-->Hi, hab mir auch mal Gedanken zu Zloty gemacht. Im Philosophen -Quartett finde ich ihn, vor allem sprachlich, sehr interessant.
Peter Sloderdijk behauptet im Schlussessay seines Buches"Spären III" unsere Gesellschaft befände sich jenseits der Not und nimmt im Spiegelinterview an, daß er"allenfalls" von"übereifrigen Verbandssprechern" Prügel dafür beziehen würde. Schon hier irrt Herr Sloterdijk, weil er auch von mir (selbständiger IT-Unternehmer) dafür Prügel bezieht.
Desweiteren will er dem Publikum einen therapeutischen Vorschlag unterbreiten, indem wir die Mechanismen untersuchen sollen, warum die Menschen zu einer"permanenten verdrießlichen Selbstagitation zum Opfer" fallen. Daß, obwohl Deutschland"eine der materiell und mental reichsten Nationen aller Zeiten" sei.
Gleichzeitig behauptet Sloterdijk im Spiegel-Interview, daß kein Volk gewöhnlicher sein kann als die Deutschen es heute sind. - Was bedeutet für Sloterdijk materiell reich? Ist der gemeine Mensch heute reicher weil er ein klappriges Auto fahren kann anstatt sich von einem Pferd ziehen zu lassen? Sind wir materiell reicher, weil wir uns unter eine Dusche stellen können aus der chemieverseuchtes Wasser spritzt (Der Spiegel berichtete), anstatt sich in einem Fluß zu baden?
Wenn Sloterdijk diese zweifelhaften Errungenschaften als den größten materiellen Reichtum quantifiziert, kann man allerdings seine oben wiedergegebenen Aussagen verstehen. Sloterdijk selbst ist zum Ofer einer industriellen Agitationsmaschinerie ex cathedra geworden und es zeugt nicht gerade von mentalem Reichtum sich von dieser vereinahmen zu lassen. Es reicht eben nicht zehntausend Bücher im Regal stehen zu haben, um sich als mental reich bezeichnen zu können. Mental reich ist derjenige, der den ganzen materiellen Plunder nicht braucht, der das geistige über das materielle zu stellen weiß und derjenige der erkannt hat, daß die Menschheit in einer geistigen Wüste lebt, in der nicht einmal mehr die Grundkenntnisse einer natürlichen Biologie verstanden werden, in der niemand mehr weiß wozu die buntfarbene Schwertlilie dem Körper nützlich sein kann. Da hilft es auch nichts mehr etwas über die nikomachische Ethik zu wissen.
Gleichzeitig äußert sich Sloterdijk über den"Sonderbiotop" Berlin. (Was ist ein Sonderbiotop? Was ist ein Sonderklima? Vielleicht noch einen Sonderzug hinterher?) In Berlin habe"man ein halbes Jahrhundert lang geübt, die Einkesselung als Attraktion zu erleben". Dieser Satz zeugt von Nichtbildung gleich in mehrerer Hinsicht: und zwar bestand die"Einkesselung" von 1961 bis 1989. Das ist ein gutes Vierteljahrhundert und nicht ein halbes. Bis 1961 war Berlin eher ein Stadtstaat mit spartanischen Zügen. Ich habe acht Jahre dieser"Einkesselung" miterleben dürfen. Ich habe dafür nicht geübt, weil"Erlebbares" a priori nicht geübt werden kann, sondern ein sinnliches Unterfangen ist. Diese acht Jahre waren die schönsten meines Lebens. Und zwar deshalb, weil ich keinen Viktualienmarkt hatte und keine Alsterkollonaden und auch kein Hafenfest. Diese deutsch-gemütlichen Attribute zur Verleihung von Lebensqualität, respektive Komfortsphäre, berühren vielleicht ein gut durchgehärtetes Materialisten- Herz; für ein freiheitlich-kämpferisches Herz sind die von Sloterdijk hochstilisierten Komfortzonen zwischen Maximilians-Universität und dem Wiener Café Dehmel wie die Gettos der Ratten in der Berliner Kanalisation. Ich weiß nicht, ob Sloterdijk das versteht. Das deutsche Drehbuch wurde und wird in Berlin geschrieben.
Irgendwie kommt Sloterdijk mir so vor als hätte er den Tod von Heinz Erhard (dt. Komiker) bis heute nicht verkraftet. Üben Herr sloterdijk, üben!
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