-->Hi,
vieles, was wir heute für common sense halten, war in"früherer" Zeit ganz anders. Wir müssen uns daher bemühen, das zu enträtseln, was die Änderung herbei geführt hat.
Nehmen wir diesen Hinweis von Prof. Baruch Levine als Starter: Auf dem Campus der New York University sind Appartments verkäuflich, allerdings nur zwischen den Angehörigen der der NYU. Wer also ausscheidet, muss sein Appartment verkaufen. Das Preis für das Appartment beträgt das 2,5fache [!] eines gleichwertigen Appartments sonstwo in der Stadt.
Der Grund für diese Differenz ist rasch ausgemacht: Die NYU-Appartments sind steuerfrei.
Daraus lässt sich im Umkehrschluss ableiten: Je höher die steuerliche Belastung eines Grundstücks, desto geringer wäre sein Wert. Das würde nicht nur für allfällige Grundabgaben-Erhöhungen (wie sie hier ja noch und noch vorgeführt und beklagt werden) im Hinblick auf die Grundstückspreise nichts Gutes verheißen, vulgo deren Preise negativ beeinflussen (Deflation).
Diesen Zusammenhang finden wir letztlich auch bei Zinssatz (zur Finanzierung etwaiger Grund-Käufe), sofern wir den Zins als Steuerderivat betrachten. Je höher der Zinssatz, umso geringer die"Nachfrage" nach Grundeigentum (bzw. dessen"Beleihung") und umso niedriger ("fallend") die Grundstückspreise.
Der Grundstücksmarkt und die sich darauf ergebenden"Preise" sind also nicht einfach als Resultat eines sich frei im Raum ergebenden Spiels der Marktkräfte zu sehen (Angebot und Nachfrage), sondern haben in erster Linie etwas mit den darauf liegenden Abgaben zu tun. Dazu werden auch andere Merkwürdigkeiten, welche die heutige Vorstellung, der Landpreis habe etwas mit dem"Ertrag" des Bodens zu tun, in Frage zu stellen, z.B. waren die Landpreise im Italien des 18. Jh. AD umso höher, je näher der Käufer mit dem Verkäufer verwandt war. In Laos wurde eine solche"inverse" Preisgestaltung noch im 20. Jh. AD beobachtet (Hinweis Prof. Johannes Renger, Berlin).
Das lässt sich damit erklären, dass der Verkäufer, wenn er schon über Land verfügt, das per se niedriger (falls überhaupt) besteuert war, dieses innerhalb seiner Familie, die über dieselben (steuerlichen) Privilegien verfügte eben höher auspreisen konnte als jemand, der ohne diese Privilegien von irgendwoher kommt und das Land dann zu ungünstigeren a-priori-Bedingungen erwirbt und ergo weniger bezahlt.
Würden also Mieten (Bodenzins) höher besteuert, würde das dem Immobilienmarkt kaum nach oben drücken. Aber finden wir überhaupt so etwas, wie eine Korrelation zwischen"Ertrag" und"Preis" bei Land?
Dazu gibt es eine eine ganze Reihe von Untersuchungen (leider noch nicht alle durchgekämpft) gerade der allerneuesten Zeit von Prof. Carlo Zaccagnini, der - aufbauend auf seinem wichtigen, auf Unmengen Tontafel-Quellen, speziell für Nuzi (Kirkuk, Irak, mit sehr instruktiven Links) - zu dem Ergebnis kommt, dass der"Kaufpreis" eines Feldes meist nur dem Ertrag eines Erntejahres (selten von zwei) entsprach.
Das leuchtet natürlich nur ein, wenn man beachtet, dass der Käufer (in dem hier schon beschriebenen bondage oder nexum-Verhältnis stand) und sich nicht mehr auf dem"freien Markt" von seinem Land trennen konnte, sondern es dem Gläubiger (Latifundist, absentee landowner) andienen musste. Hatte seine Schuld (entwickelt aus der 33-%-Getreideleihe) den gesamten erzielbaren Ernteertrag erreicht, wurde das Land transferiert.
Diese Übertragung geschah auch nicht etwa durch "Kauf" und Aushändigung des Kauf"preises" an den Gläubiger (eben um die Schuld ihm gegenüber zu tilgen), sondern durch einen tuppi maruti bezeichneten Vorgang, der als Grundstücks-Adoption (!) bezeichnet wird, wonach der Adoptierer (Großgrundbesitzer) hinfort sich aus den Erträgen bedienen konnte, die"formell" just dem entsprachen, was der Schuldner an laufenden Zins zu entrichten gehabt hätte:
"One single crop is enough to refund the creditor of the whole capital he has lent."
Diese"Adoption" entspricht sehr schön der berühmten "Ankindschaft" der lex salica, wo Eigentum, wie hier schon mal ausführlich diskutiert, in einem komplizierten Verfahren übertragen wurde.
Wollten wir eine (negative) Einschätzung der laufenden Verhältnisse in die Zukunft vornehmen, würde das über kurz oder lang bedeuten:
- Die Grundabgaben (und die mit Grund und Boden, ergo"Behausung" verbundenen"Kosten", denen nicht ausgewichen werden kann), die sich bereits in rasantem Tempo in die Höhe entwickeln (Grundsteuern, Wasser, Gas, Strom usw. usw.) werden die Grundstückswerte drücken.
- Sind diese Abgaben und unausweichlichen Ausgaben in eine bestimmte Höhe geschraubt, ist das"private" Eigentum an Grund und Boden, selbst wenn es Fremd- (also bank-)lastenfrei ist, nicht mehr zu halten. Es wird (oder muss) dann entweder an (noch liquide) Interessenten verkauft (zu mutmaßlich gedrückten Preisen) oder schließlich von den Abgaben-Instanzen an"Zahlungs Statt" eingezogen werden.
Erfreulich wäre das alles nicht. Aber"neu" wäre es auch nicht.
Dennoch schönsten Sonntagsgruß!
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