-->Mensch Stefan, den Artikel gibts auch auf deutsch - welch Wunder beim Goethe-Institut ;-)
"Regio ergänzt Euro" - Immer mehr Regionen führen eine eigene Währung ein
Seit zwei Jahren können die Bremer in ihrer Stadt mit dem Roland auf Einkaufstour gehen. Im Chiemgau bezahlen die Bewohner seit anderthalb Jahren mit dem Chiemgauer, und rings um Heitersheim soll in ein paar Wochen der Sulzbachtaler kursieren. Deutschlandweit entstanden in der jüngeren Vergangenheit zwischen 40 und 50 Initiativen, deren Ziel es ist, eine regional gültige Währung einzuführen, die den Euro ergänzt. Dadurch soll örtliche Kaufkraft gebunden, regionale Wirtschaft gestärkt und Lebensqualität erhalten werden.
"Wir nehmen Chiemgauer" verkündet ein Schild in der örtlichen Bäckerei in Prien am Chiemsee. Seit 2003 akzeptieren rund 150 Händler und Dienstleister, vom Optiker über die Pizzeria bis hin zum örtlichen Inkasso-Unternehmen, jene bunten Scheine in orange, grün oder lila, die trotz eines Hologramms und einer Seriennummer eher an Kinokarten erinnern als an Geld. Doch sie sind Bares wert: Bereits im ersten Jahr wurden mit dem Chiemgauer 60.000 Euro umgesetzt, wie der Initiator der regionalen Währung, Christian Gelleri, stolz erzählt. Der Wirtschaftslehrer an der lokalen Waldorfschule hatte mit seinen Schülern die Initiative auf den Weg gebracht, die inzwischen als Paradebeispiel für das Gelingen derartiger Währungen gilt."Die Idee ist", sagt Christian Gelleri,"dass die Lokalwährungen die Wirtschaftskraft in der Region halten und dort den Mittelstand stärken".
Kaufen statt Sparen
Um keine Probleme mit den Zentralbanken zu bekommen - das Geldmonopol liegt schließlich beim Staat -, handelt es sich beim Chiemgauer wie auch bei den anderen regionalen Währungen nicht um Geld im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr um Gutscheine, die zumeist im Verhältnis eins zu eins gegen Euro eingetauscht werden. Teurer wird es, wenn man die regionale Währung zurückgeben will, dann fallen Gebühren an. Wer beispielsweise seine Chiemgauer in Euro zurücktauschen möchte, der wird mit fünf Prozent des Betrags zur Kasse gebeten.
Noch eine andere Eigenschaft der alternativen Währungen erhöht den Anreiz, sie schnellstmöglich wieder in Umlauf zu bringen und den Konsum zu beleben: das Regiogeld hat ein Verfallsdatum. Je länger es im Umlauf ist, desto stärker verliert es an Wert. So ist zum Beispiel der Chiemgauer ein Vierteljahr gültig und muss nach Ablauf dieser Frist, so er denn nicht ausgegeben wurde, mit einer Wertmarke verlängert werden, die man für zwei Prozent des jeweiligen Wertes kaufen muss. Zudem - auch dadurch unterscheiden sich die regionalen Währungen vom Euro - kann das Geld nicht angelegt und damit dem Wirtschaftskreislauf entzogen werden - das ist die so genannte Umlaufsicherung. Denn für regionale Währungen gibt es keinen Zins. Es zu horten, bringt also keinen Gewinn. Aber auch, wer die Währung zurücktauscht oder nicht schnell genug ausgibt, tut etwas für seine Region, denn die anfallenden Gebühren kommen sozialen Projekten zugute.
Standortmarketing und Idealisten-Traum?
Tatsächlich steht hinter den Regionalwährungen eine sehr idealistische Idee. Margit Kennedy, die lange als Architekturprofessorin an der Universität Hannover lehrte und heute eine der Protagonistinnen der Regionalwährungsbewegung ist, erklärt sie so: Man könne es einfach nicht akzeptieren, dass allerorts hohe Arbeitslosenquoten an der Tagesordnung seien, dass Sozialsysteme und öffentliche Haushalte kollabierten, während aufgrund der unbegrenzten Mobilität des Kapitals das Geld allein dahin flösse, wo die Rendite am höchsten sei."Mit Regionalwährungen", so Kennedy,"werden Regionen in die Lage versetzt, ihre Probleme weitgehend selbst zu lösen."
Dass sich diese fast utopisch anmutenden Ideen mittels regionaler Währungen eines Tages realisieren könnten, sehen vor allem Finanzfachleute eher skeptisch. Während man im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium die Vorgänge in Siegen oder in Duisburg, wo ebenfalls alternative Währungen eingeführt werden sollen, noch mit distanziertem Wohlwollen unter"regionalem Standortmarketing" abbucht, sieht Klaus-Heiner Röhl vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft die Angelegenheit weitaus skeptischer. Teilnehmer des alternativen Währungssystems, so ein erster Kritikpunkt, müssten die Mühe auf sich nehmen, Geld umzutauschen, und zwar zunächst einmal für ein Projekt, das sie eigentlich auch in Euro realisieren könnten. Außerdem verliere Geld, dessen Wert verfalle, seine Funktion als"Wertaufbewahrungsmittel" und markiere daher einen Rückschritt in die Zeit, da Geld als reines Tauschmittel diente.
Mag das Projekt auch manchen Volkswirtschaftler nicht überzeugen, so bleibt doch festzuhalten, dass diese Initiativen die lokale und regionale Wirtschaft - und Gemeinschaft - stärken.
Antonia Loick, Cleeves Communication UnitZwei
Antonia Loick arbeitet als Redakteurin und Publizistin in Köln
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September 2004
<ul> ~ http://www.goethe.de/kug/ges/wrt/thm/de164180.htm </ul>
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