--><font size="5">Auslandsinvestoren beschweren sich in einem offenen Brief bei Putin </font>
Neues Gesetz stärke die Rechte der Mehrheitsaktionäre
Experten fürchten aber Willkür bei der Abfindung kleinerer Anteilseigner
Ein große Gruppe von Investoren, die nach eigenem Bekunden zusammen rund 70 Prozent des Portfolioinvestments in Russland kontrollieren, hätten in einem Offenen Brief Präsident Wladimir Putin aufgefordert, ein Gesetz zu stoppen, das die Rechte von Minderheitsaktionären in Russland beschneide, schreibt die Presse heute.
Im Juli habe die Staatsduma in erster Lesung einen Gesetzesentwurf verabschiedet, wonach es Mehrheitsaktionären, die 90 Prozent des Aktienkapitals hielten, leicht gemacht werden solle, die übrigen Anteilseigner aus dem Unternehmen zu drängen.
Die Mehrheitsaktionäre könnten laut dem Gesetz einen Schätzer ihrer Wahl bestellen, der dann einen verbindlichen Verkaufspreis festlege. Erfahrungsgemäß seien Schätzer in Russland jedoch oftmals nicht unabhängig. Dem Minderheitsaktionär bliebe nur noch übrig, das Angebot des so genannten"Superaktionärs" zu akzeptieren.
Es ginge hier darum, die Kleineren erst zu erpressen und dann herauszupressen, konstatiert beispielsweise William Browder, Chef der Investmentgesellschaft Hermitage Capital Management. Insgesamt hätten 26 Investmentfirmen - unter ihnen Prosperity, Morgan Stanley, Firebird und Vostok Nafta - das Schreiben an den Staatschef unterzeichnet. Der Aufruf, so Browder, beinhalte eine eindeutige Verurteilung eines Gesetzes durch die internationale Gemeinschaft von Investoren.
Nach Auffassung der Investoren würde die Verabschiedung des Gesetzes eine"Niederlage für den Gedanken des Corporate Governance", also des Schutzes von Aktionärsrechten, bedeuten. Sollte dieses Gesetz in dieser Form verabschiedet werden, würde es sich in einer prominenten Reihe finden mit Finanzpyramiden, der Rubelkrise, Bankenpleiten und anderen Ereignissen, die die Finanzwelt in Russland seit 1991 erschüttert hätten", wettert ein Vertreter von Firebird Management.
Zwar hätten auch Spitzenbeamte des Wirtschafts- und Finanzministeriums den Gesetzesentwurf verurteilt, doch bislang hätten sie keine konkreten Vorschläge gemacht, wie das"Gesetz über Aktiengesellschaften" entschärft werden könnte. Putin habe sich bislang zu dem Offenen Brief nicht geäußert.
Nach Schätzungen von Hermitage Capital Management gäbe es in Russland insgesamt 188 000 Minderheitsaktionäre großer Konzerne. Sie hielten zusammen ein Aktienkapital im Wert von 3,1 Mrd. Dollar und müssten nun auch nach Einschätzung von Experten auf rechtlich abgesichertem Wege eine Art von Enteignung fürchten. Gerade russische Industriegiganten wie Sibneft, Severstal oder Irkutskenergo hätten in Russland, wo die Wirtschaft stark monopolisiert sei, eine Eigentümerstruktur, die zu einer"kalten Enteignung" einladen könnte.
Der russische Aktienmarkt, der bei ausländischen Investoren durchaus beliebt sei, erfreue sich in der russischen Regierung nur geringer Wertschätzung. Premierminister Michail Fradkow habe jüngst gesagt, er würde sein Erspartes nicht in Aktien stecken: Das seien doch ewige Achterbahnfahrten.
Tatsächlich sei die russische Börse - das macht besonders das Auf und Ab der Aktie des angeschlagenen Erdölkonzerns Yukos deutlich - oft von Manipulationen geprägt. Beispielsweise gibt es bis heute in Russland beispielsweise kein Gesetz, das Insidergeschäfte unter Strafe stellt.
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