriterien künftig leer aus. Der DGB schätzt, dass dies rund 27 Prozent der heutigen Arbeitslosenhilfebezieher betrifft.
Wie soll man von 345 Euro noch Miete und Heizung zahlen?
Alle Kosten für Unterkunft und Heizung zahlt der Staat zusätzlich, ebenso die Beiträge für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Auch Leistungen für „einmalige Bedarfe“ werden erstattet: zum Beispiel die Erstausstattung für die Wohnung oder die Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt des Kindes.
Müssen jetzt alle Arbeitslosen in billige Wohnungen umziehen?
Das gehört ins Reich der Panikmache. Massenumzüge wird es nicht geben. Laut Wohngeldstatistik leben die meisten Arbeitslosenhilfebezieher bereits jetzt in einer nach Sozialhilferecht „angemessenen“ Bleibe. Für einen Single gelten 50 Quadratmeter als angemessen; für eine vierköpfige Familie eine 90 Quadratmeter große Wohnung. Für selbst genutztes Wohneigentum übernehmen die Ämter statt Miete die Schuldzinsen.
Droht nach einem Jahr Arbeitslosigkeit sofort der Abstieg auf Sozialhilfeniveau?
Nein. Wer seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I verliert, bekommt zwei Jahre lang zusätzlich zu Arbeitslosengeld II ein Übergangsgeld gezahlt - im ersten Jahr 160 Euro monatlich plus 60 Euro je Kind. Im zweiten Jahr werden die Zuschläge halbiert. Außerdem gilt bis Anfang 2006 noch die alte Bezugsdauer: Wer zum Beispiel älter als 55 ist und arbeitslos wird, hat bis zu 32 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld I in Höhe von maximal 67 Prozent des letzten Nettoverdiensts.
Müssen Arbeitslose jetzt den Familienschmuck verkaufen?
Das Arbeitslosengeld II wird (ebenso wie bisher Sozial- und Arbeitslosenhilfe) aus Steuermitteln finanziert und nicht aus den Versicherungsbeiträgen. Es steht nur Bedürftigen zu. Entscheidend ist deshalb, ob das Vermögen bestimmte Freibeträge überschreitet - sie liegen bei mindestens 4100 und höchstens 13 000 Euro pro Person. Für die Altersvorsorge gilt eine zusätzliche Freigrenze. Je nach Alter und Familiensituation ist die Grenze, ab der man nicht mehr als bedürftig gilt, sehr unterschiedlich.
Was ist mit den Sparbüchern der Kinder?
Die Empörung ist groß. Aber die Anrechnung des Sparguthabens von Kindern ist bereits jetzt bei Sozialhilfeempfängern geltendes Recht. Künftig gilt dies für alle, die Arbeitslosengeld II beziehen - nach der jüngsten Kanzlerrunde wird aber der Freibetrag für Kinder und Jugendliche generell auf 4100 Euro angehoben. Wer mehr auf dem Konto hat, bekommt auch weniger Leistung - die staatliche Unterstützung für die Eltern bleibt davon unberührt. Die Regelung soll verhindern, dass Vermögen auf die Sparkonten der Kinder verschoben wird.
Müssen Arbeitslose ihr Auto verkaufen?
Nein. Das eigene Auto - so lange es keine Luxuskarosse ist - gilt nicht als Vermögen. Sozialhilfeempfängern wurde bislang nur in Ausnahmefällen ein Auto zugestanden.
Wer bekommt einen Kinderzuschlag?
Eltern, die ihr geringes Einkommen bislang mit Sozialhilfe aufstocken, werden im nächsten Jahr erstmals einen monatlichen Kinderzuschlag von bis zu 140 Euro pro Kind - zusätzlich zum Kindergeld - erhalten. Auch hierbei hängt die Höhe der Leistung von den individuellen Lebensverhältnissen ab.
Müssen Arbeitslose jedes Jobangebot annehmen?
Ja - wenn die Arbeit nicht mehr als 30 Prozent schlechter bezahlt wird als allgemein üblich. Auch ein Pianist dürfte eine Arbeit auf dem Bau als unzumutbar ablehnen, weil ihm diese Arbeit die Ausübung seines eigentlichen Berufs künftig erschweren würde.
Warum müssen dann auch Jobs, für die nur ein oder zwei Euro in der Stunde gezahlt werden, angenommen werden?
Ein-Euro-Jobs sind nur zulässig, wenn sie im Rahmen einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme angeboten werden - zum Beispiel von einer kommunalen Beschäftigungsgesellschaft. Diese so genannten Beschäftigungsgelegenheiten, zum Beispiel Grünanlagen säubern, sind keine neue Erfindung. Umstritten ist allerdings, ob das bestehende Angebot von den Kommunen noch kräftig aufgestockt werden kann.
Dürfen Arbeitslose künftig mehr dazuverdienen als heute?
Ja - und nein. Das Arbeitslosengeld II kann im Grundsatz durch eigene Arbeit aufgestockt werden. Wer allerdings einen Minijob bis zu 400 Euro hat, steht künftig schlechter da als heute - nur 15 Prozent bleiben anrechnungsfrei. Die Zuverdienstmöglichkeiten ab etwa 800 Euro sind dagegen weitaus großzügiger gestaltet als heute. Die „Ein-Euro-Jobs“ werden beim Arbeitslosengeld II überhaupt nicht angerechnet. Der Wunsch der Grünen, die Zuverdienstregeln nachzubessern, ist abgelehnt worden.
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